Leben

Bob und die Buben

Der Erst- und der Zweitgeborene, meine Liebste und ich schritten in die Stadthalle zum Bob-Dylan-Konzert, während die Drittgeborene lieber bei ihrer Herzensfreundin Kathi übernachtete. Es kann ja meinen Söhnen nicht verborgen geblieben sein, dass Bob Dylan mein liebster Musiker ist, selbst wenn ich kein Dylanologe bin, also nicht unter dem Zwang stehe, ständig über Dylan zu reden. Aber seine Musik, alt, mittel, neu, läuft einfach meistens, sogar zu Weihnachten – „Christmas In The Heart“! In meiner Arbeitswelt gibt es zwei Männer: einen Älteren, der sitzt herum und spielt, also mich, und einen Alten, der kommt aus den Boxen und spielt, den Dylan. Meine Buben sind also an Bob gewöhnt. Ich erzählte vor dem Konzert nicht viel, nur ein bisserl, von einer anderen Show im versunkenen Jahrhundert, als die Liebste und ich frisch zusammen waren, beim Konzert aber gestritten hatten und trotz der wunderschönen Musik sehr traurig waren. Und dann sagte ich den Buben, dass es nur eine Regel gebe, wenn man zum Bob geht: Man darf nichts Bestimmtes von ihm erwarten, sonst wird man immer enttäuscht. Man bekommt immer, was man braucht, aber nie, was man will. Ich erzählte, dass es seit 50 Jahren Millionen Menschen auf der Welt gibt, die von Bob Dylan irgendwas Bestimmtes erwarten und also dazu verdammt sind, ewig enttäuscht zu sein. Aber dann in der D-Halle, als es dunkel wurde und nie mehr richtig hell – Bob konzertiert mittlerweile im goldendämmrigen Licht eines riesigen Proberaums – da waren sie herrlich, meine Söhne, hellwache, aufnahmebereite Ohren und Augen. Sie horchten und schauten in alle Richtungen: einmal auf den kleinen alten Mann hinter den überlebensgroßen Liedern, dann herumwiedibum auf die Tausenden Zuschauer. Und manchmal schauten sie auf mich, auf ihren Vater, der sicherlich unter der verzückten Gloriole des Gläubigen dasaß, aber an ihren Blicken merkte ich, dass sie schon etwas verstanden, über mich und über sich, in dem Moment. Was das war, weiß ich nicht. Ich habe sie nicht gefragt. Ich fragte, wie es ihnen gefallen hatte. Sie sagten: gut. Wenn Sie mich fragen: Es war unvergleichlich, aber deshalb, weil meine Buben mit waren.