Warum geraten wir immer dann in einen Stau, wenn wir es eilig haben?
Von Bernhard Praschl
Was, so spät ist es schon?! Ich muss mich auf den Weg machen, schleunigst! Schnell noch einen Schluck Kaffee, dann zum Auto und los! Die verlorene Zeit hole ich locker auf, oder?
So oder so ähnlich denken viele, die in der Früh eilig ihr Fahrzeug starten. Aber der Elan findet bald ein Ende. Zumindest ist es kein Zufall, dass Staumeldungen im morgendlichen Verkehrsfunk so zahlreich sind.
Wir fahren, fahren, fahren
Zwar gibt es viele Gründe für einen Stau – etwa Baustellen oder einfach eine Verkehrsüberlastung –, aber die gröbsten Verursacher sind wir. Und zwar genau dann, wenn wir es eilig haben. Denn zu diesem Zeitpunkt begleitet uns ein Phantom – der „Stau aus dem Nichts“.
Wir kennen das. Wir scheren aus der Kolonne aus, beschleunigen, überholen und fädeln uns dann wieder ein. Der Effekt eines solchen Manövers ist, dass wir für den Moment zwar freie Fahrt haben, die nachfolgenden Lenker jedoch übermäßig abgebremst werden, da sie Auffahrunfälle vermeiden wollen. Unsere „freie Fahrt“ besteht dann auch nur so lange, bis wir auf eine Stauwelle aufschließen, die jemand hinterlässt, der es ebenso eilig hatte wie wir. Diese Welle kann sich bis zum totalen Stillstand fortsetzen. Und das, weil wir nur an uns denken – und nicht an die restlichen Verkehrsteilnehmer als Kollektiv.
Formel Phantomstau
Am Wiener Gürtel ist dieser Stau zu Stoßzeiten im Minutentakt zu beobachten. Zu höheren Weihen kam er, als im Jahr 1992 zwei deutsche Physiker den „Phantomstau“ erstmals mathematisch ausformulierten. Eine Lösung dagegen suchen Verkehrsplaner nach wie vor.
Aber die Hoffnung lebt. Denn Autofahrer können sich etwas von der Fauna abschauen. „Bei Ameisenstraßen und Vogelschwärmen kommt es zu keiner Staubildung und zu keinen Zusammenstößen, weil die einzelnen Tiere miteinander kommunizieren und das zügige Vorankommen aller im Vordergrund steht“, so Ivana Walden von der ASFINAG.
Zukünftig sollen über WLAN verknüpfte Autos Störstellen frühzeitig mitteilen. So können Drängler rechtzeitig Tempo drosseln und abruptes Bremsen vermeiden.
Bis dahin fahre ich fünf Minuten früher los, versprochen.