8 Fragen an Krimi-Autor Bernhard Aichner
Von Bernhard Praschl
Wann haben Sie Ihren ersten Kriminalroman gelesen?
Angefangen hat alles mit Pippi Langstrumpf und wie sie Polizisten und Räuber gleichermaßen an der Nase herumführt. Dann kamen die "Fünf Freunde", dann Agatha Christie. Ich habe Spannung immer schon geliebt, gute, verrückte Geschichten. Es muss etwas passieren, seitenweise Landschaftsbeschreibungen bringen mich um.
Wann überkam SIe der Drang, selbst auch einen Krimi zu schreiben?
Ich habe vier "Nicht-Krimis" geschrieben, bevor ich ins Geschäft eingestiegen bin, "Spannungsliteratur". Ich will literarisch fesseln, die Leser sollen auf Seite 1 ein Pferd besteigen und losgaloppieren. Ein wilder Ritt soll es sein. Egal, ob jemand stirbt oder nicht.
Wovon lassen Sie sich inspirieren?
Recherche ist wichtig. Um meine HeldInnen gut spüren zu können, ist es auch wichtig, genau zu wissen, was sie tun. Ich habe meine Titelheldin, der Bestatterin Blum, lange über die Schultern gesehen, habe aber auch mit Kripo-Beamten und Gerichtsmedizinern gesprochen. Ebenso wichtig ist es, genau zu beobachten. Mein fotografischer Blick hilft mir dabei. Oft sind es Kleinigkeiten, die den Unterschied zwischen Trauer und Glück ausmachen. Und über diese Kleinigkeiten schreibe ich dann.
Ihr Lieblingsautor bzw. -autorin (Krimi/Nichtkrimi)?
Unter vielen anderen: Fred Vargas & Georg Büchner.
Ihre Lieblingswaffe?
In meinem nächsten Buch ist es ein Blatt Papier, das tötet.
Ist ein Krimi ohne Tote ebenfalls denkbar?
Ist möglich, wird aber schwierig. Ein schöner Mord macht das Ganze in den meisten Fällen schon noch knackiger.
Härtet Krimischreiben ab bzw. Wie erholen Sie sich nach der Niederschrift einer Mordszene?
Der Alltag und der Blick in die Zeitung härten mehr ab. Was im Krimi spielerisch, fiktional passiert, erschüttert mich in der Wirklichkeit. Reales Leid zu spüren, ist grausam, es aber im Krimi zu zelebrieren, beflügelt mich.
Wie lange dauerte es, bis Sie Ihren "Sound" entwickelt haben?
Ich liebe Sprache. 20 Jahre habe ich an meiner gefeilt.
Wann haben Sie Ihren ersten Krimi gelesen? In meiner Jugend war ich Horror-Fan und las Stephen King, John Saul, Dean Koontz und Edgar Allen Poe. Mit 16 dann Polit-Thriller von Robert Ludlum, Ken Follet und Colin Forbes. Mit 20 habe ich "Roter Drache" von Thomas Harris gelesen und so die Krimi/Thriller-Literatur entdeckt.
Wann überkam Sie der Drang, auch einen Krimi zu schreiben? Als 8-Jähriger. Mein erster Roman endete nach drei Seiten, nachdem alle Figuren tot waren.
Wovon lassen Sie sich inspirieren? In einer Datei sammle ich alle Ideen. Mittlerweile finden sich da hunderte Fragmente. Entwickle ich einen neuen Roman, gehe ich diese Datei durch und bastle den Plot einer neuen Geschichte puzzleartig aus diesen Ideen zusammen. Im Gespräch mit meinen Testlesern entwickle ich dann das komplette Gerüst der Handlung.
LieblingsautorInnen? Was für eine gemeine Frage, es gibt so viele! Dennis Lehane, Nelson DeMille, David Morrell, Joe R. Lansdale,Tim Curran... und um mal eine ganz große Österreicherin zunennen: Käthe Recheis.
Ihre Lieblingswaffe? Alles, was im Affekt in greifbarer Nähe ist: Toaster, Bleistift, Vase, Draht, Schere, Nagelfeile. Und wenn es ein raffinierter Mord sein soll, gibt es Waffe, die unschlagbar ist: Die Synapsen eines kranken menschichen Gehirns.
Ist ein Krimi ohne Tote denkbar? Ja, aber nicht bei mir.
Härtet Krimischreiben ab? Überhaupt nicht. Wenn ich mich mit der Brotschneidemaschine in den Finger schneide und sehe, wie die Wunda rosa aufklafft und sich mit Blut füllt, falle ich um.
Wie lange dauerte es, bis Sie Ihren "Sound" entwickelt haben? Ich habe vier Kurzgeschichtenbände, zwei Horror-Romane und zwei Thriller veröffentlicht, bis ich meinen Thriller-Stil gefunden habe. Insgesamt hat diese reise von 1996 bis 2008 gedauert.
Wann haben Sie ihren ersten Kriminalroman gelesen? Also wenn „Die drei ???“ als Kriminalroman durchgehen, war ich mit 14 dabei. Wobei das nicht als "Lesen" bezeichnet werden kann, sondern als Aufgabe, denn Lesen war als Jugendlicher - eigentlich bis zur Matura - meine Sache nicht ...
