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Bedeutendes Infrastrukturprojekt in Europa: Koralmbahn stärkt den Wirtschaftsraum Kärnten

In 45 Minuten von Graz nach Klagenfurt – dank der Koralmbahn ist das bald nicht mehr nur Wunschdenken. Die Verringerung der Fahrzeit von rund drei Stunden auf nur 45 Minuten ist aber bei Weitem noch nicht alles, was die Koralmbahn an positiven Effekten mit sich bringt. Eine breit angelegte Studie der JOANNEUM RESEARCH und des Instituts für Wirtschafts- und Standortentwicklung hat die Auswirkungen dieses wichtigen Infrastrukturprojekts unter die Lupe genommen.

Strecke: Graz (Steiermark) – Klagenfurt (Kärnten)

Streckenlänge: 130 km

Tunnel: 47 km Tunnel (davon 33 km Koralmtunnel)

Bahnhöfe: 23 Bahnhöfe und Haltestellen

Geplante Fertigstellung: 2025

Die positiven Effekte der Koralmbahn im Überblick

1. Bevölkerungswachstum aufgrund besserer Erreichbarkeit

Die Koralmbahn ermöglicht es, zukünftig in 45 Minuten von Graz nach Klagenfurt zu gelangen. Dadurch haben die Menschen in den Gemeinden rundum die Koralmbahn einen besseren Zugang zur städtischen Infrastruktur. Das könnte dabei helfen, die Abwanderung der Bevölkerung in die Städte einzudämmen und den negativen demografischen Trend in der Region Südösterreich brechen. Wie gut sich das Vorhandensein eines Bahnhofs auf das Bevölkerungswachstum auswirkt, wird auch in der Studie ermittelt: So soll der Zugang zu einem Bahnhof das erwartete Bevölkerungswachstum um zwei Prozent steigern.

2. Kärnten und die Steiermark wachsen zusammen

Durch die Koralmbahn entsteht eine sogenannte urbane Agglomeration. Das bedeutet, dass all jene Gemeinden, die im Schnitt in rund 40 Minuten einen der 23 geplanten Bahnhöfe entlang der Strecke erreichen können, zu einem Kerngebiet zusammenwachsen. Das Einzugsgebiet umfasst daher keineswegs nur die Ortschaften unmittelbar entlang der Strecke von Graz nach Klagenfurt, sondern zieht sich von der südlichen Obersteiermark bis hin nach Villach. So entsteht ein neuer Wirtschaftsraum mit rund 1,1 Millionen Einwohner:innen.

3. Abgelegene Orte werden nachhaltig gestärkt

Die Orte, die im Einzugsgebiet der Bahnhöfe sind, werden nachhaltig gestärkt. Es siedeln sich neue Firmen an, weil die Region attraktiver wird und das Angebot an Arbeitskräften steigt. Zwei Bezirke, die besonders vom Bau der Koralmbahn profitieren, sind Wolfsberg und Deutschlandsberg. Diese werden ab der Fertigstellung der Koralmbahn 2026 im Tagespendlerbereich von Klagenfurt und Graz liegen. Sowohl der Bezirk Deutschlandsberg als auch der Bezirk Wolfsberg haben in den vergangenen zwei Jahrzehnten eine enorm positive Entwicklung genommen und konnten den De-Industrialisierungstendenzen in weiten Teilen Europas nicht nur trotzen, sondern sogar entgegenwirken.

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Die verbesserte Verbindung von peripheren Regionen zu städtischen Gebieten wirkt aber auch umgekehrt: Einerseits werden die Randgebiete mit der städtischen Infrastruktur verbunden, was den Menschen Zugang zu Arbeitsplätzen und dem städtischen Ökosystem ermöglicht. Andererseits kann auch der Druck auf die Städte verringert werden, da das Einzugsgebiet sich ausdehnt und sich neue Ballungsräume bilden. So ergibt sich mit dem Bau der Koralmbahn eine Win-win-Situation für beide Seiten.

4. Es entstehen neue Jobmöglichkeiten

Für die Bevölkerung im Einzugsgebiet der Koralmbahn dehnt sich der Suchradius für Arbeitsplätze aus. Durch die bessere Anbindung wird es für sie möglich sein, Jobs in Regionen anzunehmen, die derzeit noch nicht in Tagespendlerdistanz liegen. Damit steigen die Möglichkeiten für Arbeitssuchende in der Steiermark und in Kärnten, eine adäquate Beschäftigung anzunehmen. Umgekehrt steigt auch das Angebot für Unternehmen, genau die Beschäftigten zu finden, die sie benötigen, weil das Einzugsgebiet so extrem vergrößert wird. In diesem Punkt profitiert vor allem Kärnten, weil Klagenfurt so direkt auf den Grazer Arbeitsmarkt zugreifen kann. Das sind über 200.000 unselbständig Beschäftigte, die in diesem neuen Einzugsgebiet zusätzlich erreicht werden können.

