Leben

Der Aufsteiger

Unmöglich? Ein Wort, das David Lama nicht kennt. Schon gar nicht, seit er selbst bewiesen hat, wie relativ so eine Zuschreibung ist. Am 21. Jänner 2012 gelang ihm die Besteigung des Cerro Torre, eines 3.128 Meter hohen Granitberges an der argentinisch-chilenischen Grenze. Der Cerro Torre ist nicht irgend einBerg. Es ist jener Berg, den zahlreiche Alpinisten für unbezwingbar hielten. "Nicht machbar", meinte der französische Alpinist Lionel Terray 1952. "Du hast nicht den Hauch einer Chance", kommentierte US-Altmeister Jim Bridwell, der selbst schon auf den "Torre" geklettert ist. Getätigt hat er die Aussage im gleichnamigen Film "Cerro Torre – nicht den Hauch einer Chance", der derzeit im Kino zu sehen. Er dokumentiert den unglaublich spektakulären Aufstieg Lamas über die Südostflanke des Berges im Freikletterstil.

Die Dokumentation "Cerro Torre – Nicht den Hauch einer Chance", läuft derzeit im Kino und zeigt den beschwerlichen Weg David Lamas auf den Gipfel eines angeblich unbezwingbaren Berges.

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Hilfsmittel dienen nur der Selbstsicherung, was vor Lama noch keinem Alpinisten gelungen ist. Die Wenigen, darunter auch der Amerikaner Jim Bridwell, die sich bis heute am "Torre" versuchten, hatten alle Hilfsmittel benutzt. Leicht ist der Aufstieg auch Lama nicht gefallen, obwohl er schon vor vielen Jahren als Wunderkind der Kletterszene galt. Er war zehn, als er den ersten Rekord schaffte: als Jüngster eine 8a-Route zu klettern. Mit 16 wurde er dann der jüngste Weltcupsieger aller Zeiten und mit 19 reiste er nach Patagonien, um es mit dem "Torre" aufzunehmen. Die Filmcrew rund um Regisseur Thomy Dirnhofer hatte ursprünglich mit sechs Wochen Drehzeit gerechnet. Dass es drei Anläufe und damit drei Jahre brauchen sollte, ehe Projekt und Film im Kasten waren, damit hatte keiner gerechnet. Die Doku, die atemberaubende Bilder der Bergwelt zeigt, lässt erahnen, welche Entbehrungen der ehemalige Sportkletterer auf sich nehmen musste, um den Sprung zum angesehenen Alpinisten zu schaffen.

Am meisten Probleme machte Lama und seinem Kletterpartner Peter Ortner aber das Wetter. Nur wenige Tage pro Jahr zeigen sich Wind, Schnee und Eis so gnädig, dass besonders mutigen Bergsteigern der Aufstieg gelingt. Die spiegelglatten Wände, an denen nicht einmal das Auge des Laien eine Möglichkeit zum Verweilen entdeckt, machen es Alpinisten auch nicht leichter. Doch Lama liest den Berg. Der Film zeigt, wie das Ausnahmetalent selbst auf scheinbar ausweglosem Terrain eine Möglichkeit zur Fortbewegung findet und sich wie Spiderman langsam aber sicher nach oben hantelt. Wüsste man es nicht besser, würde man einen Special-Effect vermuten. Doch plötzlich rutscht Lama ab und donnert ins Seil. Jetzt wird einem wieder bewusst: Hier ist alles echt. Hier ist ein Mann, der die Angst wohl nur vom Hörensagen kennt. "Scheiße", sagt Lama ruhig und versucht den Aufstieg wenig später erneut. Die Kamera zeigt ein Close-up seiner blutigen Fingerkuppen, die entschlossen in ein Chalkbag tauchen. Und irgendwann steht der Held schließlich mit seinen Helfern am Berg – erfreut, aber nicht euphorisch, müde, aber nicht erschöpft – und schaut zielgerichtet in die Ferne, wo das nächste Abenteuer wartet. Der Masherbrum, auch K 1 genannt, liegt im Norden Pakistans. Einmal hat der mit 7.821 Metern siebthöchste Berg des Karakorum, Lama und Ortner, der sich damals verletzte, schon abgeworfen. Aber im Mai versucht sich das Duo erneut an der bislang undurchstiegenen Nordostwand. Dann beginnt das Spiel des scheinbar Unmöglichen, an dem sich alle Zweifler beteiligen, erneut. Im Gegensatz zu Lama, der sagt: "Ich glaube fest daran, dass man durch diese Wand klettern kann." Dem Masherbrum zollt er aber Respekt. "Es ist auf jeden Fall ein Grenzgang."