Kolumnen

Die Entrümpelungsaktion ist abgesagt

Es gibt ja nichts Befreienderes als sich von altem Krempel zu lösen. Endlich wieder Platz, endlich Luft zu atmen.

Meine Freundin kann das bestätigen. Sie hat ihren Kleiderkasten ausgemistet und dabei vier Müllsäcke voller alter Fetzen für die Altkleidersammlung zusammengetragen.

Klingt für notorische Aufbewahrer so einfach, wie im Kopf die Wurzel aus 6912 zu ziehen.

War angeblich ein Kinderspiel. Dank dieser Aufräum-Meisterin aus Japan: Jedes Stück in die Hand nehmen, predigt Marie Kondo. Fragen, ob das Blüschen einen noch glücklich macht. Wenn nein, gnädig zum Abschied ein „Danke“ hauchen und ab damit in den Müllsack.

Wer sonst keine Hobbys hat, redet jetzt also mit ausrangierten T-Shirts. Sehr interessant. Bin begeistert.

Muss aber zu geben, dass meine Freundin – seitdem sie das praktiziert– viel freier atmet. Frische Luft nämlich. In ihrem Auto. Selbiges ist um eine Fensterscheibe ärmer, seit sie die Müllsäcke für die Altkleidersammlung auf der Rückbank des Wagens zwischengelagert hatte.

Positiv formuliert, hat ihr ein zuvorkommender Mensch unaufgefordert den Müll weggetragen. Passiert auch nicht alle Tage. Aber leider hat er dafür halt die Scheibe eingeschlagen, weshalb ihr nun bei längeren Autofahrten Eiszapfen aus der Nase und Frostbeulen an der Stirn wachsen. Selbstredend, dass der Mechaniker des Vertrauens gerade auf Skiurlaub ist.

Die Entrümpelungsaktion ist damit abgesagt. Noch bevor der erste Fuß auf den Dachboden gestellt wurde. Da ich ein Buch über positives Denken gelesen habe, finde ich das positiv. Immer wieder hört man von Menschen, die am Dachboden echte Schätze, Antiquitäten finden. Also Zeugs, das nach Definition (auf Wikipedia) zumindest 100 Jahre alt ist. So gesehen besser später als früher ausmisten.

Hab’ dennoch mein Bücherregal ausgeräumt und es von verstaubten Uni-Skripten befreit. Selbige stehen jetzt in einer Kiste im Flur. Konnte sie nicht wegschmeißen. Der Altpapiercontainer war zugefroren.