Leben/Mode & Beauty

Coole Stoffe erfunden - im wahrsten Sinne des Wortes

Ma Yaoguang und Tao Guangming mögen offensichtlich Herausforderungen: Während es nämlich relativ einfach ist, Kleidung herzustellen, die warm hält, ist es weitaus schwieriger, Materialien zu entwickeln, die an heißen Sommertagen kühl halten. Und das wird ja bekanntlich immer relevater.

Ma Yaoguang von der Zhejiang University und Tao Guangming von der Huazhong University of Science and Technology haben also einen Stoff entwickelt, der ganz normal aussieht, aber den Körper um fast fünf Grad kühlen kann. Im Wissenschaftsmagazin Science zeigen sie sich überzeugt, dass die Technologie, wenn sie in Serie produziert wird, Menschen auf der ganzen Welt helfen könnte, sich vor den steigenden Temperaturen zu schützen, die durch den Klimawandel verursacht werden.

Kleine Spiegel reflektieren

Helle Stoffe, die sichtbares Licht reflektieren, das war bisher das Rezept von Modedesigner gegen die Hitze. Die Ingenieure haben sich dem Problem jetzt von der physikalischen Seite genähert: Extrem kleine Strukturen aus Titanoxid und Teflon, die ultraviolettes und sichtbares Licht wie kleine Spiegel reflektieren können. Ein spezieller Mix aus Kunstfasern und Polyaciden machen es außerdem möglich, dass Körperwärme in Form von infraroter Strahlung an die Umgebung abgegeben wird.

Die kühlende Eigenschaft des mehrlagigen Materials entsteht laut Yaoguang Ma durch extrem kleine Strukturen aus Titanoxid und Teflon, die ultraviolettes und sichtbares Licht wie kleine Spiegel reflektieren können.

Ins All

Die Ingenieure achteten aber darauf, dass die Wärmeenergie nicht sofort von umliegenden Partikeln absorbiert wird. Der Stoff wurde so konzipiert, dass die darin enthaltenen chemischen Verbindungen Körperwärme absorbieren und sie dann als infrarote Strahlung abgeben. Für Physik-Freaks: In einer dem atmosphärischen Fenster angepassten Wellenläng. Ma und Tao machten sich das sogenannte atmosphärische Fenster zunutze, das ein Wellenlängenintervall des Strahlungsspektrums beschreibt, für welches die Atmosphäre der Erde weitgehend durchlässig ist. Die Wärmeenergie bleibt somit nicht auf der Erde, sondern wird direkt ins All geschickt.

Diese Technik ist als Strahlungskühlung bekannt, und Ingenieure haben sie in den letzten zehn Jahren genutzt, um Dächer, Kunststofffolien, Holz und ultraweiße Farben zu entwickeln.

Der Hitze-Test

Keine Sorge: Auch wenn "es optisch ein Spiegel ist, sieht es aus wie ein normales Hemd", sagt Tao. Um ihre Kreation zu testen, entwarfe die Forscher eine eng anliegende Weste - eine Hälfte aus ihrem innovativen Stoff und die andere aus weißer, etwa gleich dicker Baumwolle. Ein Doktorand zog die Weste an und setzte sich für eine Stunde in einen Liegestuhl in die pralle Sonne. Bald spürte der Tester den Temperaturunterschied. Als die Forscher dann seine Hauttemperatur maßen, war die Seite unter dem neuen Stoff fast 5° C kühler als die Seite unter der Baumwolle, berichten sie in Science. Für eine Infrarotkamera war der Kontrast deutlich sichtbar (siehe Bild oben).

Forschungsbedarf

"Das ist alles sehr interessant", kommentiert Yi Cui, Materialwissenschafterin Stanford, regt aber auch an, nachzumessen, wie gut der Stoff kühlt, wenn Menschen stehen oder gehen. Sie fragt sich auch, ob der Stoff so gut funktioniert, wenn er locker sitzt, da das Kühlelement auf den engen Kontakt mit der Haut angewiesen ist.