Chaos de Luxe: Rette mich, wer kann
Von Polly Adler
Liebe unterwirft Vernunft“ titelte die Volksoper eine Aussendung anlässlich einer „Carmen“. Für diese Erkenntnis brauche ich nicht bis nach Wien-Währing fahren. Denn bei C hatte diese Unterwerfung bereits stattgefunden. Und man konnte erste Reihe dabei zusehen. Wie besessen verfolgte sie den Bewegungsradius ihres Geschiedenen, dem seine Lebenselixiere durch seine bulgarische Osteopathin Adrina wieder eingeschossen waren, auf Facebook. Zwar hatte der Ex-Hansi, in Kenntnis deren emotionaler Labilität, C dort schon geblockt, aber sie entblödete sich dennoch nicht, rassige Fake-Profile mit dem Blickmodell „Ich kann von allem nicht genug kriegen“ anzufertigen. Und der Ex-Hansi, dessen IQ nur knapp im zweistelligen Bereich lag, hatte die Anfragen sofort bestätigt. Jetzt konnte C freihaus beobachten, wie die „Ex-Liebe meines Lebens“ in zu engen Lederblousons Adrina, die wie eine jungfräuliche Variante der Kardashian-Furien aussah, vor Punschständen, auf Berghängen und – jetzt schrie C wie am Spieß „du Sargnagel!“ – auf Besuch bei den Adrina-Eltern, dicht an sich gedrückt hielt. „Du kannst dir nicht vorstellen, was er für ein Mega-Zickentheater veranstaltet hat, wenn wir früher zu meinen Eltern gefahren sind“, schluchzte sie, „er kennt sie doch gerade erst einmal drei Monate und fünf Tage! Schau mal, sag ehrlich, sieht er glücklich aus?“ Ich entschied mich für die brutale Variante: „Er schon, aber die neue Mutti und der Vati wirken eher besorgt, weil die Tochter keinen schneidigen Oligarchen, sondern so müdes Material heim schleppt. Da sieht ja der Vati fast frischer aus als dein Ex- Hansi.“ „L'amour est un oiseau rebelle“, heißt es in der „Carmen“. Und gefährlich. Denn jetzt sah mich C wie Schneewittchens Borderline-Stiefmutter an und zischte: „Was glaubst du eigentlich, wer du bist? Ha? So sprichst du nie wieder über ihn, hörst du!“
Rette mich, wer kann.
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