Bülent Ceylan über Humor
Von Barbara Reiter
freizeit: Bülent, du hast als Comedian schon vor 42.000 Leuten gespielt. Das hat schon Rockstar-Format. Du musst ja der lustigste Mensch der Welt sein.
Bülent Ceylan: Das stimmt natürlich, aber ich stehe auch schon seit 16 Jahren auf der Bühne. Als ich in meiner Heimatstadt Mannheim angefangen habe, waren gerade mal 17 zahlende Zuschauer da. Ich habe mich halt langsam gesteigert.
Und was machst du in deinen Shows, dass das so viele Leute sehen wollen?
Es ist nicht so wie in einem normalen Kabarett, wo einer auf der Bühne steht, etwas erzählt und die Leute lachen dann mal. Ich versuche wirklich, alle paar Sekunden einen Gag zu bringen, ganz „American Style“ halt. Mir ist am liebsten, die Zuschauer lachen durch. Es ist eine richtige Show mit Bühnenbild, das sich immer wieder verändert, Projektionen und ganz viel Pyro. Da geht von Anfang an die Post ab, das sag ich dir.
Wann hast du denn zum ersten Mal gemerkt, dass du ein witziger Kerl bist?
Eigentlich schon als Kind. Da habe ich es geschafft, meine Mutter zum Lachen zu bringen, wenn sie mal traurig war. Sie war mein erster Fan. In der Schule war ich ja am Anfang eher ruhig und schüchtern.
Und dann?
Haben die Leute irgendwann gemerkt, dass ich gut Leute imitieren kann, Politiker zum Beispiel. Deshalb habe ich für meine Programme auch eigene Charaktere entwickelt, wie Hassan, Mompfred oder Anneliese, die übrigens aussieht wie die Schwester von Conchita Wurst.
Du selbst siehst ihr aber auch ähnlich. Würdest du dir den Bart noch ein bisschen wachsen lassen ...
Ich bin halt nicht ganz so dünn. Aber lackierte Fingernägel hab’ ich, wobei ich das privat eher selten mache. Aber das neue Programm heißt ja „Haardrock“ und da passt das dann perfekt.
Du kommst im Herbst mit „Haardrock“ nach Wien. Hast du dich schon mit der österreichischen Seele befasst?
Natürlich, ich war ja schon ein paar Mal hier und habe meine Fan-Gemeinde. Der Österreicher wird manchmal so dargestellt, als müsse bei ihm immer alles eine Ordnung haben. Nach dem Motto, etwas gehört sich so oder so. Aber ich bin draufgekommen, dass ihr lockerer seid, als man im Ausland oft von euch denkt. Zumindest mein Publikum. Der Österreicher mag es auch nicht, wenn man abgehoben spricht. Deshalb haben es einige Kollegen, die nur Hochdeutsch sprechen auch schwer hier.
Da besteht ja bei dir keine Gefahr. Welchen Dialekt sprichst du?
Ein Mannheimer Dialekt. Der vermittelt etwas Warmherziges. Und das ist für euch auch ganz wichtig. Sonst heißt es gleich: Was will der von uns?“
Sprichst du auch Österreichisch?
Heast, kloa. Wenn ich bei euch spiele, baue ich ja immer euren Dialekt ein. Ois leiwand, Oida, geh? Oder: Bist du schiach oder bist du sche? Du hast zum Beispiel „schene Fiaß“.
Schöne Füße? Oh, danke. Ein unerwartetes Kompliment.
Erstens bin ich Fußfetischist und zweitens mögen es die Österreicher, wenn man ein bisserl charmant ist, habe ich gelernt. Dein Lachen mag ich auch.
Jetzt werde ich gleich rot. Du hast ständig mit lachenden Menschen zu tun. Nimmst du das Lachen als großes Ganzes wahr, wenn du auf der Bühne stehst, oder stechen einige Zuschauer-Lacher heraus?
Erinnern kann ich mich zum Beispiel an Gabi. Sie war 50 oder 60 Jahre alt und saß vor Kurzem rechts außen. Das weiß ich noch ganz genau. Denn sie hatte ein Lachen, das ich noch nie zuvor gehört hatte, obwohl ich schon 16 Jahre auf der Bühne stehe. Sie hat zuerst gestöhnt und erst dann gelacht. Daraufhin habe ich sie angesprochen und gesagt: „Wie muss das erst sein, wenn man mit dir ...“ Egal!
Eis isst, wolltest du sagen. Wie lachen denn die Leute sonst noch so?
Manche Damen nehmen beim Lachen ihre Hand vor den Mund, weil sie ihre Zähne nicht zeigen wollen. Da sage ich immer: „Bitte macht das nicht, lacht einfach drauf los. Da kommt ja kein Alien raus.“ Manche lachen wie Enten. Das ist so ein „Quäck, Quäck, Quäck“. Wieder andere kichern, obwohl ich keinen Witz gemacht habe. Das sind jene, die Aufmerksamkeit brauchen. Und dann gibt’s die, die quietschen oder lachen, als ob sie einen „Schoaß“ gelassen hätten, wie ihr Österreicher sagt. Da denk ich mir schon öfter mal: „Wie krass ist das denn eigentlich?“
Kleiner Sprachunterricht: Das heißt, pardon, wenn schon „Schaß“.
