Ein blaublütiger "Rebell" wird 95
Von Lisbeth Bischoff
Der Schlossbesitzer Franz Josef Waldburg-Zeil feiert heute Montag seinen 95. Geburtstag. Nicht im großen Rahmen, nur im Kreis der Familie. Und das zuhause – wobei das Zuhause 65 Zimmer hat. Der Palast in Hohenems in Vorarlberg gilt als der bedeutendste Renaissancebau Westösterreichs: 1562 gab Kardinal Markus Sittikus III. dem damaligen italienischen Star-Architekten Martino Longhi den Auftrag, das Prunkstück zu errichten.
Seit 1882 ist Schloss Hohenems im Besitz der Grafen Waldburg-Zeil. Der Jubilar Franz-Josef erwirbt es am 15. April 1954 als Privatresidenz. Original erhalten ist die Bibliothek. Hier fand der Arzt Jacob Hermann Obereit 1755 und 1779 zwei Handschriften des Nibelungenliedes. Heute sind beide in Museen.
Der Kies knirscht – und der Bewohner ächzt. Wer ein uraltes Gewölbe sein Eigen nennt, hat die Sorgen eines echten Guldenburg: das Schloss frisst ihn auf. Ein klangvoller Name und Familientradition allein genügen nicht, um den Palast zu erhalten. "Gemeinsam mit meiner 2019 verstorbenen Frau Priscilla öffnete ich in den 1960er-Jahren die Tore für Kunst- und Kulturveranstaltungen."
"Unerhört" fanden das damals die meisten Schlossbesitzer. Heute ist es ganz normal, dass Touristen durch den Palast geführt werden, auch wenn hier gleichzeitig gewohnt wird. Mit dem Chef der Linie der Grafen Waldburg-Zeil-Lustenau-Hohenems wohnt auch sein ältester Sohn Franz Clemens mit seiner Familie im Palast. Als Restaurator kann er höchstpersönlich dieses Kleinod liebevoll in Schuss halten – gefragt ist der Einsatz aller Generationen.
Und was der "Emser Graf", wie der 95-jährige Schlossherr im Ort genannt wird, dereinst begonnen hat, ist heute eine Erfolgsgeschichte. Auch wenn viele die Nase über den Urenkel von Sisi und Franz Joseph rümpften, als er das gemeine Volk ins Haus, pardon, in den Palast, ließ.