Leben

Übermenschliche Kräfte

Die Maschinenmenschen kommen. Mit einem Skelett zum Anziehen werden Menschen in Zukunft ungeahnte Superkräfte entwickeln. Mit Hilfe eines elektronischen Stützroboters sind dann problemlos schwere Lasten zu heben: ideal für Pfleger, die bettlägerige Patienten herumtragen und für Bauarbeiter, die mehr als 100 Kilo schwere Eisenträger schleppen müssen. Und auch für jeden, der in ein paar Jahren einen Umzug plant – die Übersiedlungskisten fühlen sich dann endlich leichter an. Die japanische Bank Sumitomo Mitsui testet bereits ihre Angestellten als Maschinenmenschen: Um den Älteren – 16 Prozent der 1.600 Mitarbeiter sind älter als 65 Jahre – das Heben schwerer Geldpakete leichter zu machen, streifen sie seit kurzem Roboter-Anzüge über.

Die Exoskelette, die Stützroboter der Zukunft, wiegen rund 30 Kilo. Doch ihr Gewicht ist kaum spürbar. Das Gerüst aus Aluminium, Kohlenstoff und Stahl ist selbsttragend und folgt innerhalb einer Millisekunde jeder Bewegung seines Trägers. Ein dickes Kabel, das vom Rücken des Trägers runterbaumelt, liefert die Informationen an einen Computer. Dieser übersetzt die Bewegungen in digitale Daten, schickt sie an den Roboter, der dann seinen Arm bewegt.

Damit die Roboterkörper zum Anziehen den Menschen bei einer Fehlfunktion der Steuerungssoftware nicht verletzen, verhindern mechanische Sperren, dass zum Beispiel der Arm nach hinten gedreht und ausgekugelt wird. Bei der Entwicklung von Stützrobotern versucht man möglichst natürliche Bewegungen des Menschen zu simulieren. Mit entscheidenden Ratschlägen von Physiotherapeuten. Bis das mit Elektronik vollgestopfte, sperrige, schwere Ungetüm, das wie ein Rucksack übergestülpt wird, in Serie gehen kann, werden noch einige Jahre vergehen. Bis jetzt kennt man die mitdenkenden, mechanischen Skelette nur aus dem Kino, wo sie von finster blickenden Soldaten getragen werden. Von Aliens als Supermänner der Zukunft mit übermenschlichen Kräften. Wie von Tom Cruise in Edge of Tomorrow, der dank seines Exoskelett-Kampfanzuges der Menschheit neue Hoffnung gibt.

Künstliche Gliedmaßen werden Behinderten in Zukunft erlauben, ein weitgehend normales Leben zu führen. Und mit Hilfe von Stützrobotern können sogar Menschen, die nach einem Unfall gelähmt sind, wieder gehen: Weltweit arbeiten Wissenschaftler daran, schon bald ein Hightech-Korsett für den ganzen Körper präsentieren zu können. Das in Israel entwickelte Rewalk-System, das aus von Motoren angetriebenen Beinschienen mit Hüft-, Knie- und Sprunggelenken besteht, ermöglicht es schon heute Menschen mit Rückenmarksverletzungen zu gehen.

Exoskelette des US-Unternehmens Ekso Bionics für Querschnittsgelähmte und Schlaganfall-Patienten werden weltweit längst in Spitälern eingesetzt. Die Gelenke dieser noch mehr als 100.000 Euro teuren Roboteranzüge steuert man durch Handbewegungen und Gewichtsverlagerung. Als Unterstützung für erste Schritte. Die Gehroboter ermöglichen Gelähmten den Traum vom Gehen.

In Zukunft werden sich nicht nur Bewegungen von Menschen auf Maschinen übertragen lassen – die Daten können auch den umgekehrten Weg einschlagen. Noch ist die Technik nicht so weit wie in vielen Science-Fiction-Film-Spektakeln. Doch in wenigen Jahren werden die Maschinenmenschen den Weg aus den Laboratorien in den Alltag geschafft haben. Und vielen Menschen das Leben erleichtern.

michael.horowitz@kurier.at