Leben

Schatzinsel

Kurven sind allgegenwärtig auf diesem so gottbegnadeten wie glücksbeschienenen Fleckchen Erde – keiner kann sie so gut beschreiben und bewältigen wie Michele. Seien es die Kurven der Insel (mit seinem, von den schmalen und steilen Serpentinen stolz verwundeten SUV-Veteranen) oder die Kurven der Säulenheiligen der lava-leidenschaftlichen Region, Sophia Loren, deren weiße Villa an der Amalfi-Küste vom Ausflugsschiff aus zu bewundern ist.

Michele, Mitte 60, heißt wie viele hier mit Familiennamen Iacono und sieht aus wie nur wenige – nämlich wie ein Missing Link von Ernest Hemingway und Sir Richard Attenborough, also: genießerisch verwittert, schneebärtig, von herber Herzlichkeit und – prallvoll mit Geschichte, Geschichten und G’schichterln. Wie gern Michele hier – in seinem smaragdenen Garten Eden ("Hotel Parco Smeraldo Terme", siehe Infos) am Maronti-Strand lebt, ist nachvollziehbar. Von Juni bis Anfang Oktober hat es auf Ischia 26 bis 35 Grad, sommers gibt es keine vier Regentage, das kristallklare Meer misst selten unter 21 Grad.

Ischia, eine der atemberaubendsten Launen der mediterranen Schöpfungsgeschichte. Die tausendfärbigen, üppig blühenden und vor filmreifer Lebenslust, Geschmack und Stil pulsierenden 46,4 km² im Golf von Neapel sind einer gewaltigen Katastrophe geschuldet: Vor rund 80.000 Jahren förderte ein Vulkan gut 40 Kubikkilometer Bimsstein- und Aschemenge zutage; die sich senkende Lava kreierte eine wahre Schatzinsel, auf der sich im Lauf der Jahrhunderte fast alle großen Kulturen verewigten.

Auf der 34 Kilometer langen "Michele"-Tour rund um den Monte Epomeo (mit seinen 789 Metern) windet man sich durch die Epochen, bestaunt die – von Spektral-Spezialisten – exakt erhobenen 82 verschiedenen Grün-Töne und kann sogar während der Fahrt Kapern pflücken, die sich an Steinmauern schmiegen. Signor Iacono, der hinreißende Herbergsvater unter den Hoteliers, Historiker und Hobbyzüchter der schmackhaftesten und unverwechselbarsten Tomaten dieser Welt (dem seine Wiener Ehefrau Conda dafür längst auch den Begriff "Paradeiser" beigebracht hat), kennt wirklich jeden Winkel des paradiesischen Eilands. So erfahren wir, wo man im Sand Eier, Fleisch und Fisch zubereitet, indem man sie verpackt, kurz eingräbt und dann einfach serviert. Grundwasser gibt’s auf Ischia keines (Trinkwasser strömt durch eine Pipeline vom Festland), aber vulkanischen "Grunddampf", der Jahr für Jahr den 60.000 Ischitanern bis zu fünf Millionen Touristen beschert, die den Heilkräften aus der Tiefe des Raumes vertrauen – das Zauberwort Wellness hat den Lockruf des "Dolce Vita" ergänzt, wenn nicht gar abgelöst.

113 Meter über Meereshöhe erhebt sich die 300.000 Jahre alte Felseninsel, auf der die Aragonesen 1441 eine Festung errichteten.

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Dank dem passionierten Pfadfinder Michele lernen wir, dass sich jeder Weg seinem Willen öffnet. Ist die Straße nur so breit wie sein SUV ohne ausgeklappte Seitenspiegel, dann kommt nur ein knappes Kommando an den Beifahrer: "Bitte Ohren anlegen." Kratzgeräusche an den Seitentüren werden vom Herzklopfen der Insassen übertönt. Im Weinkeller Crateca der Brüder Castagna, aus deren hängenden Weingärten der segensreiche Schwefel köchelt, oder in der sagenhaften Taverna "La Vigna di Alberto", deren Besitzer Ciccio als Beethoven-Lookalike Symphonien auf den Gaumen zaubert, weiß man endgültig, warum das italienische Wort für Danke eine Zusatzbedeutung hat: Grazie mit "a" – das heißt auch "Gnade" oder "Anmut". Daher: Grazie, Ischia!

