Leben

Ein Schwarzenbergplatz ohne Autos: Wie schön könnte das sein?

Durch den Belvederegarten, den Rennweg hinunter, dann sind es nur mehr ein paar Schritte zum Schwarzenbergplatz. Als ich den Fahrbahnen Richtung Innenstadt folge, auf denen tosender, nervöser Verkehr die gewohnte Begleitmusik zu diesem Stück Stadtlandschaft abliefert, habe ich eine Eingebung. Ich sehe, wie der Verkehr rollt, Auto neben Auto, auf vielspurigen Fahrbahnen, sie kommen aus allen Richtungen, den Rennweg hinunter und hinauf, die Prinz-Eugenstraße, biegen aus der Gußhausstraße ein, vereinigen sich zu einem Strom aus Blech, Beschleunigung, Lärm und Dunst.

Von der Lothringerstraße biegen neue Autos ein, andere warten darauf, dass sie in den Außenring einbiegen können. Hupen, Ungeduld, und bei jeder ausklingenden Grünphase jemand, der bei Gelb noch über die Kreuzung will und dann, weil kein Platz zum Aufschließen mehr ist, mitten auf der Kreuzung stehen bleibt, wo die Fahrzeuge, deren Ampel gerade auf Grün gesprungen ist, jetzt nicht weiterkönnen, hupen, Zorniges in die Fahrerkabine brüllen.

Der Blutdruck steigt

Ich spüre den kollektiven Blutdruck steigen. Straßenbahnen quietschen. Ignoriere den Wahnsinn. Rette mich zwischen ein paar Fahrzeugen, die keine Anstalten machen wegen mir zu bremsen, auf den Mittelstreifen des Platzes, wo das Reiterdenkmal für den Feldmarschall und Fürsten Carl zu Schwarzenberg steht, 1867 in Anwesenheit von Kaiser Franz Joseph enthüllt, und eine Art Leo darstellt zwischen den pumpenden Aorten des Wiener Innenstadtverkehrs.

Ich betrachte jetzt den Platz, als wäre er tatsächlich ein Platz und keine an den Autoverkehr verschenkte Fläche.
Wie majestätisch, wie beeindruckend könnte der Schwarzenbergplatz sein, flankiert von Palais und Prunkbauten, dem Haus der Industrie, dem Haus der Wiener Kaufmannschaft, dem Palais Wertheim, dem Palais Ofenheim, symmetrisch ausgerichtet auf Fischer von Erlachs Palais Schwarzenberg, den Hochstrahlbrunnen, das Heldendenkmal der Roten Armee.

Hinaus in die Welt

Ich stelle mir die Abwesenheit des Verkehrs vor. An seine Stelle träte ein Ort der Gemeinschaft, eine urbane Landschaft von imperialer Dimension, Bäume, Blumenbeete, Schattenbuchten, Cafés, Restaurants, Begegnungszonen für Menschen, nicht für Maschinen.

Ich besteige die Treppenanlage der Künstler Bartholomäus Kinner und Samuel Seger gleich hinter dem Reiterdenkmal, Kunst im öffentlichen Raum, die ich als Ausguck in eine Zukunft nutze, wie ich sie mir ersehne. Die besten Architekten bekämen den Auftrag, diesen vielleicht schönsten Platz von Wien der Bevölkerung zurückzugeben, und ich muss auf meinem Ausguck lächeln.

Natürlich weiß ich, dass keine Idee diese Stadt so verstört wie die Eindämmung des Straßenverkehrs, die Abschaffung von Parkplätzen, die fußgängerfreundliche Neuinterpretation urbaner Gemeinschaft. In diesem Moment träume ich davon, dass wir die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo als Stadtplanungsverantwortliche nach Wien lotsen könnten, die in Paris in die Realität umsetzt, was ich mir für Wien wünsche. Eine Utopie, ich weiß. Aber sie muss hinaus in die Welt.