Kolumnen

Corona-Zwischenbilanz: Ich will nicht mehr kochen

Nix is mehr, wie es war.

Der Wunsch, öfter mal zu Hause zu arbeiten, ist unerwartet in Erfüllung gegangen. Das hat weitreichende Folgen. Die Jogginghose ist an den Knien ausgebeult wie nie zuvor. Was nicht daran liegt, dass irgendwer die Online-Kurse des Fitnesscenters jemals aktiv genutzt hätte.

Ich wäre dafür, dass man demnächst auch noch in der Wohnung einen Meter Sicherheitsabstand zum Kühlschrank einhalten muss. Das würde meinen Corona-Bauch deutlich entspannen.

Obwohl, eigentlich egal.

Der Strandurlaub in Italien ist ohnehin gestrichen. Die Figur muss in keinen Bikini passen, sondern bestenfalls in die ergonomisch angepasste Kuhle der Wohnzimmercouch.

Das modische Accessoire der Stunde ist der Mund-Nasen-Schutz. Bestenfalls kommt er vom Nobelschneider, was der unverbesserliche Snob bei jeder Gelegenheit – hinter seinem vorgehaltenen Hygienefetzen – betont. Wobei es eh nicht viele Gelegenheiten gibt, zu prahlen. Schließlich soll man sich gefälligst mit seinen gewaschenen Händen zu Hause verschanzen und in die Armbeuge niesen.

Das gehört jetzt zum guten Ton. Dagegen ist alles, was bisher als vorbildlich galt, asozial: Die Oma besuchen. Freunden aus der Bussi-Bussi-Gesellschaft zur Begrüßung überschwänglich um den Hals fallen oder jemandem – nach einem jiddischen Brauch – drei Mal über die Schulter zu spucken, um ihm Glück zu wünschen.

Da alle Lokale geschlossen sind, ist der Mensch auf sich allein gestellt. Er beginnt zu kochen und zu backen. Das macht glücklich, behaupten Forscher aus Neuseeland und den USA. Ich bin mir mittlerweile ziemlich sicher, dass es sich dabei um einen Übersetzungsfehler handeln muss.

Meine Euphorie, noch ein weiteres Rezept auszuprobieren, tendiert gegen null.

Hab meiner 86-jährigen Tante einen Reindling gebacken. Sie war entsetzt. Total ungesund, dieses weiße Mehl, sagt sie. Isst sie nicht.

Hab jetzt noch 450 Gramm Germ daheim liegen. Damit könnte ich den ganzen Bezirk überschwemmen.