Interview: Das sind die Erfolgsgeheimnisse von Recruiting-Profis
Annemarie Kriegs-Au, gebürtige Wienerin und Geschäftsführerin von Iventa Personalwerbung für Österreich, Deutschland und die Schweiz, verfügt über 20 Jahre Erfahrung im Bereich HR-Dienstleistungen. Seit fünf Jahren ist sie erfolgreich bei Iventa tätig und legt dabei einen besonderen Fokus auf die umfassende Beratung der Kund*innen zu den verschiedenen Recruiting-Kanälen. Ihre Expertise erstreckt sich auch auf den gezielten Einsatz der Kunden-Budgets, um optimale Ergebnisse zu erzielen.
KURIER: Wie hat sich die klassische Stellenanzeige in den letzten Jahren weiterentwickelt, insbesondere im Bereich Media & Tec? Welche neuen Ansätze oder Trends haben sich etabliert?
Annemarie Kriegs-Au: Wir sind als Iventa seit 32 Jahren auf dem Markt und haben ursprünglich mit klassischen Print-Stellenanzeigen begonnen, die gleichzeitig oft als Marketingmaterial für die suchenden Unternehmen dienten. Im Fokus stand häufig, wie die Printanzeige aussieht. Das hat sich maßgeblich verändert! Mittlerweile haben die Online-Stellenbörsen übernommen. In Österreich ist der Anteil von Printanzeigen immer noch relativ hoch. Das liegt stark am regionalen Fokus und an Fachspezifika, etwa im medizinischen Bereich.
Der große Unterschied zwischen Print- und Online-Inseraten ist vor allem der Budgetbedarf. Online haben wir mehr Fläche und mehr Flexibilität zur Verfügung: Es ist einfach, auch im Nachhinein noch etwas zu ändern, und wir spielen die Inserate direkt an die Suchenden aus. Aber auch der Trend der „klassischen“ Online-Anzeige ist heute schon überholt – und das ist ein sehr spannender Change-Prozess. Es ist nicht mehr notwendig, rein auf Stellenbörsen zu inserieren, sondern vielmehr, sich als Unternehmen zu überlegen: Wie erreiche ich meine Zielgruppe wirklich? Dahinter liegt eine starke Marketingdenke. Wir als Iventa beraten unsere Kund*innen zum Thema „Active Sourcing“: Das bedeutet, dass Stellenanzeigen die potenziellen Kandidat*innen dort erreichen müssen, wo diese sich aufhalten. Daher hat das Thema Social Media an Bedeutung gewonnen und Stellenanzeigen werden heute oft über Social-Media-Kanäle weiterverbreitet.
Ein weiterer Ansatz ist das programmatische Schalten von Anzeigen, um gezielt die richtigen Personen anzusprechen. Das beinhaltet zum Beispiel Altersgruppen, Ausbildungsstand oder Wechselbereitschaft. Solche Informationen können wir bereits über berufliche Social-Media-Plattformen wie LinkedIn erschließen. Wenn jemand sein oder ihr Profil aktualisiert oder an seinem oder ihrem Foto arbeitet, lässt das Rückschlüsse darauf zu, dass sich etwas verändert. Bewerber*innen verstehen diese Vorgehensweise immer besser und stellen ihre Profile gezielter auf, insbesondere dann, wenn sie sich in einer Übergangsphase befinden. Dabei bedeutet es nicht zwangsläufig, dass sie aktiv auf Jobsuche sind, sondern vielleicht gerade ihre Zufriedenheit mit der aktuellen Situation hinterfragen. Algorithmen greifen hier ein und spielen Jobs aus, die für diese Personen interessant sein könnten, basierend auf dem Standort, dem Jobprofil oder den angegebenen Interessen.
Es geht also heute weniger um die Stellenanzeige an sich, sondern mehr um die Art und Weise, wie sie transportiert wird?
Absolut! Wenn wir nach speziellen Profilen suchen, haben wir das mit klassischen Stellenanzeigen oft abgedeckt. Suchen wir aber etwa Lehrlinge, also eine bestimme Altersgruppe, wo befinden die sich dann? Bestimmt nicht unbedingt auf einer Jobbörse, sondern am Smartphone – und dort nutzen sie ganz andere Systeme, zum Beispiel TikTok. Da beraten wir unsere Kund*innen und sagen: Wir können nicht eine klassische Stellenanzeige 1:1 auf TiKTok oder YouTube stellen. Das kennt diese Zielgruppe nicht, und es interessiert sie auch nicht. Vielmehr müssen wir die wichtigsten Elemente aus dieser Stellenanzeige herausfiltern und dafür sorgen, dass das dann auch wirklich wahrgenommen wird.
