Leben

Reiseträume

Der letzte Mittelmeersand ist längst aus den Handtüchern gewaschen, die Flip-Flops sind auf dem Dachboden verstaut. Und wir betrachten wehmütig die immer blasser werdende heimische Sonne, während die Erinnerungen an schöne Urlaubsstunden in High-Resolution auf den Festplatten unserer PCs vor sich hindümpeln. Der graue Alltag hat uns wieder ... Eh. Andererseits kann man auch jetzt schon anfangen, sich auf den nächsten Urlaub zu freuen. Und: ihn zu planen, auf dass er noch besser, schöner und entspannter wird.

Vielleicht doch mal in dieser kleinen kretischen Pension direkt am Meer buchen, in der wir den herrlichen Tomatensalat gegessen haben, aus den Paradeisern, die der Besitzer direkt in seinem üppigen Gemüsegarten geerntet hat? Oder wieder einmal nach Italien? Vielleicht nach Apulien, das wäre mal was anderes – ein Häuschen an der felsigen Küste mieten, die als eine der schönsten im geamten Mittelmeer gilt. Außerdem wird hier ein Primitivo angebaut, der es wirklich in sich hat. Außerdem: Wer sagt eigentlich, dass der nächste Urlaub erst nächsten Sommer sein muss? Zu Ostern würde sich doch auch schon eine kleine Reise anbieten. Marrakesch im März soll ja eine absolute Wucht sein: Warm, aber nicht zu heiß, trocken, aber nicht so staubig wie im Sommer.

Da Ostern im kommenden Jahr allerdings so spät wie selten ist, nämlich erst am 20. April, bietet sich noch ein etwas weiterer Sprung nach Afrika an: Simbabwe. Nichts übertrifft die Victoriafälle im Altweibersommer, heißt es. Auf einer Breite von mehr als 1.700 Metern donnert der Sambesi-Fluss dort geradewegs in die Tiefe, bis zu 300 Meter hoch steigt der Sprühnebel, der dem Wasserfall bei den Einheimischen den Namen Mosi-oa-Tunya – „donnernder Rauch“ – eingebracht hat. Ganz still ist dagegen der Nebel, der im November auf den grün schimmernden Kanälen Venedigs liegt und einen Besuch der alten Lagunenstadt zu einem einzigartigen Ereignis macht. Feucht glänzende Kopfsteine in der Abenddämmerung, die eigenen Schritte hallen durch die schmalen Gassen, es ist einer der wenigen Monate, in denen Venedig ganz den Einheimischen gehört, und den Geistern der Dogen und Desdemonas. Fast bekommt man ein schlechtes Gewissen, sich einzumischen. Aber schön ist es schon.

Und wie wär’s mit Weihnachten unter Palmen statt unter dem Christbaum? Damit gehört man heute auch gar nicht mehr zu den besonders extravaganten Urlaubern, im Gegenteil, das ist schon beinahe ein Klassiker. Was sich leider auch in den Flugpreisen niederschlägt – und in der Tatsache, dass, wer seinen Miami-Flug nicht rechtzeitig bucht, zwischen Mitte Dezember und Anfang Jänner einfach keinen Platz mehr kriegt. Aber es muss ja nicht unbedingt Miami sein.

Wenn’s das Börsel zulässt, spricht auch gar nichts gegen eine Reise in die Südsee. Ist um die Zeit eh um einiges wärmer – und natürlich viel exklusiver. Tahiti, oder noch viel besser: Raiatea, Tahaa, Huahine und Bora Bora – das sind Namen, die man sich auf der Zunge zergehen lassen kann. Teuer? Auf jeden Fall, träumen wird man an einem grauen Septembernachmittag wohl dürfen. Zum in der Ferne liegenden Südseezauber gibt’s aber auch eine handfeste Alternative. So nach dem Motto: Wenn schon Winter, dann richtig, bietet sich für Urlaubswillige eine Reise nach St. Petersburg an – direkt in die Heimat von Väterchen Frost, wenn man so will. Das hat doch auch was.

Überhaupt ist es doch eigentlich so, dass sich das ganze Jahr über ausgezeichnet Urlaub machen ließe. Gleich jetzt im Oktober: Törggelen im schönen Südtirol. Oder, für alle, die den Jahrhundertsommer ohnehin in heimischen Gefilden genossen haben: auf nach Kuba! Die Regenzeit ist dann vorbei, die Hurrikan-Saison offiziell auch, obwohl sich manche, wie Señora Paloma, die vor fünf Jahren noch im November für erheblichen Sachschaden sorgte, nicht danach richten.

Oder die Palau-Inseln im Jänner. Was könnte schöner, entspannender und besser für das innere Gleichgewicht sein, als die ersten Wochen des Jahres auf dem mikronesischen Inselpara-dies im Westpazifik zu verbringen? Vor allem, da die amerikanischen Touristen, die das Eiland durch die US-Reality-Show „Survivor“ lieb gewonnen haben, meist erst im März und April auftauchen. Und da sind wir ja schon längst – wo war das nochmal? Egal, von so einem Erlebnis kann man jedenfalls einige Zeit zehren. Oder man fährt im Februar nach Myanmar. Nein, nicht an die Küste, die ist zwar auch okay, aber das hatten wir ja gerade. Mystischer, verzaubernder und auch kulturell wertvoll wäre ein Besuch der alten Königsstadt Bagan, mit ihren mehr als 2.000 erhaltenen Tempeln und Pagoden. Und es ist noch nicht ganz so heiß wie in den „Sommermonaten“ März bis Mai.

Und falls es uns doch schon zu heiß wird: Ab nach Borocay! Auf der philippinischen Trauminsel ist zu der Zeit nämlich noch „Amihan“-Saison, und das bedeutet Temperaturen zwischen 27 und 32 Grad, ein lindes Lüfterl aus dem Osten und praktisch keinen Regen. Dafür aber die weißesten Strände, die der Beachcomber von Format finden kann. Der fast schon unwirklich schöne „White Beach“ sei hier nur erwähnt. Und nächsten September, vielleicht sogar genau heute in einem Jahr, sehen wir uns dann in Ponza, der zauberhaftesten Insel im Tyrrhenischen Meer. Urlaub das ganze Jahr – das Leben könnte so herrlich sein. Aber auch wenn das nur ein Traum bleiben wird: Jede Jahreszeit bietet wunderbare Ziele. Vielleicht sollten wir wirklich aufhören zu warten und anfangen, sie anzusehen.