Leben

Schöne neue Welt

Rufen S’ am Nachmittag wieder an – aber nicht nach 13 Uhr, kreischt Frau Knackal ins Telefon. Im verstaubten Reich des Trios Ing. Breitfuss/Weber/Knackal: Lindgrünes Linoleum, knarrende Kunstleder-Stühle, beklemmende Neon-Beleuchtung. Noch immer sieht es in vielen Büros wie bei der MA 2412, dem fiktiven ORF-Amt für Weihnachtsdekoration aus. Das Büro der Zukunft ist noch Fiktion. Doch das klassische 9-bis-17-Uhr-Arbeitsmodell, bei Frau Knackal 8-bis-13-Uhr, wird während der nächsten Jahre in vielen Branchen verschwunden sein.

Im Büro von morgen sind Tätigkeiten immer seltener lokal definiert, sie finden an verschiedenen Orten und zu flexibleren Zeiten statt. Beim mobilen Arbeiten erleichtern smarte Computer mit intelligenter Soft- und Hardware, die miteinander kommuniziert, den Alltag der Kollegen aus Fleisch und Blut. In Büros, die immer intelligenter werden: Der Eingang eines Dokuments wird erkannt, der Status verknüpfter Aufgaben geprüft und vollautomatisch in die nächste Bearbeitungsphase gesandt. Verstaubte Aktenberge sind dann Vergangenheit.

Die Herausforderung der Büro-Zukunft wird darin bestehen, Mitarbeiter, die einen fixen Schreibtisch und ihre Dokumente weiterhin ausdrucken wollen, mit den Digital Natives – für die Internet, Instant Messaging & Social Media längst zum Alltag gehören – harmonisch zusammenarbeiten zu lassen. Im Spannungsfeld virtueller Welten und klassischer Arbeitsmodelle.

Teamarbeit gehört die Zukunft. Hierarchische Strukturen werden abgebaut, modernes Arbeiten findet immer mehr in Gruppen und Projekten statt. Kreative Kooperation ist in Zeiten völlig geänderter Kommunikationstechnologien ein wesentliches Kriterium. In Räumen, die mit Sensoren ausgestattet sind und via Smartphone darauf reagieren, was die Mitarbeiter benötigen. Wie helleres Licht oder veränderte Temperatur. Die Wände im Büro von morgen verwandeln sich in einen Mega-Computer mit Holografie-Technologie wie das HoloLens-Projekt von Microsoft. Die Schreibtische haben eine Oberfläche aus Bildschirmen, die per Sprachbefehl bedient werden. Wenn ein Designer im Büro des Jahres 2025 einen Bürostuhl entwickelt, zeichnet er das Objekt mit einem interaktiven Stift in die Luft. Über Sensorik werden die Daten auf den großflächigen Bildschirm an der Wand übermittelt. Dort erscheint der neu entwickelte Sessel dreidimensional in Originalgröße. Mittels einer Geste wie Kopfnicken können die Daten dann weiterbearbeitet werden.

Doch vielleicht gibt es bald überhaupt keine Bürostühle mehr. Zumindest wenn es nach der radikalen Vision the end of sitting der holländische Architektengruppe RAAAF geht. Sie träumen von einer Arbeitswelt ohne jeden Sessel. Dafür mit Liegeflächen und Nachdenk-Zellen, kreativen Höhlen für Konzentrationsphasen. Auf einer Hügellandschaft – einem Affenfelsen ähnlich – findet die kommunikative Teamarbeit statt. Und danach geht’s zur Entspannung kurz in die in England entwickelte Podtime-Schlafkoje. Seinen Mitarbeitern Powernap, ein kurzes Schlaferl als Geheimwaffe gegen das Leistungstief am Nachmittag, zu gönnen, ist im Büro von morgen nicht absurd – sondern selbstverständlich.
Davon hätte Frau Knackal nur träumen können.

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Im Reich von Ing. Breitfuss, Herrn Weber und Frau Knackal:
Die „MA 2412“ als Symbol einer verstaubten, alten Arbeitswelt. Die Zukunft in Büros und Ämtern schaut anders aus

michael.horowitz@kurier.at