Warum Favoriten modetechnisch bald New York überholt
Von Anja Kröll
Meinen Bergdorf-Opa konnte wenig bis gar nichts erschüttern. Außer das Enkerl kam auf die wahnwitzige Idee, Dinge wegzuwerfen. Also wirklich alte Dinge. Also solche, denen man ihr Alter auch ansah.
Bekam der Bergdorf-Opa davon spitz, ergab sich immer folgende Diskussion. „DAS willst du wegwerfen?“ – „Ja, das ist ja schon wirklich alt.“ – „Aber das ist doch noch gut.“ Der Versuch, zu erklären, dass gut nicht gleichzusetzen war mit schön, brachte nie etwas. Und der Glaube an „wart noch, das wird schon wieder modern“, fehlte mir am Ende des Tages.
Umso größer war der Schock, als ich letztens gleich zwei Erlebnisse hatte, die mir den Bergdorf-Opa und seine Worte schlagartig wieder ins Gedächtnis riefen.
Auf den Zug wartend, schlenderte ich im Wiener Hauptbahnhof in ein Geschäft. Dort, einfach so und ohne Vorwarnung, waren sie da: Bunte Haargummis. Jene, die es sogar schafften in einer Folge von „Sex and the City“ zum Thema zu werden. Sarah Jessica Parker erklärte damals, dass keine New Yorkerin mit diesen Bandeln im Haar je das Haus verlassen würde.
Gut, was im Big Apple gilt, muss ja nicht für Favoriten gelten. Vielleicht wird’s ja wieder Trend, dachte ich und stieg in den Zug.
Doch wenige Wochen später, in bester Innenstadtlage, Aha-Erlebnis Nummer 2. In einer Schütte fanden sich Unmengen von roten „Ich liebe Dich“-Herzen. Diese Polsterl, die jeder einmal als Teenager geschenkt bekommen hat, die später auf dem Dachboden und noch später im Müll landeten. Auch sie haben ein Revival erlebt.
Hatte der Bergdorf-Opa gar recht? Muss man alles einfach gaaaaanz lange aufbehalten, bis es wieder modern wird?
Fehlt nur noch, dass jetzt auch Anstand, Umgangsformen und Bitte-Danke wieder in Mode kommen. Dann kauf ich mir sogar ein rotes Kitsch-Herz. Versprochen!
anja.kroell@kurier.at