Kolumnen

Der Rattenschwanz hinter dem Fernseher

Ich bin das personifizierte Gut Aiderbichl für Elektrogeräte. Liegt nicht an meiner Liebe zur Elektronik, sondern an meiner gesunden Skepsis ihr gegenüber. Technische Neuheiten sind mit meiner Person schwer kompatibel, die Folgen kaum abschätzbar.

Mein neuer Flatscreen, der den alten Röhrenfernseher aus dem Wohnzimmer verdrängt hat, zieht einen Rattenschwanz an Investitionen nach sich.

Das liegt daran, dass der neue Bildschirm etwa so groß ist, wie das Bundesland Vorarlberg. Er passt somit nicht auf das alte Fernsehkast’l.

Schweren Herzens kaufe ich ein neues Sideboard. Das Ergebnis ist erschreckend. Wie ein Monster baut sich der neue Bildschirm auf dem Kastl auf. Direkt vor jenem Bild, das jahrelang – ach was! Jahrzehnte! – in friedlicher Koexistenz mit dem Röhrenfernseher die Wand geziert hatte. Vorarlberg verdeckt die Kunst eines noch zu entdeckenden Tiroler Shootingstars. So geht das nicht! Ich eile!

Hänge das Bild ab, finde einen neuen Platz hinter der Couch. Hole den Hammer, will den Nagel in die Wand hauen. Stoße auf Widerstand. Die Wand wehrt sich. Springt mich förmlich an. In Form von Trillionen Dreckpartikeln, die jetzt auf die anthrazitfarbene Couch rieseln. In der Wand klafft ein Loch. Völlig sinnbefreit versuche ich zehn Zentimeter weiter rechts oben noch mal, einen Nagel in die Wand zu hauen. Jetzt kommt mir die halbe Wand entgegen. Fast gelingt mir der Durchbruch zum Nachbarn. Ich zuck’ aus. Nun kann ich wegen dem blöden Fernseher auch noch die Wohnung ausmalen.

Monate später.

Ich sitze in meinem neu ausgemalten Wohnzimmer auf der Couch. Hinter mir das Ölbild, vor mir der Fernseher, neben mir eine Armada an Fernbedienungen, die mit dem TV-Gerät hier eingezogen sind. Nur Eingeweihte wissen, wo man die Lautstärke regelt.

Ich lehne mich zurück, schalte den Fernseher ein.

Nix. Kein Bild, kein Ton.

„System-Update erforderlich“, steht am Bildschirm.

Ich brauche einen Tapetenwechsel.

Gehe ins Kino.