Fabelhafte Welt: Keine Sorge, uns geht es gut
Von Vea Kaiser
Neulich fragte mich eine Leserin, ob mich der Dottore Amore verlassen habe: an dieser Stelle habe man schon ewig nichts mehr von ihm gelesen. Keine Sorge, uns geht es gut. Ich habe nur nichts von ihm berichtet, weil es nichts zu berichten gibt. Seit Juni gibt’s ihn ausschließlich in den zwei Aggregat-Zuständen arbeitend oder lernend, denn dieser Tage steht seine Facharztprüfung Urologie an. Mittlerweile tut er mir wirklich Leid. Der Stoff umfasst 1.500 Seiten, eng beschrieben mit Prozentzahlen und Definitionen, die auswendig gelernt werden wollen, und schon nächstes Jahr nicht mehr aktuell sein werden. Bilder von Blasenkarzinomen und Penisentzündungen bilden die „Auflockerung“. Ich allerdings tue ich mir auch Leid, denn wenn ich abends nicht aus meinen Büchern vorlese, muss ich ihn prüfen.
Das hätte ich früher auf die Frage antworten sollen, was man mit dem Studium Latein & Altgriechisch werden kann: voll funktionelle Arztgattin, die Begriffe wie „perkutane Nephrolithotripsie“ nicht nur herleiten, sondern auch perfekt betont vorlesen kann.
Doch Verstehen ist nicht immer ein Segen. Zu Beginn unserer Amore habe ich eh schon damit gekämpft, nicht daran zu denken, wo sein Zeigefinger, den dieser dauergestikulierende Süditaliener vor meinem Gesicht herumwedelt, den ganzen Tag steckte. Seit ich weiß, was der Rest seiner Hände macht, knete ich unseren Brotteig lieber selbst. Die große Gabe der Schriftsteller, sich alles bildlich vorstellen zu können, wird, wenn man mit einem Arzt verheiratet ist, zum Fluch.
Damit Ihnen die Auseinandersetzung mit den unangenehmsten Kapiteln erspart bleibt, prüfen Sie keine Urolog*innen, und wenn Sie eine Prostata haben, dann gehen Sie zur Vorsorge, oder animieren Sie Ihre liebsten Prostata-Besitzer dazu. Eine kurze unangenehme Untersuchung, die ein langes angenehmes Leben fördert.
vea.kaiser@kurier.at