Kiku

Ein ziemlich ungewöhnlicher Martin

Ich geh mit meiner Laterne und meine Laterne mit mir./Dort oben Leuchten die Sterne und unten leuchten wir…
Rund um den 11. November, den Namenstag von Martin ziehen vor allem Kindergartenkinder mit meist selbst gebastelten Laternen durch die schon dunkel werdenden Straßen. Um Licht in die Finsternis zu bringen. Um den katholischen Heiligen Martin ranken sich so manche Geschichten und auch viele Bräuche, die aber weniger mit seinem Namen als mehr mit der Jahreszeit und dem anbrechenden Winter zu tun haben.

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Neues Bilderbuch

Eine aber ist beeindruckend, ob sie nun stattgefunden hat oder nur symbolisch gemeint war. Dieser Mann teilte seinen Mantel mit einem armen Bettler. Dazu sind schon unzählige (Bilder-)Bücher erschienen, heuer wieder ein neues: „Die schönste Laterne der Welt“ von Johanna Lindemann mit Illustrationen von Stephan Pricken (Verlag annette betz, 32 Seiten, 4 bis 6 J.; 15,40 €).

Anton hat ziemliches Pech. Beim Basteln im Kindergarten geht bei ihm so ziemlich einiges schief. Auch sein Papa kommt zu spät und kann ihm nicht – wie andere Eltern ihren Kindern – helfen. Am Ende sieht Antons Laterne ziemlich schräg aus – „wie eine seltsame Mischung aus einem Monster und einem Elefanten – ein Monsterfant also“.

Das taugte dem jungen Buben aber nicht wirklich. Und es war auch noch nicht alles. Der Laterne – und damit natürlich Anton – stießen weitere Missgeschicke zu. Wir wollen hier aber nicht zu viel spoilern, nur so viel „Beulenmonsterfant“ und „trauriger Klumpen Papier“ kommen im weiteren Verlauf der Bilderbuchgeschichte als Bezeichnungen vor.

Natürlich kann’s dabei nicht bleiben. Ein Mann, der auf einer Parkbank saß, während die Kindergartenkinder mit ihren Laternen vorbeizogen und neben den sich Anton traurig mit seinem Vater skeptisch daneben setzte, wird zum Retter. Er schüttete seine Bierdose aus, schnitt Löcher in Sternen- und Mond-Form rein und … hieß obendrein Martin ;)

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eMail-Interview mit der Autorin

Der Kinder-KURIER wollte von der Berliner Autorin Johanna Lindemann wissen, wie sie genau auf diesen „Martin“ gekommen ist, ob zuerst die Figur da war und sie die Geschichte dazu gefunden hat?

Johanna Lindemann: Ich wollte schon immer eine Geschichte über Laternenumzüge machen, weil ich diese Tradition sehr mag und sehe, wie sehr die Kinder, sie lieben. Ich habe dann lange nachgedacht. Über die vielen Laternenumzüge, die ich mit meinen Töchtern erlebt habe und gleichzeitig über unseren Alltag, den täglichen Weg zur Kita (was bei uns meist Kindergarten genannt wird). Dabei kommen wir an verschiedenen Menschen vorbei, die gerne mal da sitzen und Bier trinken - wir leben mitten in Berlin-Friedrichshain. Manche haben ein Zuhause, manche keines.

Kinder beobachten ja genau und fragen nach, wenn man sich die Zeit nimmt und ihnen erklärt, können sie meiner Erfahrung nach ganz gut differenzieren. Aber oft hat man ja keine Zeit und zack drückt man den Kindern den eigenen Bewertungsstempel auf. Ich will mit meiner Geschichte erzählen, dass es Menschen gibt, die anders leben und manchem vielleicht erst einmal fremd sind - und trotzdem für eine Überraschung gut sein können. Man muss sich nur die Offenheit von Anton aus dem Buch bewahren.

Martin war, so die Autorin auf diese Frage, "nicht von Anfang an da, sondern eher noch vage und im Nebel. Plötzlich hat er sich aber gezeigt und dann war alles klar".

Wann warst du zuletzt auf einem Laternen-Umzug?
Tatsächlich war ich gerade letzten Freitag mit meiner jüngeren Tochter Golda (5 Jahre) auf einem Laternenumzug. Da hab ich mal nachgerechnet: Die letzten 10 Jahre habe ich 10 Umzüge mitgemacht. Ich bin quasi ein Laternenumzugsexpertin. :)

Übrigens, von dem Buch wird eben eine 2. Auflage gedruckt, die ersten 8000 Stück sind verkauft.
Letztes Update: 12. November 2019, 12.40 Uhr

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Teilung und Teilen

Übrigens: Zwei Tage vor dem 11. November, dem St. Martins-Tag, fiel am 9. November – heuer vor genau 30 Jahren – die Mauer, die die beiden Teile Berlins für fast ebenso lange getrennt hatte. Und der wenige Monate später erste – und auch letzte – frei gewählte Ministerpräsident der damaligen DDR meinte, „die Teilung (der beiden Deutschländer) sei nur durch Teilen zu überwinden“. Dass Teilung der beiden 40 Jahre getrennten Teile Deutschlands noch immer nicht überall überwunden ist, könnte vielleicht nicht zuletzt damit zusammenhängen, dass nicht immer geteilt, sondern oft übernommen worden ist.

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schauTV-Beitrag über drei Bücher, darunter das von der "schönsten Laterne der Welt"

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