Leben

Metropole der Macht

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It’s a city of magnificent intentions, eine Stadt die Großes will, so nennt es mein Freund Paul, einer der wenigen waschechten Washingtoner.Washington, geplant vom französischen Architekten Pierre Charles L’Enfant nach Pariser Vorbild, will imperiale Größe zeigen. Es ist das Zentrum der Demokratie – mit seinen Symbolen der Macht: Da steht das Kapitol an der höchsten Stelle der vier Kilometer langen Mall und darf von keinem Gebäude im District of Columbia überragt werde. Die in Stein gemeißelte Statue des Sklavenbefreiers Abraham Lincoln mahnt unten am Fluss am anderen Ende der endlos scheinenden Mall, dort wo Martin Luther King vor 50 Jahren „I Have a Dream“ verkündete und die Bürgerrechtsbewegung damit ins Rollen brachte. Da erhebt sich in der Mitte das Washington Monument, das phallische Symbol in Sichtweite des Weißen Hauses, wegen der Erdbebenschäden von 2011 eingerüstet bis zur Spitze. Wie ein Kommentator in der Washington Post schreibt: Lassen wir’s so, als Symbol dafür, dass die Vereinigten Staaten kein harmonisches Ganzes sind, sondern bestenfallswork in progress. Da ist das Washington der Touristen, die sich im feucht-heißen Sommer durch die Stadt quälen. „Warum in aller Welt kommen sie im Sommer?“, fragt Paul, der wie alle, die hier leben, nur eines im Sinn hat: keep cool, und am besten raus aus der Stadt, wenn’s Juli oder August wird. „It’s like stepping into a hot sponge“, verkündet auch der lokale Radiosender, als ich diese Zeilen schreibe, an einem Tag, der sich mit 35 Grad und einer Luftfeuchtigkeit von 95 Prozent ankündigt.

Washington, das ist die Stadt mit einer der höchsten Kriminalitätsraten der USA. Manche Gegenden des Stadtteils mit dem hübschen Namen Anacostia betritt man als Expat, als hier ansässiger Ausländer, besser nicht. Und doch fühlt man sich im Nordwesten, dort wo die meisten Expats leben, so sicher wie in nur wenigen anderen Städten. Washington, das ist eine Stadt voller Überraschungen. Da kommt es vor, dass schon mal Hirsche durch den Vorgarten spazieren. Sie kommen aus dem riesigen Rock Creek Park, der sich waldähnlich mitten durch die Stadt zieht. Rehe und Hirsche vermehren sich dort so rasch, dass die Stadt im März Scharfschützen ausgeschickt hat, um sie abzuschießen ... das Fleisch ist dann an Einrichtungen für Bedürftige verteilt worden.Washington, das ist die Stadt der Kontraste: Da ist Downtown mit seinen Horden von korrekt gekleideten Businessmännern und -frauen. Ein Drittel sind Anwälte, der Rest Lobbyisten, behaupten böse Zungen. Hier geht es um Macht, um Netzwerke und Seilschaften, um Tratsch, Intrigen und Korruption. Da ist Georgetown mit seinen gepflegten historischen Town Houses – Reihenhäuser, so idyllisch, dass man kaum glauben kann, dass hier am Potomac einmal die Sklavenquartiere lagen. Seit den 1950er-Jahren ist Georgetown ein In-Viertel, die zentrale M Street Flaniermeile.

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In Georgetown wohnen viele Senatoren, in der N Street residierten einst John und Jackie Kennedy, in der Dumbarton Street wohnte, bis zu seinem unrühmlichen Abgang aus den USA, der frühere Chef des IWF, Dominique Strauss-Kahn. Für fünf Millionen Dollar ist sein Haus bis vor Kurzem zum Verkauf gestanden. Kein Wunder, dass Georgetown für Normalverbraucher nicht mehr erschwinglich ist.

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Washington is all about work, hier heißt es früh raus und früh rein. Die Washingtoner halten’s wie der Präsident: Um 18.30 Uhr wird bei den Obamas zu Abend gegessen. Den Tisch im Restaurant reserviert man für 19 Uhr, bereits um 20.30 Uhr beginnen die Lokale sich zu leeren.

Apropos Obama: Dass der Präsident in dieser Stadt residiert, ist unübersehbar – und unüberhörbar, wenn wieder einmal Dutzende Helikopter am Himmel kreisen. Leise und bescheiden sind sie nicht in ihren Auftritten, der Präsident und der Vizepräsident. Wenn sie in ihren motorcades, Autokolonnen, durch die Stadt geschleust werden, steht der Verkehr still. Und doch, so erzählt man sich, setzt sich der sportbegeisterte Obama manchmal am Wochenende in einen SUV und fährt unerkannt durch die Stadt, um sich mit seinen Basketballfreunden auf ein game zu treffen.

