Kolumnen

Fabelhafte Welt: Kamele und Grindbatzen

Vea Kaiser über ihre Heimkehr

Nach einem Monat in Süditalien war ich wehmütig, zurück nach Wien zu müssen. Ich wollte nicht weg vom Meer, vom entspannten Dolce Vita, von den herrlich leichten Fisch-Speisen, dem wunderbaren Espresso, doch es hilft ja alles nix. Die Fahrt hindurch war ich überaus missmutig, bis wir die unendlichen Weiten der Shopping City Süd passierten. Es war nachts, die Geschäfte hatten bereits geschlossen, einsam reckten sich die Reklamewände in die Höhe, und ich war völlig verblüfft, wie ordentlich hier alles ist! Ist Ihnen schon mal aufgefallen, dass die SCS ein geometrisch perfekt organisiertes Konglomerat diverser Quader und Kuben ist? Als hätte ein legasthenischer Riese versucht, Tetris zu spielen. Alles ist sauber, nirgendwo hängen lose Kabel herab, streunende Katzen entdeckt man auch nicht, und die Tonnen an Müll, die hier jeden Tag anfallen, sind nicht einmal zu erahnen. Ein Meisterwerk der Ordnung! Plötzlich freute ich mich unbändig, zurückzukehren ins aufgeräumten Wien, wo alles wohl geordnet und höflich distanziert vonstatten geht, bis ich Tags darauf an der Supermarktkasse stand. Der eine Teil der Wartenden starrte auf das Smartphone, der andere Teil scharrte mit den Füßen. Die Stimmung war bereits geladen, als ein älterer, etwas zerrupfter Herr ausgerechnet im Nadelöhr zwischen Kassa und Ausgang begann, die Einkäufe aus dem Wagerl in seinen Trolley umzuräumen, anstatt bei den dafür vorgesehenen Packtischen. Zwei Studentinnen schlängelten sich mühsam an ihm vorbei, doch einer Dame mit Wagerl stand er unübersehbar im Weg. Sie harschte ihn an: „Gehen S’ beiseite, ich komm nicht durch!“ Er bellte unerschrocken zurück: „Strengen S’ Ihnen halt an, Sie Kamel!“ Die Dame entrüstete sich: „Schleichen S’ Ihnen, Sie Grindbatzen!“ Und er: „Gehen S’ sterben, Sie Grindbatzin.“ Und ich: Ach wie schön, zurück in Wien zu sein.

vea.kaiser@kurier.at