Das klingt, als wäre Recruiting sehr Marketing-lastig geworden.
Genau das ist die Herausforderung. Diesen Spagat müssen wir schaffen, weil wir oft ja auch verschiedene Profile für unsere Kund*innen suchen. Das Wesentliche ist, sich genau anzuschauen, welche Zielgruppe wir ansteuern und wie wir sie aktivieren.
Iventa ist eines der führenden österreichischen Human-Management-Consulting-Unternehmen im DACH-Raum. Die Vernetzung und Entwicklung von Arbeitgeber*innen und Arbeitnehmer*innen ist das Spezialgebiet der Iventa, die vor 32 Jahren gegründet wurde. Mittlerweile vereint Iventa vier Geschäftsbereiche erfolgreich miteinander: Personalberatung, Branding & Culture, Media & Tec sowie IT-Recruiting. Das Unternehmen beschäftigt rund 150 Mitarbeiter*innen und verfügt neben dem Hauptsitz in Wien über Standorte in Graz, Linz, Salzburg, Innsbruck, Frankfurt, Luzern und Bukarest. Weitere Informationen unter www.iventa.eu.
Im Zeitalter der Globalisierung wird internationales Recruiting immer wichtiger. Welche Herausforderungen sehen Sie beim Cross-Border-Recruiting und welche Strategien empfehlen Sie, um qualifizierte Fachkräfte aus anderen Ländern zu gewinnen?
Es ist wichtig zu erkennen, dass Recruiting nicht mehr regional begrenzt ist. Beim internationalen Cross-Border-Recruiting gibt es jedoch auch große Herausforderungen, da sowohl Bewerber*innen als auch Unternehmen mit gläsernen Barrieren konfrontiert sind. Eine der Herausforderungen ist die Sprache. Im IT-Recruiting arbeiten wir beispielsweise stark in anderen Ländern. Wir veröffentlichen Anzeigen in anderen Sprachen und sind in Social-Media-Netzwerken in verschiedenen Sprachen aktiv. Wir haben Kolleg*innen aus verschiedenen Ländern, die diese Bereiche abdecken.
Letztendlich muss die Person, die wir finden, bereit sein, in ein anderes Land zu ziehen. Daher ist es wichtig, dies im Vorfeld mit den Kund*innen zu besprechen. Wir prüfen auch immer genau, ob es wirklich notwendig ist, dass eine IT-Fachkraft beispielsweise in der Muttersprache des Kunden oder der Kundin arbeiten muss. In anderen Fachbereichen wie der Pflege werden Fachkräfte derzeit stark im Ausland gesucht. Es gibt kulturelle und sprachliche Barrieren, die eine Rolle spielen. Der Vorteil des International-Recruitings besteht darin, dass der Teich, in dem wir nach Fachkräften suchen können, größer ist.
Gerade im Bereich Media & Tec gibt es doch bestimmt Jobs, für die man gar nicht umziehen müsste?
Das ist richtig. Mit der Möglichkeit des Home-Office hat sich das Recruiting verändert. Wo man früher bei Stellenanzeigen einen Ort nennen musste, ist es nun häufig das Home-Office. Es ist möglich, Teams in anderen Ländern zu haben und Bewerbungsverfahren vollständig online durchzuführen. Anfangs war dies für viele Unternehmen eine Hürde, aber mittlerweile ist es gängige Praxis geworden. Beim internationalen Recruiting ist es jedoch wichtig zu wissen, wo man suchen sollte. Bei Iventa unterstützen wir Unternehmen dabei, die richtigen Plattformen und Kanäle zu identifizieren, um gezielt qualifizierte Bewerber*innen anzusprechen. Ein Beispiel wäre die Schaltung von Anzeigen in Ungarn, wo hochqualifizierte und interessante Bewerber*innen zu finden sind.
Welche Möglichkeiten gibt es, um die Relevanz einer Stellenanzeige zu steigern? Welche Faktoren spielen dabei eine entscheidende Rolle?
Mit „Relevanz“ sprechen Sie einen wichtigen Punkt an. Bei Online-Stellenanzeigen geht es stark darum, an wie viele Menschen sie ausgespielt werden und wie viele dann auch darauf zugreifen. Damit die Relevanz hier möglichst hoch ist, müssen wir gewisse Parameter berücksichtigen. Das beginnt damit, wie wir den Job nennen, aber betrifft auch, wie wir den Job konkretisieren. Ein Beispiel: Suchen wir nach einer Person, die an jedem Ort in Österreich arbeiten könnte, spielen wir Inserate anders aus, als wenn der Job ortsgebunden ist.
