Leben

maschek redet drüber

Herr Hörmanseder, Herr Stachel, jeder kennt maschek, aber nicht jeder erkennt Sie beide auf Anhieb...
Peter Hörmanseder: Sie meinen, wir haben einen Namen, aber kein Gesicht.

Großartig zusammengefasst.
Robert Stachel: Die angenehmste Bekanntheit ist die, wenn Leute dein Werk oder deine Stimme kennen, aber nicht dein Gesicht. Ricky Gervais (Anm.: ein britischer Comedian) hat das einmal mit einer Geschichte sehr gut auf den Punkt gebracht. Wenn er früher auf die Straße gegangen ist und sich daneben benommen hat, haben die Leute gesagt: „Schau, was für ein Arschloch.“ Heute sagen sie: „Schau, was für ein Arschloch der Ricky Gervais ist.“ So weit ist es bei uns zum Glück nicht.

Lustige Geschichte. Sie sind offenbar privat so locker-flockig wie bei den Synchronisationen in der Talkshow „Willkommen Österreich“. Was steckt wirklich dahinter? Lange Vorbereitung oder Improvisation?
Hörmanseder: Beides. Wir haben nie einen vorgeschriebenen Text. Wenn wir was Älteres später einmal live spielen, müssen wir uns die Sachen auf YouTube anschauen. Die Aufzeichnungen aus dem Fernsehen sind die einzige Referenz. Harte Arbeit ist es aber auch. Es fängt damit an, dass wir jede Woche etwas liefern müssen. Manchmal passiert einfach nichts.
Stachel: Im Grunde ist es jede zweite Woche so, dass sich nichts von selbst aufdrängt. Die Arbeit für „Willkommen Österreich“ funktioniert nur so gut, weil Peter rund um die Uhr das redaktionelle Auge auf das Geschehen im Land hat. Er beobachtet auch die YouTube-Kanäle diverser EU-Kommissäre und der deutschen Kanzlerin. Ich komme dann dazu und wir verpassen den Synchronisationen gemeinsam den letzten Schliff.

Über welche Politiker machen Sie sich am liebsten lustig?
Stachel: Der Faymann ist gut – und der Spindelegger.

Der ist allerdings schon in Polit-Pension.
Stachel: Dann eben der Mitterlehner. Aber der Spindelegger hat halt viel besser zu Faymann gepasst. Darum tut's mir ein bissl leid um ihn – wie es mir auch um Gusenbauer leid getan hat und den Molterer auch.
Hörmanseder: Es wird uns auch bald um den Faymann leid tun. Sagen wir es mal so.

Und um welchen Politiker tut es Ihnen wirklich leid – im Sinne von Sympathie?
Hörmanseder: Ich fand Van der Bellen immer sympathisch. Der hatte eine Art ...
Stachel: Er lebt ja noch, bitte.
Hörmanseder: Ich rede ja von ihm als aktiver Politiker. Ich fand sein Tempo wahnsinnig sympathisch. Dass einer nachdenkt, bevor er spricht. Vielleicht wird er ja Präsident. Was weiß man schon.
Stachel: Stelle dir vor, er wird’s: Ich freu mich auf den Moment, wenn der Fischer an den Van der Bellen übergibt und wir das synchronisieren müssen. Das wird eine herrliche Schnarchnummer.

Sie gehen mit vielen Politikern hart ins Gericht. Innenministerin Mikl-Leitner wurde sogar als Hexe dargestellt. Was wäre, wenn sie oder jemand anderer Ihnen persönlich begegnen würde?

Hörmanseder: Wir begegnen diesen Menschen ja nicht. Da sind wir wie der Rest der Bevölkerung. Es gibt keine persönliche Bindung.
Stachel: Ich bin da auch sehr defensiv und versuche Politikern aktiv aus dem Weg zu gehen. Für Leute unseres Faches ist Distanz wichtig. Ich kann nicht verstehen, dass es Kollegen gibt, die aufs Kanzlerfest gehen oder in Unterstützungskomitees von Landeshauptmännern auftauchen. Einen Teufel würde ich tun, jemanden öffentlich zu unterstützen – auch wenn ich bereit wäre, einen Politiker zu wählen.
Hörmanseder: Warte nur, bis du ein Haus in Niederösterreich willst.
Stachel: Ich hab’ schon ein Haus in Niederösterreich – und das Foto mit dem Pröll hast du.
Hörmanseder: Ja, aber da stehe ich eineinhalb Meter über ihm und er schaut zu mir rauf.
Stachel: Generell ist es ja nichts Ehrenrühriges, wenn es zu einer Begegnung mit wem auch immer kommt. Man will ja ein höflicher Mensch sein. Und weil ich keinem Politiker sagen möchte „Sie san der größte Trottel. Bitte treten Sie zurück“, gehe ich Begegnungen dieser Art tunlichst aus dem Weg.

