Das ganz Arge
Von Gabriele Kuhn
ringliche Leser-Anfrage (wie in den vergangenen elf Jahren eh schon öfters): Erleben Sie das alles auch, was Sie schreiben? Da reagiert man gerne mit Floskeln wie „Die Lady genießt und schweigt“ oder – je nach akuter Stimmungslage: „Kann Ihnen das nicht total wurscht sein?“ Ehrlich: Ich war noch niemals in – äh – auf, hm unter, auch nicht in oder gar über ... nein, doch nicht. Dieses Stück Geheimnis sei mir weiterhin erlaubt. Und jenem charmanten Herrn, der auf höchster Chef-Ebene wegen eines „aktuelleren Fotos von Gabriele Kuhn, die ist ja jetzt auch schon ziemlich alt“ interveniert hat, dem sei gesagt: Ja, eh. Das mit dem Foto wird demnächst mal erledigt, wenn es grad sonst nix Wichtigeres zu tun gibt (Anm.: Schicke aber gerne per Mail Porträtfotos aus dem Genre „Morgentau – gerade aufgewacht, verquollen, ungeschminkt“ zu.)
Zurück zum Thema – heute, trara – Authentisches. Das kommt so: Vor kurzer Zeit landete ein FOCUS-Magazin auf meinem Schreibtisch, Cover: „Liebe im Büro – Warum sie immer mehr erwischt.“ Nun, ich weiß nicht, wie viele Leserinnen und Leser dieser Rubrik wissen, dass ich seit Jahren mit einem Kollegen liiert (klingt sexkolumnenaffiner als „verheiratet“) bin (und mit ihm eine Paar-Kolumne namens „Paaradox“ schreibe). Und das kam so: Ich hab das gemacht, was ich nie machen wollte: Ich hatte Sex mit „dem aus dem Sport“ (um später zu erfahren, dass ich ein „Ranglisten-Hase“ war, aus der Reihung „fuckable/not so fuckable“). Das mir – wo ich mich bis zur Pensionierung an den Grundsatz „Don’t fuck in the factory“ halten wollte. Hielt nicht, auch wurscht. Manchmal muss eine Frau Regeln brechen, um Spaß zu haben. Der dauert jetzt auch schon fünfzehn Jahre.
Wer hat diese blöde Regel überhaupt aufgestellt? Laut FOCUS ist es nämlich so, dass „Bürolieben“ besser als ihr Ruf sind, und das häufiger als gedacht: In Deutschland ist jede zehnte feste Partnerschaft das Ergebnis einer Work-Station-Liaison. Fündiger wird man nur im Freundeskreis oder an den Aufriss-Hot-Spots, wie etwa Bars. Die kollegiale Liebe hat Vorteile: Wir sprechen eine ähnliche Sprache, uns bewegen ähnliche Dinge, wir tragen einander nicht nur ins nächste Federbett, sondern durch Karriere-Hochs und -Tiefs. Mit den Worten des Psychotherapeuten aus dem „Büroliebe-Report“: „Wir fühlen uns zu Kollegen hingezogen, weil sie eine ähnliche Sprache sprechen, unsere Interessen teilen. Das gemeinsame Dritte, das für Partnerschaften so wichtig ist, stellt sich automatisch her.“ Mit ein wenig Glück freilich.
Was nämlich weniger fein kommt: Die Tag-danach-Ignoranz nach einem – sagen wir – Kopierkammerl-Fick am Rande eines Büroumtrunks. Hier gilt es, seine akute Geilheit auf den würzigen Kollegen aus dem Nachbarzimmer bewusst zu reflektierten und Folgendes für sich zu checken: Kann ich damit leben, dass er nach getaner Leibesübung und ausgeschlafenem Rausch wieder „Sie“ zu mir sagt und mich in der Kantine ignoriert? Oder entleibe ich mich dann? Falls das passt – let’s do it. Im besten Fall pusht das sogar den Output: Laut Sexualforscherin Shere Hite gibt es nämlich in jedem erfolgreichen Team eine erotische Komponente.