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Bilderbuch: Eintauchen in eine friedlich-utopische Welt

Wunderbare, runde, von Harmonie geprägte, idyllische Bilder einer utopisch friedlichen Welt – nicht nur zwischen Menschen, sondern auch im Einklang mit Natur und Tieren durchziehen das Bilderbuch „Frieden“, das am 19. März 2021 erscheint. Der Kinder-KURIER konnte mit der in Mexico-Stadt lebenden Illustratorin, Estelí Meza, schon vor Längerem ein Online-Video-Interview führen.

Sie hatte den knappen, präzisen Text in dem es u.a. heißt „Frieden kommt vom Geben viel mehr als vom Nehmen“ oder „… heißt winken... ruhen, aber auch gemeinsam etwas Mutiges tun“ oder „ … ist weich und lässt dich ruhig schlafen“ des Autor_innen-Paares Baptiste und Miranda Paul (Nord-Süd-Verlag) bekommen und dann …

… hält sie ein Heft in die Kamera und lässt es erst schnell wie ein Daumenkino durchblättern, um dann die eine oder andere Doppelseite für den Reporter zu öffnen. Einblick ins Making of.

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Tiere gehören immer dazu

„Ich habe zuerst den Text gelesen und dann begonnen mir Notizen zu machen, meine Notizen sind oft Skizzen“, erklärt Estelí Meza. „Aber nicht Textzeile für Textzeile und nicht Bild für Bild, ich wollte, dass alle Bilder zusammenhängen, ein Ganzes, ein Gemeinsames ergeben. Für mich (und wie sich in einer Nachbemerkung lesen lässt auch für die Verfasser_innen, Anm. d. Red.) gehört zu Frieden unerlässlich auch der Einklang mit der gesamten Umwelt und vor allem Tieren. Immer wenn ich mich an ein Buch mache, versetzt ich mich zuerst in die Zeit als ich selbst ein Kind war – da waren Tiere immer präsent.“

Ausgehend vom Gesamtbild des gesamten Buches begann die Illustratorin dann einzelne Doppelseiten – „zuerst immer mit Bleistift“ zu skizzieren. Aber bevor’s in die Farben geht, auch da Bild für Bild wie ein Storyboard. „Mit den Autor_innen hatte ich erst nach der Fertigstellung des Buches Kontakt“.

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Handgezeichnet und –gemalt, dann digitalisiert

Nach dem Feedback der Lektorin malte sei in ihr Heft eine Farbpalette – diese Seite, die fast aussieht wie die Legende zu einer Grafik, zeigt sie ebenfalls dem Kinder-KURIER. Diese sind die Basisfarben von denen ausgehend sie die Bilder malte, die sie zuvor schwarz-weiß skizziert hatte mit Acrylfarben und Buntstiften, aber nicht als gesamte doppelseitige Bilder, sondern einerseits den Hintergrund und andererseits die Elemente die im Zentrum stehen sollten. „Die scanne ich dann ein, um sie im Computer vor dem Hintergrund hin und her verschieben zu können. Oder auch das eine größer, das andere kleiner machen zu können.“ Deswegen wirken manche Elemente auch wie Collagen. Nach dem neuerlichen Feedback der Lektorin baut Estelí Meza dann die fix-fertigen Druckvorlagen am Computer.

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Der Friedensbaum

Zwei Vielfach-Seiten sind im Buch noch besonders bemerkenswert. Einmal die sogenannte Vorsatz-Seite, also die erste Doppelseite, wenn du das Buch aufschlägst bevor es noch wirklich anfängt. Ein Baum fast wie von einem Kinde gemalt – mit 41 Blättern, die nur wie mit einem ganz kurzen dünnen Faden an den Ästen hängen. In jedem Blatt steht Frieden in einer anderen Sprache und damit auch in unterschiedlichen Schriften als Symbol für das weltumspannende Thema, das ja – obwohl es sich die allermeisten Menschen wünschen - fast absurderweise so nicht stattfindet. Diese Seite findet sich ein zweites Mal am Ende bevor du das Buch zuschlägst, ach nein, wenn’s um Frieden geht, sollte schlagen auch außen vor bleiben, also sanft zumachst.

Und dann gibt’s als Abschluss eine Doppelseite, die sich nochmals nach links und rechts ausklappen lässt. Ist sie zu, liest ein Kind vor – Menschen und Tiere hören gespannt, manche auch verträumt, zu. Klappst du die Seiten auf, hast du vor dir jetzt gleich vier Seiten spielender Kinder und Tiere – mit den Buchstaben des Wortes Frieden auf bunten dreieckigen Fähnchen. In der spanischen sowie englischen Version (Original der Autor_innen) natürlich die für Peace bzw. Paz. „Das war ganz am Schluss eine Idee der Lektorin“, gesteht Estelí Meza dem Reporter.