Derzeit vergeht einem das Lachen ob der Flüchtlingsproblematik und der handelnden Personen aber.
Hörmanseder: Das Flüchtlingsthema ist für unseren Berufsstand nicht gerade ein gefundenes Fressen, weil es wirklich tragisch ist. Es ist aber ein Thema, wo man sich selber hinterfragen kann. Was macht man als Satiriker? Reißt man nur blöde Witze oder versucht man herauszufinden, ob man mit dem, was man macht, auch etwas bewirken kann?

Was könnten Sie bewirken?
Hörmanseder: Stimmungen hervorkitzeln, die irgendwo schlummern oder positive Stimmungen öffentlich machen. Zwischen den Zeilen zu lesen, was wirklich wichtig ist, ist ja im Grunde auch das Spannende an unserer Arbeit.

Viele Künstler setzen sich für Flüchtlinge ein. Könnten Sie sich vorstellen, zuhause Flüchtlinge aufzunehmen?
Hörmanseder: Bei mir ist das aus räumlichen Gründen nicht möglich. ch unterstütze aber Leute finanziell, die Flüchtlinge aufnehmen. Das versuche ich dann zu multiplizieren, indem ich medial eine Grundtendenz verbreite.
Stachel: Ich sag’ mal so: Im äußersten Notfall kann ich mir vorstellen, einen Flüchtling kurzfristig aufzunehmen und zu versorgen. Und die Frage war ja, ob man es sich vorstellen kann. Was von mir kommen kann, ist die Teilnahme an der öffentlichen Bewusstseinsbildung und finanzielle Unterstützung.

Gibt es ein konkretes Projekt, das Sie unterstützen?
Stachel: Wir haben zum Beispiel mit „Hemayat“ eine Partnerschaft abgeschlossen und treten aktiv für sie auf. Das ist ein Verein, der traumatisierten Flüchtlingen und Opfern von Krieg und Gewalt psychotherapeutische Hilfe anbietet.

Können Sie von einer Erfolgsstory berichten?
Stachel: Am beeindruckendsten fand ich die Geschichte eines ehemaligen Kindersoldaten, der mittlerweile bei einer Gärtnerei gelandet ist und sich um Blumen kümmert. Sicher kein leichter Weg, aber es ist offensichtlich durch Psychotherapie machbar.

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Lassen Sie uns zu maschek zurückkehren. Was für eine Kunstgattung ist maschek eigentlich?
Stachel: Wenn es eine Schublade sein muss, nennen wir uns Satiriker.

Hörmanseder: Oder Medienarbeiter. In Hotels schreiben wir als Berufsbezeichnung immer Artist.
Stachel: Du schreibst Artist, ich schreibe Tiere.

Wissen Sie eigentlich, wann die Synchronisation, wie Sie sie praktizieren, ihren Ursprung hat?
Stachel: Synchronisation ist nachweislich schon älter als wir. Woody Allen ist einer der ersten urkundlich erwähnten, der das gemacht hat. Er hat auf eigene Kosten einen alten japanischen Martial-Arts-Film (Anm.: ein Kampfkunst-Actionfilm) oder Gangsterfilm mit absurden, neuen, englischen Texten nachsynchronisiert. Leider ist er damit an der Kassa aber ziemlich eingefahren. Trotzdem ist „What’s Up, Tiger Lily“ bis heute ein Klassiker geblieben.

Wie kam Ihnen denn die Idee, mit Synchronisation Geld zu verdienen?
Stachel: Es war keine Idee von uns, es ist passiert. Der Peter hatte die Idee noch eher, aus dem Künstlerischen seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Bei mir war das lange nicht klar.

Seit 2006 können Sie davon leben. Hätten Sie sich das gedacht?
Stachel: Überhaupt nicht. Dabei finanzieren wir heute mehr als hundert Prozent unseres Lebensunterhaltes damit. Das ist klar dem Alfred Dorfer zu verdanken. Er hat uns seinerzeit im Rabenhof gesehen und ihm hat gefallen, was wir gemacht haben. Er hat uns dann gefragt, ob wir nicht bei „Dorfers Donnerstalk“ im ORF mittun wollen. Für mich keine leichte Entscheidung, weil ich aus der freien Medienszene komme und das damals noch ein anderer ORF war als heute. Wir hatten aber, bis auf wenige, vertretbare Ausnahmen, alle Freiheiten.
Hörmanseder: Wir funktionieren auch nur mit Freiheit. So wie Grissemann und Stermann. „Willkommen Österreich“ funktioniert nur, weil man sie sein lässt, wie sie sind – und uns auch.

