Leben

U-Boote in uns

Unendlich groß ist die Rolle des unendlich Kleinen in der Natur, meinte der Mikrobiologe und Chemiker Louis Pasteur schon im 19. Jahrhundert. Richard Dick Feynman, einer der bedeutendsten Physiker des 20. Jahrhunderts, war der Erste, der die trügerisch einfache Frage stellte, wie klein man eine Maschine machen könne. Keine rein akademische Frage, denn längst spricht man von Computern der Zukunft, die so leistungsfähig wie ein heutiger Rechner sind – aber nur die Größe eines Staubkorns haben.

Nobelpreisträger Feynman sprach bereits 1959 in einem visionären Vortrag mit dem Titel „Unten ist genug Platz“ von schluckbaren Chirurgen. Schon sieben Jahre danach gab es eine spektakuläre Reise durch das Innere des menschlichen Körpers: Ein Mini-U-Boot – auf die Größe eines roten Blutkörperchens verkleinert – das mit einer Injektionsnadel in die Blutbahn gespritzt wurde, landete im Kopf eines Forschers, um dort ein Blutgerinnsel zu beseitigen. Allerdings nur im Science-Fiction-Film Die phantastische Reise.

Was damals nur Vision war, könnte bald Realität sein: Aktuelle Fortschritte in der Mikrorobotik haben wichtige Hürden genommen, um diesen Traum Wirklichkeit werden zu lassen und die Medizin von morgen zu revolutionieren.

Schon heute erkunden erste Mini-Roboter unser Inneres. Wie die mit zwei winzigen Kameras ausgestattete PillCam, die nach Tumoren und Polypen sucht, Bilder der Schleimhaut, des Dick- und Dünndarms aufnimmt und sie an ein Speichergerät sendet. Wie ein U-Boot gleitet die 1992 an der Universität in Buffalo entwickelte Smart Pill durch das Verdauungssystem und filmt die Innenseite. Weltweit haben Ärzte bereits bei mehr als 1,5 Millionen Patienten diese völlig schmerzfreie Endoskopie-Methode angewandt. Doch noch sind diese zwei Zentimeter großen Kapseln in der Welt der Mini-Computer relativ große Eindringlinge.

In Zukunft sollen nano- und mikrometerkleine Roboter in unser Innerstes eintauchen. Ein Nanometer entspricht einem millionstel Millimeter – unvorstellbar winzig. Im Mikrokosmos unseres Körpers werden dann die Mini-Maschinen durch unsere Blutbahnen ziehen, punktgenau Medikamente abladen, exakte Innenansichten von Organen aufnehmen, anomale Gewebsstrukturen im Darm einsammeln – und sogar mit winzigen Skalpellen operieren.

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Schon heute erkunden Mini-Roboter unser Inneres. Wie die mit zwei winzigen Kameras ausgestattete PillCam.

michael.horowitz@kurier.at