Einst, in den 1950ern, hatte der findige Verleger und Filmproduzent Angelo Rizzoli die legendäre "Albergo della Regina Isabella" errichtet und damit den Hollywood-Ruhm Ischias begründet. Von Billy Wilder und Alfred Hitchcock über Liz Taylor und Richard Burton bis zu Claudia Cardinale und Alain Delon – alle drehten sie hier und alles dreht sich hier um sie. Helmut Berger hieß noch Steinberger und kellnerierte in einer Hafenkneipe, als ihn Luchino Visconti entdeckte und eroberte (oder umgekehrt). Auf den pittoresken "drei Hähnen", einer Inselchen-Gruppe vor dem (eine Bootsstunde) nahen Amalfi unterrichtete Rudolf Nurejew überzeugend Freddy Mercury im Nackttanz. Heute ankern die Traumyachten von Sting und Bruce Springsteen (die sich gelegentlich zu einer Jamsession am Ufer verabreden) vor Maronti und Sant’Angelo, wo die deutsche Kanzlerin Angela Merkel Sommer für Sommer Erd- und Herzenswärme gegen die sprichwörtliche Kälte ihres Berufs tankt.

In einer abgeschirmten Privatvilla auf Sant' Angelo urlaubt seit Jahren auch die deutsche Kanzlerin Merkel. Das autofreie Dorf liegt eine knappe Bootstaxi-Viertelstunde vom Maronti-Strand entfernt. Das geschichtsträchtigste Nobel-Hotel ist freilich das "Albergo della Regina Isabella".

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ANREISE Austrian Airlines:

Direktflug WienNeapel von April bis Oktober, Überfahrt per Fähre ab Neapel oder mit dem Schnellboot, 12–18 Euro, online buchbar bei: www.insulatransfer.com

WOHNEN Top-Tipps:

"Parco Smeraldo Terme" in Barano d’Ischia, direkt am zauberhaften Marontistrand: www.hotelparcosmeraldo.com

"Il Moresco" in Ischia Porto: www.ilmoresco.it

"Poggio Aragosta" in Casamicciola: www.poggioaragosta.it

"La Scogliera" in Forio: www.hotellascogliera.it

Preise nach Saison: ab 100 €

ESSEN UND TRINKEN

Die ischitanische Kochkunst kennt allein sechs Sorten Pfefferschoten, unverwechselbar süße Tomaten und frische Kräuter. Die Grundpfeiler sind Gemüse, Pasta, Fisch (Sardellen, Barbe, Goldbrasse, Seezunge, Krake, Tintenfisch, Mies- und Venusmuscheln) und Pilze.

Top-Gericht: Einheimisches Kaninchen (Coniglio all'Ischitana, früher wild, heute gezüchtet).

Weine: weiß, trocken, frisch, kalt getrunken. Der offene "Vino locale" genießt besten Ruf.

Gute Marken: d’Ambra, Perrazzo, Pietratorcia. Details unter: www.e-ischia.it/de/wine-divine

AUSFLÜGE

Inselrundfahrt Ischia (ca. 3 Stunden, jeweils Montag und Freitag, ab 8.15 bzw. 14 Uhr, ca. 18 Euro).

Ravello, Amalfi, Positano, Sorrent (Tagesfahrt per Fähre und wahlweise auch zusätzlich per Bus an die schönste Küste Südtaliens, jeweils Sonntag, Dienstag und Donnerstag, ca. 50 Euro).

Pompeji/Vesuv (Tagesfahrt zu den römischen Ausgrabungen am Fuß des Vulkans, Mittwoch und Freitag, 50 Euro).

Capri (Tagesfahrt zur mondänen Nachbarinsel, täglich ab 9.20 Uhr, ca. 50 Euro)

Alle Details unter: www.ilquadrante.com