Eigentlich sind Sie ja zu dritt. Wo haben Sie denn Ulrich Salamun gelassen?
Stachel: Der Ulrich produziert Kaffee in Nicaragua und hat eine sehr feine Rösterei aufgebaut. Da ist er verhältnismäßig viel unterwegs und hat sich bei uns karenzieren lassen. Bei manchen Live-Auftritten ist er aber dabei.

Wo haben Sie einander eigentlich kennengelernt?
Stachel: Ulrich ist mit mir in Wr. Neustadt in die Schule gegangen. Er war zwei Jahre über mir, aber stadtbekannt für seinen Schmäh. Wir sind nach der Matura in Kontakt geblieben und haben gemeinsam begonnen, zu blödeln – noch ohne richtiges Publikum. Und der Peter war mein Tutor an der Uni und ich war sein Lieblingsschüler.
Hörmanseder: Fast. Es gab damals rund ums Publizistikstudium ganz sinnvolle Freifächer wie das Uniradio oder das Unifernsehen. Da haben sich 50 bis 100 Studenten zusammengetan, die ein bissl über das Studium hinaus gemeinsame Sache gemacht haben. Daraus sind viele Freundschaften und Projekte entstanden – und eben auch maschek.

Und dann kam das Jahr 1999, als Sie im „Flex“ am Donaukanal die Nationalratswahlen kommentierten – und der Ton ausfiel.
Hörmanseder: Genau, wir haben dann gemacht, was jeder schon einmal gemacht hat, wenn er betrunken war und mit Freunden gefeiert hat: den Ton vom Fernseher abgedreht und einen Blödsinn drüber geredet.

Worüber lacht maschek eigentlich, wenn maschek nicht gerade drüber redet?
Hörmanseder: Der Lustigste und Tragischste zugleich ist Louis C. K. (Anm.: ein US-Stand-up-Comedian)

Ist es schlimm, wenn man ihn nicht kennt?
Stachel: Das ist sehr schlimm. Er ist zu Unrecht bei uns fast unbekannt, weil er der größte lebende Komiker der Welt ist.
Hörmanseder: Und Tragiker. Er wird fast jedes Jahr mit „Emmys“ ausgezeichnet und steigert sich wirklich von Jahr zu Jahr. Er ist auch so einer, der sich mit der Zeit alle Freiheiten erarbeitet hat.

Verraten Sie uns zum Abschluss noch, was das Schönste an Ihrem Job ist?
Hörmanseder: Es passiert immer wieder, dass uns junge Menschen sagen, wie dankbar sie sind, dass wir ihnen Politik auf unsere Art und Weise näher bringen – oder viel mehr, wie man politisch denken kann. Das ist in Zeiten von Politikverdrossenheit ein schönes Kompliment.
Stachel: Lehrer haben uns erzählt, dass sie im Unterricht unsere Videos vorführen, weil ihnen sonst keiner zuhören würde. Ich darf das sagen, weil ich aus einer Lehrerfamilie komme. Das ist schon ein schöner Teilerfolg, wenn man zu Unterrichtsmaterial taugt.

Wir haben noch Platz für eine Message.
Hörmanseder: Solidarisch sein.
Stachel: Nix scheißen!
Hörmanseder: Hollawind, da fällt mir gleich einmal die Tschick aus der Hand.

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maschek, 19, wurde 1996 als österreichische Kabarett-Gruppe geboren, nachdem die „Eltern“Robert Stachel, 43, undPeter Hörmanseder, 45, einander an der Uni kennengelernt hatten. Das Trio wird von Ulrich Salamun, 44, geboren in Köln, aufgewachsen in Wr. Neustadt, komplettiert. Salamun ist aber karenziert, da er in Nicaragua eine Kaffeerösterei aufgebaut hat. maschek ist berühmt für die Synchronisation politischer Beiträge, womit das Trio 1999 mehr per Zufall begann. Als Kabarettist Alfred Dorfer die Gruppe im Rabenhof sah, engagierte er sie 2005 für „Dorfers Donnerstalk“. Seit 2012 ist „maschek redet drüber“ fixer Bestandteil von „Willkommen Österreich“ im ORF. Hörmanseder – der Große – kommt aus Oberösterreich, ist aber „rechtzeitig nach Wien geflüchtet“. Er lebt, wie Robert Stachel, in Partnerschaft und hat zwei Kids.

maschek gibt es auch auf DVD: Bei Hoanzl sind „mascheks Puppenkiste“ und „Bye-Bye, Österreich“ erschienen. Die Puppen berühmter Österreicher, wie Andreas Gabalier oder Conchita, wurden von Karikaturist Gerhard Haderer gestaltet. maschek verleiht ihnen Stimme.

www.maschek.org