Leben

Windige Aussichten

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2. Februar: Welttag der Feuchtgebiete, 19. Februar: Tag der Minzschokolade, 21. Februar: Tag der Fremdenführer, 5. September: Kopfschmerztag, 25. September: Tag des deutschen Butterbrotes. Und am 15. Juni wird der Tag des Windes begangen. Johann Nestroy wäre zu diesen kuriosen Feiertagen vieles eingefallen … Nicht nur am 15. Juni, am Ehrentag des Windes, wird heftig über die Bedeutung der Windkraft für die Energieversorgung diskutiert. Die Stromerzeugung aus Wind polarisiert immer mehr. Vor allem die Ausmaße der Mega-Windräder mit Rotorblättern von mehr als 50 Metern Länge und Turbinenleistungen, die um das 30-Fache erhöht wurden, lassen Umwelt- und Tierschützer immer schärfer und selbstsicherer argumentieren.

Für Vögel und Fledermäuse bedeutet dieser Wind-Gigantismus ein Massensterben der besonderen Art. Und manche warnen sogar vor Gesundheitsgefahren für Menschen, die von den riesigen Windenergie-Anlagen ausgehen könnten: Bluthochdruck und Diabetes, Schlafstörungen, Kopfschmerzen und Tinnitus befürchtet zum Beispiel der Mediziner Aslak Harbo Poulsen vom Kopenhagener Krebsforschungsinstitut „Kræftens Bekæmpelse“. In Dänemark, wo bereits 40 Prozent des Strombedarfs über Windkraft erzeugt werden, wurde deshalb vor kurzem von der Regierung eine Studie in Auftrag gegeben, die innerhalb der nächsten zwei Jahre klären soll, ob die niederfrequenten Geräusche der heutigen Windanlagen schädlich für den menschlichen Organismus sein könnten. Bis dahin läuft der dänische Ausbau der Windkraft nur mehr auf Sparflamme.

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Jedenfalls arbeitet man schon in vielen europäischen Ländern und den USA fieberhaft an Modellen für kleinere Windräder. Die Türme sollen statt 200 Meter lediglich weniger als 30 Meter hoch sein. Die niederfrequenten Geräusche wären dann eliminiert, der störende Schattenwurf entfiele, die Tiere würden nicht mehr durch die Rotorblätter erschlagen werden. Forscher des „Massachusetts Institute of Technology“ entwickeln bereits die übernächste Generation der Windräder. Sie sollen in wenigen Jahren fliegen können: Dank einer Hülle, die mit Helium gefüllt ist, schweben dann die futuristischen Energiespender bis zu 600 Meter hoch lautlos über der Erde. In dieser Höhe ist die Windausbeute fünf bis acht Mal höher als am Boden, über ein Kabel gelangt der erzeugte Strom zur Erde.

Google X, die fürs Experimentelle zuständige Abteilung des immer mächtiger werdenden Technologiegiganten, hat bereits vor zwei Jahren Makani Power, einen höchst erfolgreichen Entwickler von fliegenden Windturbinen aufgekauft. Bei dieser Variante befinden sich die Strom erzeugenden Rotoren auf einem kleinen Flieger – einem Segelflugzeug ähnlich –, der völlig autonom durch die Luft gleitet. Google verkündet stolz, dass diese fliegenden Windmaschinen bald auch dort zum Einsatz kommen könnten, wo herkömmliche Windanlagen nicht in Frage kommen – in Wäldern, aber auch in von Katastrophen betroffenen Regionen.

Bis 2020 werden voraussichtlich bereits 15 Prozent des Stromverbrauchs in der EU durch Windkraft abgedeckt. Grund genug, sich über die Zukunft, auch das Pro & Contra dieser Energiequelle, Gedanken zu machen. Nicht nur am Tag des Windes.

michael.horowitz@kurier.at

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