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Nachwort

Das Autor_innen-Duo, das im Buch ja mit wenigen, punktgenauen Sätzen und Worten auskommt, hat ein ausführliches Nachwort verfasst. In diesem stellen sie zum Buch-Thema Frieden den Zusammenhang und die Auswirkung gewaltsamer Auseinandersetzungen von Menschen für die Tierwelt speziell in Mosambik her. Als sie beide Kinder waren, herrschte in diesem ostafrikanischen Land rund 15 Jahre lang Bürgerkrieg. Neben dem Leid für die Menschen „verlor das Land 90 Prozent seiner wild lebenden Tiere … das ist traurig, aber was danach kam, erfüllt uns mit Hoffnung: heute gibt es im Nationalpark Gorongosa über 100.000 wild lebende Tiere“, schreiben Miranda und Baptiste Paul. Die beiden, die auf der Karibik-Insel St. Lucia leben, waren zwar nie in Mosambik, haben aber diese Entwicklung vor allem über Dokumentationen und Magazine verfolgt. Für dieses Buchprojekt haben sich beide nochmals in die Forschungen über diese Entwicklung vertieft, übermitteln sie die Antwort auf die diesbezügliche Kinder-KURIER-Anfrage.

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Monarch-Falter

Die Illustratorin verrät dem Kinder-KURIER auch „versteckte“ Bilder-Hinweise. So fliegen in „Frieden“ zehn Monarch-Falter über eine Doppelseite mit inklusiv spielenden Kindern. Von dieser Schmetterlingsart überwintern mehrere 100 Millionen Falter auf wenigen Hektar in der mexikanischen Sierra Nevada. In einem anderen ihrer – eigenen – Bilderbücher hat sie DIE Blume ihrer Heimat, eine Dahlie von der es sogar eine Sorte namens „Mexican Star“ gibt, „reingeschummelt“.

Ein weiteres gar nicht so unwesentliches Detail erzählt die Illustratorin in dem mehr als eine Stunde dauernden Gespräch zwischen Wien und Narvarte, einem Stadtteil des Molochs Mexico-City im Süden, ein Mix zwischen traditionell und Künstler_innen-Viertel: „Mit der Arbeit an diesem Buch habe ich mit dem Start des ersten Lockdown begonnen. Es war eine komplizierte, verrückte Zeit. Darüber habe ich auch gezeichnete Tagebücher geführt – und sie blättert diese vor der Kamera durch. Darüber hab ich auch täglich auf Instagram gepostet. Aber die Arbeit an diesem Buch war für mich wie eine Oase inmitten des Pandemie- und Lockdown-Wahnsinns.“

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Als Kind in Bilderbüchern versunken

Wie kam Estelí Meza dazu, Kinderbücher zu illustrieren, wollte der Kinder-KURIER wissen. „Seit ich ganz klein war, hatte ich immer viele Bücher. Mein Vater war ein großer Leser und hat viele Bücher gekauft. Ich hab als kleines Kind oft Stunden damit verbracht, zu schauen, was auf oder in diesen Bildern passiert.“ Wie jedes Kind hat sie viel gezeichnet. Bei ihr bleib das lebensbegleitend. Erst an der Universität entdeckte sie, dass es das Studium der Illustration gibt, das absolvierte sie schließlich bis zum Master.

Nach Jobs in einem Kleinverlag kam sie zu Aufträgen verschiedener Verlage. So rund um 2008/09 begann in Mexico, wie Meza erzählt, ein wahrhafter Boom in ihrem Bereich. Illustration wurde als Kunstform wahrgenommen und viele Verlage begannen Bücher damit statt mit Fotos zu bebildern.

Dann begann Estelí Meza mit eigenen Projekten, kam an eine gute Agentin, die sie zu Verlagen wie Nord-Süd vermittelte. Praktisch jedes, das sie illustrierte oder selber schrieb und bebilderte – oft eher umgekehrt – wurde mit Preisen ausgezeichnet.

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Beklemmung, Ängste, Verluste

Gefragt nach jenen Büchern, bei denen alles von ihr stammt, nennt Estelí Meza harte Themen wie Beklemmung, Ängstlichkeit, Traurigkeit. Auch in der Geschichte über einen mutigen Prinzen geht es um dessen Ängste. Und in „Finding Home“ vor allem um Verluste wie den des eigenen Dachs über dem Kopf – entstanden nach dem großen Erdbeben in Mexico 2017.

„Das alles waren für mich auch wichtige Momente in meinem Leben und diese Gefühle wollte ich beschreiben, das heißt eigentlich war bei all diesen Büchern erst die gesamte Geschichte bildlich in meinem Kopf, dann auf Papier und dann erst kam der Text. Dieser kostet mich viel Mühe. Da bin ich auch mit jedem Wort sehr genau. Mit Bildern kann ich Dinge und Gefühle viel leichter und besser ausdrücken. Übrigens, die schwierigen Themen für Kinder nehmen alle in den Geschichten ein gutes Ende. Für mich und meine damit verbundenen Gefühle war diese Verarbeitung immer fast wie eine Therapie. Und das könnte auch für Kinder gut sein. Wenn du solche negativen Erlebnisse und Gefühle verarbeitet hast, komplettiert das irgendwie dein Leben.“

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„Nur“ Bilder?

So drängt sich für den Kinder-KURIER die Frage auf: „Hast du dann noch nie ein Buch ganz ohne Worte gemacht. Maler_innen haben ja auch Bilder oder ganze Zyklen wo „nur“ die Bilder sprechen?“

„Daran hab ich noch nie gedacht, aber das könnte eine gute Idee sein!“, antwortet Estelí Meza.

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Idee und Text: Baptiste und Miranda Paul
Illustrationen: Estelí Meza
Aus dem Englischen übersetzt von Thomas Bodmer

Frieden
40 Seiten
Ab 4 Jahren
Nord-Süd-Verlag
15,50 €

Zu einer Lese- in dem Fall vor allem auch Schau-Probe (fast das halbe Woche) geht es hier

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