Leben

Sparstrumpf für Eizellchen

"Mama“, sagte das Kind, „kauf’ schon einmal einen schnittigen Sparstrumpf und wirf kräftig Schotter hinein, damit ich später einmal meine Eizellchen einfrieren kann.“ – „Schatzi, du bist gerade einmal 20, du hast doch noch Tonnen Zeit.“ – „Eben nicht. Die rast im Schweinsgalopp dahin. Flugs bin ich 25, hänge in meinem Burnout-Debüt und hab’ noch immer keine Weltreise gemacht, weil die Wirtschaftskrise mich in die Mühlen prekärer Beschäftigungen zwingt. Wahrscheinlich kriegt mein Typ genau dann eine Mein-Leben-braucht-wieder-Sinn-Krise und brennt mit einer 17-jährigen Kickbox-Bezirksmeisterin durch und ich schaue durch meine lieben Fingerchen.“ Sie blinzelte durch ihre aufgefächerten Hände und setzte dabei ihren allerärmsten Mädchen-mit-den-Schwefelhölzchen-Blick auf: „Schließlich hab’ ich echt keine Lust, mit 38 mein sauer Verdientes irgendwelchen abgefeimten Fertilitätsspezialisten unterzujubeln! Oder in einer Samenbank zu shoppen.“ Für das Kind war 38 definitiv das Alter, wo man nichts mehr zu befürchten hatte, weil es auch nichts mehr zu hoffen gab. „Von so viel Lebensplanung krieg’ ich jetzt echt Sodbrennen“, seufzte ich, „ich kenne außerdem Prachtkinder, die das Resultat von One-Night-Stands sind.“ Sie packte mich am Handgelenk: „Hiergeblieben, du Hippie-Braut! Man braucht ein Konzept. Das Leben ist eben keine Jamsession ...“ – „Denke an Herrn Lennon! Das Leben ist das, was dir passiert, während du damit beschäftigt bist, Pläne zu machen.“ – „Mama, als dieser Dude erschossen wurde, war ich noch nicht einmal auf der Welt. Sei bitte nicht so Retro.“ – „ Old school ist das neue Angesagt. Die fantastischen Sachen, die mir passiert sind, waren übrigens nie geplant.“ – „Wie zum Beispiel ?“ – Ich tippte ihr auf die Schulter: „Wie zum Beispiel das da!“

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