Kolumnen

Chaos de Luxe: „Herr Inspektor, darf ich Sie küssen?”

Manchmal fällt mein Leben tatsächlich in die meteorologische Kategorie „vorwiegend heiter“. Ich schwang mich auf mein mäßig schnittiges Secondhand-Rad Nummer 4 (die drei davor hatte man mir gezupft, also nur mehr hässliche Gebrauchtware), aus den Kopfhörern wummerten frühe „Talking Heads“, und fegte den Donaukanal entlang. Plötzlich Blaulicht, Sirenengeheul. „Aufregend“, dachte ich mir, „sicher eine Wasserleiche!“ Das Polizeiauto blockierte mit quietschenden Reifen den Radweg und das Bullen-Duo pumpte sich beim Aussteigen zur amtshandelnden Bedeutungsschwere hoch. „Ist was passiert?“, fragte ich. „Wir haben bei Ihnen einen dringenden Alkoholverdacht!“ Es war drei Uhr nachmittags und noch scherzte ich: „Na ja, irgendwo auf der Welt ist es sicher schon 20 Uhr.“ Die Herren waren berufsbedingt nicht zu Späßchen aufgelegt und ich blies mehrfach in das Alkoholmessgerät. 0,0! „Dass ich das noch erleben darf ...“  – Ein kleines Lachschimmern wanderte jetzt doch über ihre Gesichter. Beim Weiterfahren auf unserem herrlichen Kanal mit all seinen Amüsierbuden, wo gerade der Wintermief aus den Fenstern gefegt wurde, schämte ich mich von Herzen, als ich an die, na ja, Male dachte, wo ich glimpflich davon gekommen war. Einmal, es war tatsächlich vor 30 Jahren, fuhr ich mit einer Freundin nach einem Kaffeehausbesuch mit Überstunden um drei Uhr morgens auf dem schneebedeckten Ring. Kein Wunder, dass wir aufgehalten wurden. Meine Freundin, damals wie heute ein steiler Feger, stieg in ihrem bodenlangen Erb-Nerz aus und stellte sich vor den Polizisten mit der alles entscheidenden Frage: „Herr Inspektor, darf ich Sie küssen?“ Der Mann war so verdutzt, dass er wie ein Kavalier der alten Schule seine Polizeikappe abnahm und der Nerz-Prinzessin einen erstklassigen, nicht amtsverhandelbaren Kuss verpasste. Seither lebt die Taxiinnung gut von mir.

„Kerls“: Polly geht mit Petra Morzé und Manuel Rubey am 20. März in Breitenfurt auf eine Safari durch die männliche Psyche.

polly.adler@kurier.at