Kolumnen

Chaos de Luxe: Hacker-Fleisch

Hallo! Ich habe Ihren Account gehackt!“, stand in dem Mail zu lesen, „das ist Ihr Passwort.“ Es war der Name meiner Tochter. „... Wenn Sie 811 Dollar in Bitcoin-Währung nach XY überweisen, werde ich davon absehen, sämtliche von Ihnen aufgerufenen Pornoseiten und alle Ihre persönlichen Nacktfotos Ihren Kollegen, Vorgesetzten, Freunden etc. zu zeigen.“
 Ich schrieb zurück: „Möglicherweise hatte Ihre Mutter, als sie Sie in ihrem Bauch trug, auch Größeres mit Ihnen vor.“ Der Herr Hacker: „Lassen Sie meine Mutter aus dem Spiel.“ Ha, da lag ein wundes Pünktchen dieses Cyber-Kretins. Ich wollte mehr: „Warum haben Sie eigentlich nichts Anständiges gelernt? Ehrliche Handarbeit wie eine gediegene, kleine Taschendieb-Ausbildung. Da war sich der feine Herr wohl zu gut dafür, Sie Warmduschbag?“ – „Wenn Sie mich weiter reizen: Ich habe Ihre Nacktfotos.“ Ich bastelte einen Scan von einem Foto von mir als Säugling in der Badewanne: „Solche, Sie Mutters ganzer Stolz? Pfuhuh, ich fürchte mich schon jetzt ...“ – „Sie werden es bereuen.“ Jetzt wurde ich langsam richtig warm und begann, Spaß zu haben. „Außerdem: Was für ein Schmalspur-Ganove sind Sie überhaupt? Für 811 Dollar steige ich nicht einmal aus dem Bett, geschweige denn begehe ein solches Weicheier-Verbrechen. Wahrscheinlich müssten Sie nach jeder analogen Verfolgungsjagd sofort in ein Sauerstoffzelt, weil Sie so aus der Puste kommen, Sie Minimundus-Gangster.“ Bedauerlicherweise verstummte der Mann jetzt, dabei hatte ich mir die Taschen gerade mit verbaler Munition voll gepackt. Ich versuchte es noch einmal: „Und welche Pornosites überhaupt? Fleischlos schwanger mit Pilates (©Harald Schmidt) oder Häkeltipps für die kalte Jahreszeit? Hacken Sie doch einmal einen Regierungsaccount, damit Ihr elendes Leben zumindest einen winzigen Sinn macht!?“ Null Feedback. Ich hatte ihn zu Hacker-Fleisch gemacht. Ein gutes Gefühl.

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