POTUS – President Of The United States – nennt ihn das Secret Service, und die, die sich für Washington-Insider halten. POTUS persönlich zu treffen, ist auch im kleinen Washington (der District of Columbia hat gerade einmal 700.000 Einwohner) unwahrscheinlich. FLOTUS (First Lady Of The United States) zu treffen, ist nicht ausgeschlossen, wie mein Sohn und seine Freunde bezeugen können. Sie sind Michelle Obama beim Spaziergang auf einem der vielen trails, der Wanderwege der Stadt, begegnet, begleitet von ihrer Mutter und umringt von einem Rudel Secret-Service-Agenten. Washington, das ist auch die Stadt, die sich einen Flughafen mitten in der Stadt leistet: gleich am Potomac, nur Minuten vom Kapitol entfernt. Den Reagan National Airport gibt es wohl nur noch deshalb, weil die Senatoren und Abgeordneten gegen Ende der Woche möglichst schnell raus wollen aus der Stadt. Dafür nimmt man dann auch in Kauf, dass in Georgetown und Foggy Bottom, dort wo das berühmte Watergate Gebäude steht und die Wohnungen besonders teuer sind, die Jets in Fensterhöhe vorbeifliegen. Fast kleinstädtisch mutet Washington an, mit seinen vielen kleinen Häuschen und Gärten. Die sprudelnde Hektik New Yorks sucht man hier vergebens. Will man sich ins Nachtleben stürzen, dann muss man ins Adams Morgan-Viertel, oder die Lokale entlang der U Street abklappern – das junge, urbane Leben findet man hier.

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Und fast nur hier, wo die Einwanderer aus Lateinamerika oder Afrika langsam von jungenbohemiansverdrängt werden. Den schönsten Blick auf Washington und seine Mall hat man zweifellos vom Arlington Friedhof auf der anderen Seite des Potomac in Virginia. „I could stay here forever“, hier könnte ich für immer bleiben, hat JFK 1963 bei einem Besuch auf dem Heldenfriedhof gesagt. Ein paar Monate später, im November, ist er dort begraben worden.Wie Washington definieren? Ein schwieriges Unterfangen: Es möchte Großstadt sein, wird aber doch das Kleinstädtische nicht los. Es liegt im Süden, der viel zitierte Charme der Südstaaten ist aber nur ansatzweise erkennbar, genauso wie dieprotestant work ethic, die Arbeitsmoral des Nordens. Wie Paul sagt: „it’s not perfect, but it grows on you.“ Je länger man hier ist, desto lieber mag man die Stadt.

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ESSEN

Georgetown Cupcakes, 3301 M Street NW in Georgetown: Die besten Cupcakes der Stadt gibt es hier in allen Variationen, oft ist die Warteschlange zwei Blocks lang.

Cafe Milano, 3251 Prospect Street NW in Georgetown, zwischen Potomac und Wisconsin Sehen und gesehen werden, hoher Promifaktor. Hier haben die Obamas im Frühjahr Michelles 49. Geburtstag gefeiert.

Kramerbooks and Afterwords, 1517 Connecticut Avenue NW: Bookstore und Café in einem, eine Washingtoner Institution seit mehr als 30 Jahren. Das Motto: serving Latte to the Literati. Hier gibt’s auch gute Crab Cakes, die Spezialität Washingtons.

Five Guys, hat die besten Burger, sagt das Washingtonian Magazine und sagt auch meine Familie, gibt’s überall in der Stadt.

J.Paul’s, 3218 M-Street NW, gleich bei der Wisconsin Avenue Typisch amerikanische Bar & Restaurant, über der wunderschönen Holztheke läuft immer ein Sportkanal. Das Essen ist so-la-la, aber wegen des Essens kommt keiner her.

ALLE Museen entlang der Mall, nicht nur, aber auch zum Eintauchen in die amerikanische Geschichte. Und vor allem: Sie sind gratis!

Steven F. Udvar-Hazy Center in Chantilly, Virginia, nahe Dulles Flughafen. Neue Heimat der Weltraumfähre Discovery.

Newseum: Eigentlich ein Museum über die Geschichte des Journalismus. Bis Jänner läuft eine große JFK-Ausstellung – im November jährt sich sein Todestag zum 50. Mal

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International Spy Museum, 800 F Street NWEin Hit nicht nur für Teenager, hier geht’s um die Spione und Geheimdienste, und zurzeit um 50 Jahre James Bond.

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