Auch SEO, also Suchmaschinenoptimierung, wird stark unterschätzt. Suche ich heute nach einem Job, kann ich entweder eine Stellenbörse aufrufen – oder einfach Keywords in Google eingeben. Entsprechend wichtig ist, Anzeigen so zu formulieren, dass es für die Suchmaschinen einfach ist, sie zu finden. Da machen wir oft die Erfahrung, dass es sehr „old school“ anmutet und irrelevant ist, Formulierungen zu verwenden wie: „Kommen Sie in unser dynamisches Team“. Gehen wir doch davon aus, dass wir alle dynamisch sind. Mit welchen Keywords wollen wir denn – auch in Richtung Employer Branding – da draußen wirklich funktionieren und die richtigen Leute triggern?
Wie kann ein Unternehmen sein Recruiting-Budget also bewusst und gezielt performance-orientiert einsetzen, um qualifizierte Mitarbeiter*innen zu gewinnen?
Das ist eines unserer Kernthemen bei Iventa. Das Publizieren von Stellenanzeigen ist für Unternehmen natürlich ein hoher Kostenfaktor. Nun kommt dazu, dass Fachkräfte in vielen Berufsgruppen schwer zu finden sind. Es wäre also anzunehmen, dass die Budgets stark wachsen müssten, um Erfolg zu haben.
Da kommen wir ins Spiel: Wir müssen klüger kalkulieren, wie wir das Geld einsetzen. Das geht zum Beispiel mit dem Thema Tracking. Unserer Erfahrung nach analysieren viele Firmen viel zu wenig, woher Bewerber*innen wirklich kommen. In Wahrheit ist das ein Einkaufsprozess, so komisch das klingen mag. Wir analysieren also Monat für Monat: Woher kommen die Leute, welche Plattformen funktionieren in welchen Fällen? Bei Printanzeigen kann man das kaum machen. Aber online haben wir gute Möglichkeiten, monatlich Reportings in HR-Abteilungen zurückzuspielen, um genau das zu besprechen. Diese Transparenz hat aber auch einen Nachteil: Bei vielen Plattformen geht es eher darum, ein Inserat möglichst oft anzuzeigen, und potenzielle Bewerber*innen besuchen erst später die Website des Unternehmens. Dann ist ein Erfolg da, aber wir können ihn nicht konkret, etwa der Instagram-Anzeige, zuordnen.
Können Sie uns die Vorteile von Applicant-Tracking-Systemen für das Recruiting-Prozessmanagement erläutern? Wie können solche Systeme Unternehmen bei der Bewerber*innenauswahl und -verfolgung unterstützen?
Hat man eine gewisse Zahl an Mitarbeiter*innen, sollte man auf ein ATS-System setzen. Welches man wählt, hängt jedoch von den individuellen Anforderungen des Unternehmens ab. Deshalb möchten wir uns nicht zu sehr in diese geschäftsorientierte Entscheidung der Kund*innen einmischen. Dennoch arbeiten wir eng mit verschiedenen Bewerbermanagement-Systemen zusammen, da das Thema Technologie eine wichtige Rolle spielt.
Unser eigenes Programm STELLA ermöglicht beispielsweise die nahtlose Integration mit solchen Bewerbermanagement-Systemen. Dadurch können Stellenanzeigen automatisiert veröffentlicht werden. Gleichzeitig erfassen wir alle relevanten Daten zentralisiert, was Unternehmen umfassende Auswertungsmöglichkeiten bietet.
Ein großer Vorteil für unsere Kund*innen besteht auch darin, dass dank dieser Integration keine Lebensläufe mehr als PDF-Dokumente durch Unternehmen weitergeleitet werden müssen. Situationen, in denen beispielsweise Bewerbungen von Herrn Müller auf unzähligen Desktops herumliegen, werden vermieden. Stattdessen gewährleistet das ATS-System die datenschutzkonforme Verwaltung und Speicherung der Lebensläufe. Nach einer gewissen Zeit werden diese dann automatisch gelöscht.
Welche Rolle spielen innovative Technologien wie KI und Machine Learning im Recruiting-Prozess? Können Sie Beispiele dafür nennen, wie solche Technologien für mehr Effizienz und Genauigkeit sorgen können?
Wir alle machen hier gerade einen Wandel mit. Dabei ist es entscheidend, aus welcher Perspektive wir diese Technologien betrachten. Einerseits geht es darum, den Nutzen von KI zu erkennen und Algorithmen einzusetzen, um beispielsweise die Veröffentlichung von Stellenanzeigen zu optimieren. Hierbei entstehen neue Themen wie der Einsatz von Chat-GPT oder ähnlichen Tools, die wir genau untersuchen.
