Chaos de Luxe: Die Apfel-Göttin
Von Polly Adler
Polly Adler über Dialoge mit der neuen Mitbewohnerin
Haben Sie einen kleinen Trick, damit ich nicht dauernd den Lippenstift mit dem Lasso einfangen muss?“ Die Parfümerie-Fee ist verwirrt. „Also: Ich versuche ganz sauber die Lippen auszumalen, aber die Konturen, diese Luder, rinnen aus.“ Dann kam der Sprengstoffsatz: „Nicht, dass Sie mich falsch verstehen, aber das ist natürlich altersbedingt.“ – „Ist schon gut“, tremoliere ich und breche erst vor der Tür zusammen. Merke: Meide Parfümerien, wenn du nicht quietschfidel drauf bist, denn dort haben sie dir bereits mit frechen 41 Probetuben für die reife Problemhaut in den Ranzen gepackt. Abends trete ich in einen Dialog mit meiner neuen Mitbewohnerin, der formidablen
Iris Apfel, ihres Zeichens Model und Werbeikone. Sie brettert dem 100er entgegen und residiert in einem Schwarzweiß-Foto. Danke, Inge Prader! „Hey, Iris, du so junges altes Haus, wie dieser Schieflage begegnen? Mein sexueller Marktwert schrumpft gen Kichererbsen-Format, während meine männlichen Mitbürger, sogar die in der 60-plus-Liga, mit Damen zugange sind, für die das Faxgerät gleich nach der Buschtrommel kommt.“ – „Das bedeutet auch Dauerstress, Darling. Willst du den?“ – „Nein. Mir tun aber auch die Frauen leid.“ – „Welche?“ – „Na, all diese Frauen in meiner Lebensphase, die sich ein einziges Gesicht teilen müssen.“ – „Meinst du das?“ Iris wirft sich in Duckface-Pose. „Bingo! Und complimentary noch das!“, rufe ich und reiße meine Augen nach der Art aufgescheuchter Brunnenfrösche auf. „Bravo!“, röhrt Iris, „es ist sowieso ein Match, das noch keiner gewonnen hat. Und Anstrengung hat immer etwas Verzweifeltes.“ – „Ok, abgehakt. Womit holt man sich aber später seine Adrenalinräusche? Schwarzfahren in der Liliput-Bahn, Schnäppchen-Jagden, Mensch-ärgere-dich-nicht-Darbies?“ – „Schau einfach immer, dass deine Ideen zu Taten schrumpfen“, kicherte Madame Apfel jetzt, „da kann wirklich noch so herrlich viel schief gehen.“
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