Wann überkam Sie der Drang, auch einen Krimi zu schreiben? Der kam von heute auf morgen: Soll heißen, ich wusste überhaupt nicht, dass ich am Abend des folgenden Tages mit dem Metzger anfangen würde. Aber da war dann plötzlich dieser Restaurator in meinem Schädel, so lebendig, ich hätt’ mich gern mit ihm auf eine Plauderei, ein paar weiße Spritzer und ein Grammelschmalzbrot zum Heurigen begeben. Und weil das nicht gar so gut kommt, mit sich selbst sprechend beim Heurigen zu sitzen, wurde dieses Date zwischen dem Metzger und mir in den Keller verlegt, sprich mein Büro ...
Wovon lassen Sie sich dabei eher inspirieren? Dem Chronikteil von Zeitungen bzw. TV-Krimis, den Abgründen Ihrer Fantasie oder der peniblen Recherche etwa bei Polizeikommissariaten? Ich recherchiere nicht gerne, nicht aus Faulheit, sondern weil es meine Fantasie beeinflusst, zu reale Bilder ins Spiel kommen, und ich bin ja der Meinung, so krank, skurril gar nicht denken zu können, als dass dieses Erdachte nicht schon längst irgendwo in der Wirklichkeit zu finden wäre. Nichts ist so abartig wie die Wirklichkeit. Also hat die Fantasie freien Lauf. Geht es um Sachthemen, um technische Fragen, die in Romanen einfach stimmen müssen, mach ich mich aber schon schlau.
Ihr Lieblingsautor bzw. Lieblingsautorin (Krimi bzw. Nichtkrimi)? Meine Güte, da gibt es viel zu viel, um sich auf einen Namen zu reduzieren. Zur Zeit lese ich Haruki Murakami, nein verschlinge passt besser, begeistert von seiner Präzision und überbordenden Fantasie.
Ihre Lieblingswaffe? Meine Fantasie.
Ist ein Krimi ohne Tote ebenfalls denkbar? Für mich schon. Möglicherweise wird der nächste Metzger "DER METZGER ALLEIN" ein solcher. Wobei das kann natürlich auch ganz anders kommen, denn wenn mir plötzlich einfällt, der, die oder das, dann gibt es kein Erbarmen, :)
Härtet Krimischreiben ab bzw. wie erholen Sie sich nach der Niederschrift einer Mordszene? Ich schreibe Mordszenen nicht so, dass ich mich erholen muss. Die Blutrünstigkeit im geschriebenen Wort ist meine Sache nicht. Mich nehmen eher Geschichten mit, wo der Beziehungsstrang ans Eingemachte geht, ... und ja, ich gebe zu, manchmal kommt es vor, und mir kommt bei der Niederschrift einer Mordszene ein Lachen aus, weil es gar so absurd ist: Roten Schnee schneiende Schneekanonen zum Beispiel ...
Wie lange dauerte es, bis Sie Ihren "Sound" entwickelt haben? Das ist verschieden, aber die Frage ist insofern klasse, weil es mir beim Schreiben wirklich um den Sound geht. Ist wie Musik in meinen Ohren. Gesumme - ha, und plötzlich stimmt’s ...
Wann haben Sie ihren ersten Kriminalroman gelesen? Mit fünfeinhalb. Es war der Räuber Hotzenplotz – ist doch auch irgendwie ein Krimi, oder??? Dafür habe ich eigens diese seltsamen Zeichen, die dann zu Worten werden und zu Sätzen und zu Geschichten gelernt. Indem ich alle rundum genervt habe, mir zu sagen, was sie bedeuten.
Wann überkam Sie der Drang, auch einen Krimi zu schreiben? Drang ist zuviel, aber nachdem ich den Wahlkampf der damaligen Präsidentschaftskandidatin Gertraud Knoll koordiniert hatte, wusste ich: Das ist Stoff für einen Krimi.
Wovon lassen Sie sich dabei inspirieren? Von dem, was rund um uns passiert. Es gibt jedes Jahr zumindest ein Thema, das mich besonders interessiert und über das ich mehr wissen und mehr nachdenken möchte – also beginne ich zu recherchieren. So, wie ich es als Journalistin gelernt habe.
Ihr Lieblingsautor bzw. Lieblingsautorin (krimi bzw. Nichtkrimi)? Heinrich Böll und Franz Kafka. – Die haben übrigens im weiteren Sinn auch hochspannende Krimis geschrieben. Und Hakan Nesser, wenn es um „typischere“ Krimis geht.
Ihre Lieblingswaffe? Die Phantasie.
Ist ein Krimi ohne Tote ebenfalls denkbar? Selbstverständlich. In einem meiner Krimis gibt es auch tatsächlich keinen Mord. Das Leben ist doch mörderisch genug.
Härtet Krimischreiben ab bzw. wie erholen Sie sich nach der Niederschrift einer Mordszene? Ich schreibe in der ersten Person. Und direkt bei einem Mord war Mira Valensky noch nie dabei. Zum Glück für uns beide. Es reicht uns der Anblick der gefesselten und gefolterten Leiche eines Russen auf der Terrasse eines Wiener Penthouses oder faschierte Finger … Wie ich mich davon erhole? Indem ich vom Laptop aufstehe.
Wie lange dauerte es, bis Sie Ihren „Sound“ entwickelt haben? Mein Erzählstil war wohl von Anfang an ein möglichst unmittelbarer, unverschnörkelter. Ich halte Sprache für mein wichtigstes Handwerkszeug, versuche immer noch daran zu arbeiten und besser zu werden. Am Ende jedenfalls muss alles leicht und wie selbstverständlich wirken.