Chaos de Luxe: Fexit - Der Fortpflanz ölt die Flügel
Von Polly Adler
Polly Adler über das
Loslassen
Ich bin zerstört. Das Kind ölt die Flügel. In penetranter Lautstärke. Geht noch einmal auf Reisen. Um im Dschungel mit anderen zu kotzen. Spanisch fluchen zu lernen. Posttraumatischen Lamas wieder ein Gefühl für sich selbst zu geben. Selbsterfahrungs-Firlefanz in grosso modo. „Sei bitte nicht so ignorant“, brüllt der Fortpflanz, „das ist nicht deine bescheuerte Kolumne, das ist mein Leben! Und wenn du irgendwas da drüber schreibst, ist Eiszeit.“ Na und, mir doch egal. Man wäre eigentlich zu alt, um seinen Schmerz in Trotz umzuwandeln, denke ich zwei Takte später. Ich übe also den Satz für den Fortpflanz-Exit: „Ich freue mich für dich.“ Und nehme dafür eine Gaumenzäpfchen-Zerrung in Kauf. Ich weiß doch sowieso, dass es allerhöchste Zeit ist, das L-Word-Programm zu starten. Loslassen heißt die Canaille. Zilliarden von Mütter mussten da durch. Und dennoch ist es für jede ein privates Weltereignis (© Polgar). Ich will erzählt bekommen, dass es gar nicht so schlimm ist. Da habe ich mir die falschen ausgesucht. „Der K und ich, wir haben uns sofort zwei Hunde genommen“, erzählt B, die drei Mal verlassen wurde und durch das dunkle Tal musste, „ganz im Angedenken an meine Oma, die da sagte: Mein letztes Kind trägt Fell.“ Die Hunde bekämen jetzt täglich frisch gekocht, es ginge ihnen also besser als der Brut in den Aufbaujahren. Und im Gegensatz zu den Fortpflänzen freuen die sich wie Narren auf Ecstasy, wenn spazieren gegangen wird. Eigentlich eh alles sehr super, schnieft sie. Ich habe dieses Haustier-Gen leider überhaupt nicht. „Gut, es wird noch ein Zeitl dauern“, sagt die Lieblings-Wirtin, „ich hab das G'wand vom Buam noch immer nicht weg geräumt. Wahrscheinlich passt's ihm auch gar nicht mehr.“– „Seit wann ist er weg?“ – „Naja, übermorgen werden es sechs Jahre.“ Schöne Aussichten! Vielleicht ein Goldfisch
als Methadon-Programm?
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