Grünkern-Soufflé-Aggressionen
Von Polly Adler
Ich werde zehn Kilo abnehmen und mit ihm in einen Spa fahren“, wälzte K eine Art Zehntausend-Kilometer-Service-Plan für ihre rostig gewordene Beziehung, „und ich werde ihm versprechen, dass er nie wieder in die Paartherapie gehen muss. Es hat ihn, glaub’ ich, gekränkt, dass ich bei der Vergleiche-deinen-Partner-mit-einem-Tier-Übung ihn als Frettchen visualisiert habe.“ Sie seufzte: „Und, sorry, lieber Regenwald, ich werde wieder Fleisch essen und es auch liebevoll zubereiten. Ich glaube, mein Grünkern-Soufflé hat sein Aggressionspotenzial erst so richtig getriggert.“ Irgendwie kam mir ihr Vorhaben, sich den Herzensherren wieder klar zu machen, vor, als ob man auf der untergehenden „Titanic“ überlegen würde, ob man sich doch noch vor dem Absaufen einen wärmeren Pullover überziehen sollte. Der Mann hatte längst die innere Kündigung vollzogen. Und sah jetzt nur noch erste Reihe fußfrei zu, wie K eine Schlacht zu gewinnen suchte, bei der bereits alles verloren war. Es galt für ihn nur noch, den richtigen Zeitpunkt für den Absprung zu finden. Ich war auch sicher, dass K vor allem deswegen in Verlust-Panik tremolierte, weil sie es nicht sexy fand, mit 48 plötzlich solo fliegen zu müssen: „Dann wird man doch dauernd gefragt, ob man keinen Partner hat. Das nervt! Als Frau ohne Mann bist du doch nur ein halber Mensch ...“ Da hat sich seit 150 Jahren offensichtlich wenig geändert. Und meistens sind es die Frauen, die selbst wenig auf die Reihe gebracht haben, die dann ihre Köpfe im sorgenvollen Wackeldackel-Modus wiegen und quasi aus Selbstschutz sowas von sich geben wie: „Was nützt denn der ganze Erfolg, wenn man keinen Kerl abgekriegt hat!“ Und voller Stolz blicken die dann auf ihre Typen, die (wären sie Wohnungen) in den Immobilieninseraten bestenfalls in der Rubrik Bastlerhits annonciert werden könnten. Aber noch immer gilt: Besser eine Baustelle von Mann als „diese Lücke, diese entsetzliche Lücke!“, um Joachim Meyerhoffs Buchtitel zu bemühen.