Dennoch dürfen wir nicht vergessen, dass Recruiting ein "People's Business" ist. Es geht um Menschen und Unternehmenskultur. Eine rein automatisierte Vorgehensweise, bei der Neutralität im Vordergrund steht, nutzt oft wenig. Letztendlich muss der*die Kandidat*in zur Unternehmenskultur passen, und dafür ist menschliches Ermessen erforderlich. Wenn wir beispielsweise eine Firma beschreiben oder das Unternehmen bewerben, könnte Chat-GPT eine solide Antwort liefern. Doch allein aufgrund dieser Antwort können Bewerber*innen nicht beurteilen, ob sie wirklich zur Unternehmenskultur passen. Daher wird der menschliche Faktor im Recruiting immer bestehen bleiben.
Was sich jedoch ändern wird, sind die Prozesse im Recruiting. Wie texten wir unsere Stellenanzeigen? Die Arbeit wird teilweise durch Technologien erleichtert, aber der Kontrollprozess bleibt bestehen. Es geht immer darum, ob man mit den eingesetzten Technologien noch die richtigen Personen erreicht, denn die Anforderungen werden immer spezifischer.
Auch umgekehrt wird es eine Kunst für die HR-Abteilungen sein, zu erkennen, wie viel Aufwand in Bewerbungen gesteckt wurde, die mithilfe von Chat-GPT oder ähnlichen Tools verfasst wurden. Persönlich habe ich kein Problem damit, solange die Bewerbung intelligent gestaltet ist und das System sich weiterentwickelt. Wenn eine solche Bewerbung gut funktioniert, warum nicht? Immerhin hat der*die Bewerber*in effizient gearbeitet. Es bleibt die Frage, wie relevant das persönliche Gespräch ist, und das ist das Spannende daran.
Ich persönlich finde das alles nicht dramatisch, da es wahrscheinlich die natürliche Entwicklung ist, die wir als Gesellschaft selbst ausgelöst haben. Die heutige Generation von Teenager*innen bewirbt sich möglicherweise nicht mehr so, wie wir es getan haben. Zum Beispiel könnte das klassische Bewerbungsanschreiben in Zukunft an Bedeutung verlieren, da möglicherweise das Profil in den sozialen Medien bereits alles aussagt. Dies ist der Bereich, auf den wir uns vollständig einlassen müssen, und wir stellen fest, dass unsere Kund*innen immer mehr Fragen in diese Richtung haben.
Welche Strategien und Kanäle empfehlen Sie, um Kandidat*innen zielgerichtet zu treffen? Gibt es spezifische Plattformen oder Netzwerke, die besonders effektiv sind? Welche Rolle spielt Social Media?
Hier müssen wir stark zwischen beruflichen und privaten Netzwerken unterscheiden. Die beruflichen Netzwerke sind stark im Kommen – allerdings beginnen hier die Grenzen zwischen beruflich und privat zu verschwimmen. Viele Plattformen bieten mittlerweile Webinar-Videos an, die dabei helfen, sich selbst zu vermarkten und das Beste aus dem Profil herauszuholen. Es ist wichtig, dass Bewerber*innen sich dessen bewusst sind und sich aktiv darum kümmern.
Auf der anderen Seite gibt es den privaten Bereich der Social-Media-Plattformen. Hier kommt es darauf an, in welchem Jobbereich man sich bewegt. Wenn man beispielsweise nach Kandidat*innen für eine Bäckerei sucht, kann man auf verschiedenen Plattformen präsent sein. Es geht dabei eher darum, welche Plattformen lokal stark sind. Ist das Snapchat, TikTok und Instagram?
Es gibt auch immer wieder neue Plattformen, und wir haben bei Iventa ein eigenes Team, das sich ständig über die aktuellen Trends informiert und analysiert, welche Plattformen am besten funktionieren und die meisten Klicks generieren. Das ist ein dynamisches Geschäft, und es ist wichtig, immer auf dem neuesten Stand zu sein.
Wie wichtig ist Employer Branding, um qualifizierte Mitarbeiter*innen zu gewinnen? Welche Maßnahmen empfehlen Sie, um eine starke Arbeitgebermarke aufzubauen und sich von der Konkurrenz abzuheben?
