Multimedia: Star der Woche
Von Andreas Bovelino
Sie ist 25, heißt eigentlich Nika Roza Danilova, wuchs mit ihren Eltern in einem einsamen Waldhaus in den endlosen, menschenleeren Weiten Wisconsins auf. Als ZOLA JESUS ist sie eine der exzentrischsten aber auch spannendsten Songwriterinnen der USA.
Der Weg bis zur umjubelten Electro-Queen war so weit wie ungewöhnlich. Kein Fernsehen, kein Internet, kein Radio - nur Natur bis zum Horizont, tausende Bücher, die Opernplatten ihrer Mutter und Talking Heads, Dead Kennedys, Oingo Boingo von ihrem Vater. Dazu: klassicher Gesangsunterricht, erste Opernaufführungen mit zehn, psychische Probleme mit 13, weil sie den "kompetitiven Charakter von Opern nicht ertragen konnte". Und lähmende Angst davor, dem eigenen Perfektionismus nicht zu genügen...
Mit knapp 16 fand sie einen Namen für sich. Vielleicht ja eine Art Alter Ego. Sie nannte sich ZOLA JESUS. Nach dem Romancier und, natürlich, was denn sonst: Jesus selbst. Weil sie dadurch "zu einer anderen Person wurde, die diese Ängste nicht hat. Und weil der übergroße Name Menschen vor mir zurückschreckten lässt".
An der Uni von Wisconsin studierte sie Französisch und Philosophie und begann, sich neben Klassik intensiver mit Rock, vor allem mit Elektronik zu beschäftigen. Bereits ihr Debüt-Album Spoils sorgte für Begeisterung. Ein "Mix aus Siouxsie Sioux und Kate Bush" wurde von den US-Kritikern bejubelt. Obwohl die Scheibe nicht ganz smooth runterging, Vobilder wie Stockhausen, Throbbing Gristle und Diamanda Galas lassen grüßen. Eingängiger die Nachfolgewerke Stridulum II und vor allem Conatus, das ihr mit großartigen Songs wie Vessel auch echte Hits bescherte. Für Referenzfetischisten: Dead Can Dance, Mari Boine, Florence Welch und ja, Kate Bush und Siouxsie.
Drei Jahre hat sich Frau Jesus inzwischen Zeit gelassen, vielleicht ist sie ja gewandert, in den einsamen Weiten ihrer Kindheit. DANGEROUS DAYS ist die Vorab-Single zu ihrer vierten CD, "Taiga", die im Oktober erscheinen wird. Die Stimme ist groß und schön und wahr, wie schon immer, vielleicht sogar ein wenig wärmer, gefühlsbetonter als früher. Musikalisch scheint sie sich von ihren harten Indie-Electronic-Zeiten endgültig verabschiedet zu haben. Ein locker trabender Groove, keine Schmerzen, sondern eine Melodie, die einen mit ihr davonträgt. Ihre frühesten Fans werden vielleicht ein bisschen traurig sein - ich find's schön.
THE NEW PORNOGRAPHERS: Brill Bruisers – Die Indie-All-Star-Combo mit einem perfekten 70ies-Poprock-Stampfer. Hat durchaus das Zeug zu meinem persönlichen Sommer-Hit.
LIAN: FYI – Einer der lässigsten Rocksongs des Halbjahres. Strophe & Refrain sind fast schon genial, dazu resche Gitarren, ein Mega-Zeugl. Super.
BIG DEAL: Always Boys – Meine britischen Lieblingsdreampopper liefern einen gelungenen Vorboten für ihr neues Album ab.
SHOOL OF SEVEN BELLS: I Got Knocked Down... – Der letzte Song der Band. Wie Joey Ramone starb Benjamin Curtis an Lymphdrüsenkrebs. Auf dem Krankenbett spielte er diese Coverversion ein. R.I.P.
FKA TWIGS: Two Weeks – Neuer Track des gehyptesten Electro-Acts des Vorjahres. Und ja, die sind schon ziemlich cool.
NO ARTIFICIAL COLOURS & ALEX MILLS: Reach For Me – Neuer Act auf PMR, dem Disclosure/ Jessie Ware-Label. Super House, super Vocals.
ZOLA JESUS: Dangerous Days – Ihre erste Single seit drei Jahren verspricht Gutes für Ms Jesus’ nächste CD.