Leben

Chrom & Charisma

Wir standen einander nahe. Wenn es regnete sehr sogar. Da musste vor einer Ausfahrt mit dem Strohhalm Wasser aus den Scheinwerfern gesaugt werden. Eine langwierige, eine feuchte Angelegenheit. Aber so lernt man einander dann doch besser kennen. Ich und mein erstes Auto. Groß war es. Schön, naja. Dafür fast rot. Rostrot eben. Das hätte mich stutzig machen sollen. Ein Fiat 131 Mirafiori in einer Lackierung, die mit dem Zustand nicht hinter dem Berg halten wollte. Rostrot. Die Farbe war Programm. Gebraucht gekauft, hielt die Kiste gerade einmal eine Pickerl-Saison lang. Der Rost fraß den Fahrersitz buchstäblich unter meinem Hintern weg. Die letzte Fahrt ging zum Autofriedhof. Danach fuhr ich aus Trauer Fahrrad. Monatelang.

Mit alten Autos ist es so eine Sache. Das eine Modell gerät langsam in Vergessenheit, das andere mag Mucken haben, reift jedoch trotzdem zum Klassiker. Am dritten nagt die Korrosion, noch bevor irgendjemand draufkommt, dass genau dieser Wagen das Zeug hat, einmal für seine einzigartige Historie gefeiert zu werden. Siehe Fiat 131. Auf einem Fiat 131 Abarth feierte Walter Röhrl seine erste Rallye-Weltmeisterschaft. Das ist mehr als 30 Jahre her – also lange genug, dass sich der Siegerwagen von damals den Seniorenpass verdient hat. Oldies sind in jedem Fall ein Fall für echte Liebhaber. Wer will schon ohne ABS, Servolenkung oder CD-Player durch die Gegend cruisen? Hingegen umhüllt mit dem herben Aroma bleischweren Benzins und satten Öls? Vor allem aber ohne Airbags, elektrische Fensterheber und jeglichen automobilen Komfort, der heute selbst in unteren Preisklassen Standard ist. Neuwagen verlieren für gewöhnlich pro Jahr zehn Prozent an Wert. Nicht so Raritäten. Die Nummer zehn unter den teuersten Oldtimern der Geschichte ist ein Bugatti Typ 41 aus dem Jahr 1931. Von diesem Modell wurden insgesamt nur sechs Exemplare handgefertigt, alle existieren noch – und lediglich zwei befinden sich in privater Hand. Dass so ein Auto weit davon entfernt ist, als Schnäppchen gehandelt zu werden, versteht sich von selbst. Teuerstes Auto der Welt ist seit dem vergangenen Monat ein Ferrari 250 GTO aus dem Jahr 1962. Ein Exemplar des Klassikers mit der Fahrgestellnummer 5111GT wurde um die Rekordsumme von 52 Millionen Dollar – umgerechnet etwa 38 Millionen Euro – an einen anonymen Sammler verkauft. Für die gehobene Oldtimer-Szene markiert dieses Ereignis endgültig das Ende einer langen Durststrecke. Noch Anfang der 1990er-Jahre wollte kein Autoverrückter mehr als zehn Millionen Euro für diesen Rennwagen zahlen, von dem zwischen 1962 und 1964 nur 36 Exemplare hergestellt worden waren. Dass die Investition eine gut durchdachte war, zeigen zwei Rekordverkäufe aus dem Vorjahr: Zwei GTO’s wechselten 2012 für 35 beziehungsweise 32 Millionen Dollar den Besitzer – drei Mal so viel wie zehn Jahre zuvor. „Sie gelten als Visitenkarte für Milliardäre mit Geschmack“, sagt Simon Kidston, ein in der Schweiz lebender Autohändler der Superlative. Der 46-Jährige fährt unter anderem einen McLaren F1, für wohlhabende Kunden ist er weltweit auf der Suche nach anderen Kalibern. Ganz einfach, da „seit einigen Jahren viel Kapital in Autos fließt, weil alle einen sicheren Hafen suchen.“ Andererseits schafft es auch preiswerte Massenware, zu einem begehrten Gut zu werden – wenn sie nur durch die Patina der Geschichte geadelt wird oder durch den Vorbesitzer. Das ehemalige Auto von Papst Benedikt XVI mutierte 2005 mit einem Auktionserlös von knapp 190.000 Euro zum teuersten Golf aller Zeiten.

Unter den zehn teuersten Oldtimern der Welt befinden sich fünf Ferrari. Die meisten in Rot natürlich. Dieser wunderschöne 250 Testa Rossa, Baujahr 1957, kommt in Schwarz daher. Wert: mindestens 9 Millionen Euro. Einer der Vorbesitzer: Hollywood-Star James Coburn

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Wenn das so weitergeht, löst das neue alte Gefährt des neuen Papstes Franziskus bald noch einen Boom aus. Bei der Übersiedelung in den Vatikan wurde ihm ein ausrangierter, aber fahrbereiter Renault R4 zur Seite gestellt. Dessen mutmaßlicher Wert: 1.000 Euro. Von Ferrari zu Fiat ist es nicht unbedingt weit. Könnte eine gute Ausgangslage für einen 131er ergeben, einmal doch noch als Sammlerstück Schlagzeilen zu schreiben. In Österreich ist die von 1974 bis 1982 gebaute Familienkutsche eine totale Rarität. Auf dem Automarkt-Portal mobile.de sind immerhin drei Exemplare aufzuspüren, eines sogar mit Vollleder-Ausstattung. Sein Modellname: „Mirafiori DDR“. Verhandlungspreis: 8.900 Euro. Wenn das nicht nach deutlicher Wertsteigerung in den nächsten Jahren schreit.