Kolumnen

Fabelhafte Welt: Feiertage sind bei uns zum Essen da

Seit ich denken kann, geht es zu den Feiertagen in meiner Familie darum, zusammen viel zu viel zu essen.
 Was wir essen, ist immer das Gleiche: Gans und dann Kekse bis zum Kekskoma. Was „zusammen“ bedeutet, hat sich jedoch verändert. Die Großeltern kommen am 24. altersbedingt nicht mehr zu uns. Dafür ist die Familie in andere Richtungen gewachsen, nämlich durch meinen Dottore Amore und die chinesisch-kanadische Lebensgefährtin meines Bruders. Für diese beiden hat „zusammen Weihnachten verbringen“ andere Bedeutungen. Meinem Mann geht es vornehmlich ums Dabeisein. Bei seinem zweiten Weihnachten in der Casa Kaiser bekam er einen Pokal von meinem Bruder, auf dem sich folgende Gravur befand: „Weltrekord für die meisten Weihnachten an der Seite meiner Schwester“. Daraufhin verhandelte er mit meinem Bruder, zum fünften Weihnachtsfest einen Springbrunnen und zum zehnten eine lebensgroße Statue zu bekommen. Mein süditalienischer Liebster meint nämlich, im früheren Leben ein römischer Konsul gewesen zu sein, und mein Bruder muss wohl bald Steinmetze googeln. Dessen Little Canadian Panda-Girl wiederrum freut sich, überhaupt Weihnachten zu zelebrieren. In ihrer nach Kanada emigrierten, chinesischen Familie gibt es dieses Fest nicht. Ein traditionelles Weihnachten in Niederösterreich muss auf sie wirken wie Alpen-Disneyland mit Alkohol und Fett statt Zucker. Nur wer das Christkind ist, will ihr nicht einleuchten. Seit ich versucht habe zu erklären, dass das Christkind weder Baby Jesus ist, noch ein Engel und auch kein bestimmtes Kind, gleichsam aber die Geschenke, die jenes Christkind bringt, ebenfalls Christkind heißen, bin auch ich verwirrt. Aber glücklicherweise geht’s bei Weihnachten in unserer Familie nicht darum, alles zu verstehen. Sondern zusammen zu viel zu essen. Und egal, worum’s bei Ihnen geht: Genießen Sie es!

vea.kaiser@kurier.at