Macht ein Schachmatt müde? Zehn ultimative Fragen zum Königsspiel
Von Andreas Bovelino
1. Ist „Das Damengambit“ total unrealistisch, weil Frauen in Wahrheit nicht so gut im Schach sind?
Nein, es gibt nur viel weniger Frauen, die spielen. Aber Judith Polgár siegte gegen fast alle Weltmeister. Großmeisterin Nona Gaprindaschwili hat eben Netflix verklagt, weil ihr in „Das Damengambit“ unterstellt wurde, sie habe nie gegen Männer gewonnen. Das hat sie aber zur Genüge.
2. Warum heißt es „Schachmatt“? Hat das etwas mit „matt“, also müde zu tun?
Mit „shah“ wurde im Persien des 6. Jhs. die Gefährdung des Königs (Shah auf Farsi) angesagt, „shah mat“ bedeutete, dass der König hilflos bzw. von seinen Truppen verlassen war. Das persische Farsi ist eine indoeuropäische Sprache. Im Gegensatz dazu bedeutet das arabische „mata“ tot.
3. Was ist am Schach eigentlich so kompliziert?
Nach nur drei Zügen gibt es auf jeder Seite über neun Millionen mögliche Positionen. Der Mathematiker Claude Shannon legte die Untergrenze an möglichen Zügen im Schach mit 10 ^120 (eine 1 mit 120 Nullen) fest. Zum Vergleich: Die Zahl der Atome des sichtbaren Universums wird auf 10^80 (eine 1 mit 80 Nullen) geschätzt. Nicht umsonst sagte Garri Kasparow: "Schach ist geistige Folter."
4. Was war die längste Schachpartie, die je gespielt wurde?
1989 benötigten Ivan Nikolić und Goran Arsović in Belgrad 20 Stunden und 15 Minuten für 269 Züge – und ein Remis. Eine Partie beim Turnier in London (1851) dauerte eventuell noch länger. Der Schiedsrichter notierte: „Das Spiel konnte nicht beendet werden, weil die Spieler eingeschlafen sind.“
5. Wie lange dauerte die kürzeste Schachpartie, die je gespielt wurde?
Das kürzest mögliche Schachspiel endet nach zwei Zügen mit dem sogenannten „Narrenmatt“. Aber auch ein einziger Zug kann dauern, wie Francisco Torres 1980 in Spanien bewies. Er benötigte 2 Stunden und 20 Minuten für EINE Figurenbewegung. Dabei hatte er dafür nur ZWEI verschiedene Möglichkeiten.
6. Was war der größte Schach-Skandal aller Zeiten?
Der wurde 1769 in der altösterreichischen Küche gebacken: Damals baute Wolfgang von Kempelen aus Pressburg den „Schachtürken“, einen türkisch gekleideten Roboter, der Schach spielen konnte und unter anderem gegen Napoleon und Benjamin Franklin Partien gewann. Im inneren des Automaten saß allerdings ein echter Schachspieler.
7. Gibt es auch Promis, die richtig gut Schach spielen?
Sehr viele spielen gerne, Julia Roberts etwa oder Keanu Reeves, der in seiner Jugend um Geld zockte. Und einige haben/hatten sogar beeindruckende Elo-Zahlen: Arnold Schwarzenegger und Nicolas Cage (je 1.500), Ray Charles (1.600), Humphrey Bogart (1.950), Stanley Kubrick (2.000) ...
8. Seit wann spielen Computer besser Schach als Menschen?
Wir feiern ein Jubiläum: Vor 25 Jahren besiegte der IBM-Supercomputer „Deep Blue“ den amtierenden Weltmeister Garri Kasparow.
9. Gibt es im Schach auch schmutzige Tricks?
Jede Menge. Nur eins von vielen Beispielen: WM ’78, Karpow gegen Kortschnoi. Kortschnoi setzte mitten im Spiel plötzlich eine verspiegelte Sonnenbrille auf, so dass Karpow sich quasi ständig selbst im Spiegel sah. Karpow konterte mit einem Parapsychologen, der Kortschnoi beeinflussen sollte. Darauf setzte Kortschnoi grellorange gekleidete indische Yogis ins Publikum, die Karpow unentwegt anstarrten, und gewann vier Partien in Folge.
10. Was macht ein Komponist im Schach?
Musik, zu der man sich besser konzentrieren kann? Nein, im Schach versteht man darunter jene Menschen, die Partien „komponieren“, also mögliche Zugfolgen von der Eröffnung bis zum Matt bzw. ab einer von ihnen erdachten Situation, von der aus man mit einer festgelegten Anzahl an Zügen ein Matt erreichen sollte.