Employer Branding ist äußerst wichtig, um qualifizierte Mitarbeiter*innen im Media & Tec-Bereich zu gewinnen. In diesen Bereichen arbeiten wir stark vernetzt und haben viele Kund*innen. Gerade hier reicht eine Stellenanzeige allein nicht aus. Sobald ein*e potenzielle*r Mitarbeiter*in die Website eines Unternehmens besucht und sie schwach wirkt, keine Benefits erkennbar sind und die Navigation schwierig ist, wird er*sie sofort abspringen.
Beim Employer Branding geht es jedoch weniger um die Karriereseite eines Unternehmens, sondern vielmehr um die Werte und die Kultur des Unternehmens. Wir stellen fest, dass Kund*innen hier Probleme haben, und das spiegelt sich in schlechten Bewertungen wider. Es gibt eine große Anzahl von Bewerber*innen, die sich etwa Kununu-Reviews anschauen und denken: "Das sieht nicht gut aus" - und dann abspringen. Da Bewerber*innen heutzutage in den meisten Bereichen die Wahl haben, wo sie arbeiten möchten, können sie auch "Nein" sagen. Daher gibt es derzeit einen starken Boom im Employer Branding.
Für uns ist es wichtig, dass das, was nach außen kommuniziert wird, möglichst der internen Realität entspricht. Lebt das Unternehmen die Werte, die es nach außen trägt, auch tatsächlich? Haben wir wirklich „modernes, junges Arbeiten mit agilen Meeting-Möglichkeiten, Home-Office, flexibler Gestaltungsmöglichkeit des Jobs“? Es kann auch Gründe geben, warum bestimmte Aspekte nicht umgesetzt werden können, und es ist wichtig, dass das Unternehmen zu diesen steht und stattdessen andere Werte betont – zum Beispiel, dass es seit vier Generationen am Markt ist oder dass es sich mit erneuerbarer Energie beschäftigt. Es ist auch wichtig, den Mehrwert für potenzielle Mitarbeiter*innen zu betrachten, die nach einem Job bei einem "coolen" Unternehmen suchen. Was macht das Unternehmen in diesem Fall cool? Es ist wichtig, das aus der fachlichen Perspektive zu betrachten.
Employer Branding ist jedenfalls ein aufsteigender Trend, der darauf abzielt, die Realität des Unternehmens darzustellen, aber auch sehr marketingorientiert ist. Bei unserem Ansatz des Employer Brandings betrachten wir immer die Wichtigkeit aus Sicht der Geschäftsführung. Es geht darum, wie das Unternehmen sich selbst versteht und wie es nach außen wirkt. Diese beiden Aspekte müssen wir in Einklang bringen. Dafür gibt es verschiedene Module, wie zum Beispiel Mitarbeiter*innenbefragungen oder eine Analyse des Unternehmensauftritts nach außen. Es werden Fragen gestellt wie: Welche Menschen arbeiten dort? Was sind derzeit die Schwerpunkte? Es ist ein strategischer Ansatz, und solche Projekte können mehrere Monate dauern.
Beim Employer Branding ist es auch wichtig, dass nicht alles nur online stattfindet. Es gibt Unternehmen, bei denen eine Out-of-Home-Kampagne, wie Plakatwerbung oder Werbung in U-Bahnen, effektiv sein kann. Dadurch kann man das Unternehmen bekannter machen und Interesse wecken.
Welche Trends sehen Sie für die Zukunft des Recruiting im Media- & Tec-Bereich? Gibt es bestimmte Entwicklungen oder Veränderungen, auf die Unternehmen vorbereitet sein sollten?
Es wird immer wichtiger, eine Stellenanzeige nicht einfach nur zu veröffentlichen, sondern einen intelligenten Ansatz zu verfolgen, der auf einer Analyse basiert, wo man geeignete Kandidat*innen finden kann. Das dahinterliegende Wissen und die Kenntnisse werden immer tiefer verankert sein müssen. Besonders im Mittelstand oder bei kleinen Unternehmen, wo oft niemand speziell für das Recruiting zuständig ist, wird das eine wichtige Entwicklung sein. Stellenanzeigen werden nicht mehr einfach von Geschäftsführer*innen oder Assistent*innen veröffentlicht, sondern es wird ein tieferes Verständnis dafür erforderlich sein, wie man gezielt Bewerber*innen anspricht.
Eine Stellenanzeige ist nun einmal nicht mehr nur eine Stellenanzeige, so wie sie das früher einmal war. Es geht mehr denn je darum, die Zielgruppen über den richtigen Kanal konkret anzusprechen und ein Verständnis für die potenziellen Bewerber*innen aufzubauen. Es ist wichtig zu wissen, dass jede*r Bewerber*in heutzutage zweimal hinschaut, wo sie oder er sich bewirbt und das Unternehmen dabei ganz genau unter die Lupe nimmt.