Zum Glück lehrst du mir das noch richtig. Jedenfalls dachte ich schon öfter, dass jemand im Publikum pupst. Es kam dann auch ein Wind, aber es hat nicht gerochen. Es war nur von der Windmaschine.
Eigentlich wollte ich mit dir ja ein todernstes Interview führen. Kannst du überhaupt ernst sein?
Ja, wenn es um Sachen geht, die unfair sind. Zum Beispiel, wenn jemand nicht ehrlich zu mir war, das aber bestreitet, ich aber ganz genau weiß, was Sache ist. Da werde ich sehr zornig. Auch, wenn es um Nationalsozialismus geht. Da mache ich mich gerne darüber lustig. Denn Humor kann eine sehr gute Waffe sein.
Was ist denn im Moment ein guter Witz, um in einer Runde gut anzukommen?
Mit Witzen habe ich es gar nicht so. Das müssen einfach gute Geschichten sein.
Du hast Glück mit deinem Namen. Bülent bedeutet edel.
Und Ceylan heißt junges Reh. Ich bin also das Bambi unter den Komikern.
Bambis sind bekannt für ihre traurigen Rehaugen. Wann hast du denn zuletzt geweint?
Mein Vater, den ich sehr geliebt habe, ist 2012 gestorben. Er ist auf einer DVD verewigt. Wenn ich das sehe, ist das ein sehr emotionaler Moment. Aber es gibt noch eine Szene, die mich bewegt.
Welche denn?
Im Abspann sieht man mich in Zeitlupe. Meine Gestik und Mimik wirken dadurch sehr theatralisch. Dann werden auch noch Menschen eingeblendet, die lachen. Das wirkt in der Verlangsamung auch berührend. Als mein Vater starb und ich diese Szenen gesehen habe, kam mir die Assoziation, dass man mich so präsentieren könnte, wenn ich einmal tot bin. Das hat mich traurig gemacht.
Dein Vater war immer wieder Teil deines Programms. Kommt er noch darin vor?
Ich musste nach seinem Tod einige Wochen Tour-Pause machen, um mich wieder zu fangen. Mittlerweile kann ich aber wieder über ihn reden, ohne in Tränen auszubrechen. Vor Kurzem habe ich den deutsch-türkischen Freundschaftspreis für Kultur im Bayerischen Landtag bekommen. Der heißt „Kybele“ und wurde vergangenes Jahr für den Bereich Politik auch an Angela Merkel verliehen. Bei der Dankesrede habe ich von meinem Vater gesprochen und gemerkt, dass ich wieder gut von ihm erzählen kann.
Was hast du denn erzählt?
Eine Anekdote, bei der sich mein Vater den Kopf gestoßen hat, als er ins Auto eingestiegen ist. Normalerweise würde man dann sagen: „Scheiß Tür.“ Er hat aber gesagt: „Scheiß Kopf.“ Er war wirklich ein lustiger Mensch. Und weißt du, was mir nach der Preisverleihung passiert ist?
Du hast dir den Kopf angeschlagen.
Genau. Da dachte ich mir, Papa hat mitgekriegt, dass ich über ihn gesprochen habe. Entweder hat er sich kaputt gelacht oder sich gedacht: „Wenn du solche Witze machst, zeige ich dir mal, wie es ist, sich den Kopf anzuhauen.“ In dem Moment dachte ich an höhere Mächte. Ich glaube ja an Gott und daran, dass gewisse Dinge nicht nur so passieren.
Zum Schluss kommen wir um ein Thema nicht herum. Weißt du welches?
Mein Sex-Appeal, ganz klar. Okay, ich bin jetzt mal ernst. Also ich lasse mir die Haare wachsen, seit ich 16 bin. Das bin einfach ich. Ich bin Metaller und brauche sie dringend zum Headbangen.
Hast du denn diverse Haar-Utensilien mit, wenn du auf Tour bist? Einen Fön zum Beispiel?
Ich hatte lange einen Fön dabei. Und ich merke gerade wieder, dass die Hotel-Föns zwar für kurze Haare recht praktisch, für lange aber ungeeignet sind. Der muss also das nächste Mal wieder in den Koffer.
Färbst du?
An den Schläfen schon. Ich bin 38 und werde da schon ein bisschen grau.
Was müsste passieren, dass du dir die lange Mähne abschneidest?
Das mache ich dann, wenn ich nur noch ein paar Strähnen am Kopf habe, weil das möglicherweise nicht mehr sexy aussieht.
Verrätst du uns noch, welches Shampoo du benutzt? Dein Haar glänzt wie Seide.
Viel wichtiger als Shampoo ist ja Haaröl. Du musst ein bisschen davon in die Spitzen geben und alles wird gut.
Bülent Ceylan feiert mit seinem neuen Programm „Haardrock“ am 18. 9. in Wien Premiere. www.buelent-ceylan.com