Leben

Wie aus einem Elmayer-Bootcamp

Der Fortpflanz hat ein neues Glück. Der Mann wirkt wie aus einem Elmayer-Bootcamp – er behandelt mich nicht (wie manche seiner Vorgänger) wie einen tropischen Virusträger oder eine unabwendbare Naturkatastrophe, sondern grüßt freundlich, spricht in ganzen Sätzen, bedankt sich für Nahrung, findet Drogen langweilig und hat einen echten Lebensplan. Er fällt auch nicht ins Vampir-Genre, sondern erscheint am Sonntagmorgen schon gegen elf Uhr. In früheren Jahren war der Jugendtrakt um diese Zeit noch zappenduster, allenfalls kam es zu leichten Bewegungsmeldungen gegen 15 Uhr und Frischluft galt dort sowieso als völlig überschätzt. Wenn die Kinder im Rudel auftauchen, lege ich ihnen einen roten Teppich ins Wohnzimmer und ziehe mich kampflos in meine amöbengroße Schlafzelle zurück. Ich versuche meine Begeisterung dennoch in Grenzen zu halten. Denn aus der eigenen Biografie weiß man, dass die Typen, die die eigene Mutter „so süß und wahnsinnig nett“ fand, in der Sekunde ihr Ablaufdatum in roten Leuchtbuchstaben auf der Stirn blinken hatten. So schnell konnten die gar nicht schauen, waren sie schon durch solche nachbesetzt, deren Charakter vom Verlässlichkeitsgrad der italienischen Post inspiriert waren und die auch sonst ein scheunentorweitoffenes Verhältnis für Unfug aller Art besaßen. Als das Kind mich unlängst fragte, wie ich den Herren ihres Herzens so fand, heuchelte ich: „Naja, geht so...“ Da das Kind aber eher nicht auf der Buchstabensuppe daher gepaddelt ist, sah es mich lang sehr scharf an und sagte: „So schlau wie du, bin ich schon länger. Es stört mich nur minimal, wenn du ihn sehr super findest. Versprochen!“ Ich flüsterte errötend: „Ziemlich sehr super!“

Lesung im Rabenhof: „Schneewittchenfieber“ mit Maria Happel & Polly, 12. 10. um 11 Uhr.

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