HR-Chef Christian Dorfinger: „Gerade jetzt rekrutieren“
Von Sandra Baierl
Dass es für die junge Generation nicht leicht ist, derzeit ins Berufsleben einzusteigen, erkennt auch die Erste Group. Man habe das Fortbestehen der Trainee- und Einsteigerprogramme überdacht, sei aber zu dem Schluss gekommen: Die Welt darf nicht stehen bleiben. Auch heuer und nächstes Jahr werden deshalb in der Erste Group Trainees und Einsteiger aufgenommen.
Wenn auch unter veränderten Bedingungen: Viele Kollegen arbeiten aktuell aus dem Homeoffice, die (neuen) Bürotürme sind zum Großteil leer. Auch die Auslandsentsendungen hat man weitgehend gestrichen. Wie die Situation genau ist, erklärt Christian Dorfinger, der seit über fünf Jahren in der Erste-Group Head of Recruiting und Employer Branding ist. Er betreut damit alle Neueinstellungen – vom Ferialpraktikanten bis hinauf in die Chefebenen. Seit 20 Jahren ist Dorfinger im HR-Bereich, war vorher bei OMV und Western Union tätig.
KURIER: Wie schwierig ist es aktuell, junge Menschen neu ins Unternehmen zu holen?
Christian Dorfinger: Sehr schwierig. Der Alltag ist komplett anders als früher. Aber junge Leute ins Unternehmen zu holen – das ist und bleibt für uns ein Riesenthema. Wir haben im Jahr zirka 60 Trainees, die hauptsächlich in den Filialen tätig sind, von HAK-AbsolventInnen bis zu AkademikerInnen und berufserfahrenen, kaufmännisch ausgebildeten Personen. Wir haben aber auch unser Group Graduate Programm, das läuft weiter. Es richtet sich an AkademikerInnen, Master-AbsolventInnen aus Unis und FH, die wir durch ein 18-monatiges Programm schicken und hier im Head Office in verschiedenen Bereichen einsetzen.
Was ist so schwierig geworden?
Die Auswahl der KandidatInnen und das Onboarding. Auswahl und Assessment findet für Junge zu 60 Prozent virtuell statt. Die wahre Aufgabe ist aber dann das Onboarding, weil das braucht die persönliche Ansprache, den Kontakt zu anderen. Das Soziale ist wichtig, auch, dass man einmal mit anderen Personen aus dem Betrieb auf einen Kaffee geht.
Das Gemeinsame fehlt, die Unternehmensluft.
Der Erste Campus ist leerer als gewohnt. Das ist gewöhnungsbedürftig. Unsere Teams wechseln im Moment ab, wir sehen einander weniger. Für uns in der Erste Group ist das Miteinander aber ein extrem wichtiger Faktor. Wir arbeiten im Normalfall mit verschiedenen Leuten sehr viel zusammen. Der Austausch ist auf direkter, persönlicher Ebene einfacher, konkreter, ergiebiger. Das geht aktuell nicht. Wir haben uns in der ersten Corona-Panik die Frage gestellt, ob wir unter diesen Bedingungen überhaupt Junge einstellen oder ob wir die Programme aussetzen sollen. Aber wir haben erkannt, dass wir hier kein Loch haben dürfen. Auch a-zyklisch agieren und gerade jetzt rekrutieren müssen.
Sie haben die Auslandseinsätze in den Ausbildungsprogrammen eingestellt?
Ja, für Trainees gibt es das derzeit nicht. Konkret wird es heuer und auch zumindest im ersten Halbjahr 2021 keine Entsendungen ins Ausland geben können. Das ist für viele Junge schwierig, weil sie reisen und die Welt kennenlernen wollen. Aber ich gehe davon aus, dass das wieder kommen wird.
Wie sieht der Bewerbermarkt aktuell aus?
Wir merken definitiv viel mehr Bewerbungen und mehr Interesse vonseiten der Jungen. Es ist schwierig geworden für Absolvierende, in dieser Zeit einen Job zu finden. Viele Unternehmen können es sich derzeit nicht leisten, MitarbeiterInnen anzustellen, andere müssen sogar kündigen. Das schlägt sich in den Bewerberzahlen nieder.