Kolossal effizienzneurotisch
Von Polly Adler
Awesome! Das von Anglizismen verseuchte Kind stülpt dieses Adjektiv jedem superlativwürdigen Ereignis um. Für Negativ-Etikettierungen müssen im Fortpflanz-Universum „groase“ oder „voll zach“ herhalten. Es ist mir klar, dass in diesem Lichte der Begriff „cool“ inzwischen ure-uncool geworden ist. Sie zitiert in diesem Zusammenhang ihre Vornamensvetterin, Frau McCartney: „Wer sich bemüht, cool zu sein, wird automatisch uncool.“ Also weg damit. Aber noch schlimmer sind Menschen, die ihrer Begeisterung mit „lässig“ oder „echt leinwand“ Ausdruck verleihen. Die sind einfach „irgendwas“, wie der Fortpflanz scheintote Personen und ermüdende Angelegenheiten zu beschreiben pflegt. Weil man aber doch lieber irgendwer sein möchte, versucht man „situationselastisch“ (Aus welchem Führungskräfteseminar hat dieses Wort gefunden?!) Originalität zu wahren. Mein Großvater, der ein hocheleganter Mann war und auch vor sechs Uhr kaum braune Anzüge trug, dekorierte seine Freudenoden mit Audrücken wie „ganz kolossal“ oder „fabelhaft“. Mit diesem schrulligen Arsenal versuche ich dem Kind gerade das Wort „lecker“ auszutreiben. Auch so ein Fleckenfieber-Virus: Jedes dahergelaufene Weckerl wird neuerdings mit diesem Piefkonen-Zertifikat versehen. Solche Debatten würgt sie mit den „TMI“ ab, die Initialen stehen für „Too much information“. Ich kontere bei Zoff mit „DCB“. Mein Heimseiten-Guru (noch UC – under construction) hat mir erklärt, dass das die gängige Marketing-Abkürzung für „Don't cross these borders“ steht, die für klare Abgrenzungen innerhalb einer „brand“ sorgt. Apropos klare Abgrenzungen: Bei den „Awesomeisten“ gibt es zwei Männertypen: Die, die auf den ILY-Zug aufspringen oder die diese Entwicklung verweigern. ILY = I love you. Kolossal effizienzneurotisch, oder?
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