5. Kärnten erhöht seine internationale Sichtbarkeit

Mit dem neuen Ballungsraum Graz-Klagenfurt entsteht neben Wien der zweitgrößte Ballungsraum in Österreich. Dieser hat auch international Relevanz, da im deutschen Sprachraum nur Berlin, Wien, München, Hamburg und Köln mehr als eine Million Einwohner:innen zählen. Darüber hinaus ist die Koralmbahn auch Teil der neuen Südstrecke. Diese wiederum ist Teil des Baltisch-Adriatischen Korridors, eine der Hauptschlagadern der österreichischen Wirtschaft, denn er verbindet die wichtigsten Seehäfen mit den aufstrebenden Industriegebieten in Mitteleuropa. 

Zudem soll in vier bis fünf Jahren auch der Semmering-Basistunnel in Betrieb genommen werden können. Diese Gebirgsbahn ermöglicht es, signifikant mehr Güter umzuschlagen, und eröffnet einen Korridor von Triest über den Fürnitzer Trockenhafen bis ins Baltikum. So bildet sich in Fürnitz ein spannender Umschlagort mit vielen neuen Chancen im Logistiksektor, zumal es auch das erklärte Ziel der Europäischen Union ist, möglichst viele Warentransporte von der Straße weg auf die Schiene zu bringen. Dieser hat ebenfalls international Relevanz, da es zu einer besseren Erschließung des Balkanraumes kommt.

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„Die Koralmbahn ist das größte sozioökonomische Projekt in Österreich seit dem Bau der Semmeringbahn. Die vorliegende Analyse zeigt, dass die Auswirkungen, die sich aus der veränderten Erreichbarkeit ergeben, signifikant positiv sind, sowohl in Bezug auf die wirtschaftliche Dynamik und Wettbewerbsfähigkeit, sprich Wirtschaftswachstum und Beschäftigung, als auch in Bezug auf die demografische Entwicklung“, resümiert Eric Kirschner, der als Experte für empirische Sozialforschung die Forschungsgruppe Regionalökonomie und Strukturpolitik am JOANNEUM RESEARCH leitet und maßgeblich an der Studie beteiligt war. 

Neues Förderprogramm für umweltfreundlichen Gütertransport

Dass sich die Koralmbahn auch positiv auf die Umwelt auswirkt, zeigt ein Pilotprogramm des Landes Kärnten und der Wirtschaftskammer. Dieses unterstützt Unternehmen finanziell, die mangels der Menge der zu transportierenden Güter nur Einzelwaggons nutzen könnten – was oft teurer ist als der Transport über die Straße. Die Unternehmen können seit August 2023 eine Förderung von 240 Euro pro Waggon beantragen. „Damit können Mehrkosten, die gegenüber dem LKW-Transport über die Straße entstehen können, abgedeckt werden“, sagt Udo Tarmann, Geschäftsführer des Logistik Center Austria Süd (LCA), welches das Programm abwickelt. Das neue Förderangebot durfte sich schon kurz nach dem Start des Programms über zahlreiche Anträge von Unternehmen freuen, die die Schiene als Transportmittel nutzen wollen. 

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Hintergrund des Förderprogrammes ist das Bemühen Kärntens, im Sinne von Umweltschutz und Nachhaltigkeit die CO2-Emissionen spürbar zu reduzieren. Die Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene ist dabei ein wichtiges Instrument.

Erfolgreiche Kooperationen über Bundesländergrenzen hinweg

Durch das Zusammenrücken von Kärnten und der Steiermark entstehen auch in der Forschung neue Kooperationen, etwa mit dem JOANNEUM RESEARCH, den Silicon Austria Labs, dem Digital Innovation Hub Süd oder dem Silicon Alps Cluster, die in Zukunft weiter vertieft werden sollen. Ein Beispiel für eine erfolgreiche, Bundesländer übergreifende Kooperation ist das Green Tech Valley: ein Netzwerk aus über 300 Unternehmen und Forschungseinrichtungen aus Kärnten und der Steiermark, das sich zu einem Technologie-Hotspot für Klimaschutz und Kreislaufwirtschaft entwickelt hat. Rund 20 der Betriebe, die sich u.a. mit Solarenergie, Biomasse, Wasserkraft oder Recycling beschäftigen, sind globale Technologieführer:innen.

Ein weiteres Beispiel für eine gelungene Kooperation zwischen Unternehmen im Lavanttal mit Sitz in Wolfsberg ist die Competence Group for Clean Production. Sie vereint das Know-how von sechs Unternehmen und über 1.000 Mitarbeiter:innen, um Produkte und Anlagen für industrielle Kund:innen mit Reinraumanforderungen zu entwickeln, zu fertigen und auch die damit verbundenen Planungs- und Wartungsarbeiten abzuwickeln. Dabei zeichnet sich die Kooperation durch eine hohe Bereitschaft der beteiligten Partner:innen aus, in Innovation, Forschung, Entwicklung sowie in die Ausbildung ihrer Mitarbeiter:innen zu investieren.

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