Leben

Schnitzler-Jagd

„Wahrscheinlich hat er sie schon in Griechenland auf jeder Schafswiesn auf ein Kluppensackl zampudert“, schniefte M, „während ich mich mit fantasievollen Schmorgerichten in dieser versifften Ferienhaus-Küche abgerackert habe.“ Mit dem Grad ihrer Verzweiflung wuchs auch ihre Neigung zu einer nicht ganz Mädchenpensionatstauglichen Ausdrucksweise. Man konnte ihre Verzweiflung durchaus nachvollziehen. Nicht genug damit, dass ihr Lebensabschnitts-Pepi sie knallhart betrogen hat, er musste es auch noch ausgerechnet der Mutter einer Schulfreundin der gemeinsamen Tochter besorgen. Über Jahre hatten sich die Elternpaare gegenseitig zum Essen eingeladen, gesoffen bis in die Puppen, im Sommer malerische Inselhäuschen miteinander gemietet und sich in der trügerischen Idylle einer Lebensfreundschaft gewogen. Und jetzt dieser Faustschlag gegen Ms Würde! Mit Sicherheit hatte den beiden Fremdspringern die Tatsache, dass ihre lieben Partner drollig-naiv beim Essen saßen, während unter der Tischplatte ihre Füße eine Art Kopulations-Ballett tanzten, einen zusätzlichen erotischen Kick verliehen. Über Doppelmoral-Szenarien in der Tradition von Schnitzlers „Weitem Land“ stolpert man neuerdings häufig. Um die Jahrhundertwende arrangierten sich vor allem die Frauen in diesen Konstellationen, um nicht in einen finanziellen Notstand zu geraten. Heute betrügt man wahrscheinlich mehr, um sich weniger zu langweilen. „Und?“, fragte ich M, „wirst du deinen hormonversauten Pinocchio jetzt verlassen?“ – „Das täte ihm wahrscheinlich so passen“, kreischte sie jetzt, „und genau deswegen werde ich ihm die Freude nicht machen! Auf seinem schlechten Gewissen werde ich jetzt Salti schlagen. Das wird teuer!“ Enttäuschte Liebe und Brutalität gehören ja bekanntlich zusammen wie der Rock zum Roll.