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Interview: „Das MuseumsQuartier ist ein Tor zur Zukunft“

Dürfen wir uns auf die Winterzeit im MQ freuen?

Christian Strasser: Der Winter ist im MuseumsQuartier immer eine besondere Zeit, auf die sich viele Menschen freuen. Im vergangenen Jahr haben wir, bedingt durch die Pandemie, eine Ausnahmesituation erlebt. Wir mussten auf das Gewohnte und das Beliebte verzichten. Mit Projektionen haben wir das Areal trotzdem zu einer schönen Erholungsinsel inmitten der Stadt gemacht. Aber wir haben diese Situation auch zum Anlass genommen, über ganz neue Ideen nachzudenken. Mit diesem Elan verwandeln wir jetzt das MuseumsQuartier in einen Wintergarten. So können die Besucherinnen und Besucher, trotz der noch nicht ganz überstandenen Pandemie, eine zauberhafte Atmosphäre genießen. Das Geschehen wird sich auf alle Höfe verteilen. Anstatt der MQbis schmücken die Gastronominnen und Gastronomen ihre schönen Schanigärten. Einige beliebte Winterhighlights wie die Eisstockbahn und die vor allem bei Kindern heiß begehrte LED-Kugelbahn sind wieder mit dabei. Und es gibt großartige Kunst!

Was können Sie zu den künstlerischen Arbeiten verraten?

Wir setzen auf Raum und Licht. Die meisten Menschen, die im Winter durch eine Stadt gehen, fühlen sich von Lichtern angezogen. Auch viele Künstlerinnen und Künstler arbeiten mit Licht. Im Winter ist das eine ideale Kombination. Durch eine Zusammenarbeit mit dem Quartier des Spectacles Montreal, einem befreundeten Kulturareal in Kanada, bringen wir mit „Impulse“ ein außergewöhnliches Lichtkunstprojekt ins MQ. Die Besucherinnen und Besucher können sich auf Wippschaukeln setzen und diese zum Leuchten bringen. Das Projekt „Selbstporträt mit ANTopolis“ von Christa Sommerer und Laurent Mignonneau hat ebenso einen spielerischen Zugang. Man kann ein Selfie machen, das sich in Millionen von Ameisen verwandelt und auf die Fassade des Leopold Museums projiziert wird. Gerade wenn man die sozialen Medien betrachtet, halte ich diese Arbeit, die auch eine gewisse Flüchtigkeit thematisiert, für sehr relevant.

Wie wichtig ist die Vermittlung von Kunst und Kultur?

Die Kunst- und Kulturvermittlung ist die zentrale Aufgabe des MQ. Wir suchen bewusst nach zeitgemäßen, spielerischen und partizipativen Zugängen, für die sich alle Menschen, unabhängig davon, welchen Hintergrund sie haben, begeistern können. Hinter Projekten wie „Selbstporträt mit ANTopolis“ oder „Impulse“ stecken dann jede Menge Überlegungen, die sich, wenn man mitmacht, erschließen. Der öffentliche Raum im MQ ist beseelt von Kunst und lässt viel Spielraum für eine möglichst freie Auseinandersetzung. Die Menschen brauchen eigentlich nur den nächsten Schritt wagen und durch die Tür eines Museums oder einer anderen Kultureinrichtung gehen, um noch tiefer einzutauchen.

Nach 20 Jahren MQ – ein Resümee?

Das MQ hat eine viel größere Bedeutung erlangt, als man sich das jemals vorstellen hätte können. Nach seinem Vorbild sind viele andere Kulturareale geschaffen worden. In den vergangenen fünf Jahren habe ich einen intensiven Austausch mit Kulturarealen auf allen Kontinenten gepflegt. Während der Pandemie hat sich dieser Austausch – über digitale Kanäle – sogar noch intensiviert. Wir haben gemeinsam ein Buch auf die Beine gestellt, es trägt den Titel „Welt Kultur Areale“ und ist überall erhältlich. Ziel war es, zu untersuchen, warum so viele Kulturareale entstanden sind, welche Schwerpunkte diese haben und was genau sie für die Menschen bewirken. Das Ergebnis zeigt, dass Orte wie das MQ, das Quartier des Spectacles in Montreal, das GoDown Arts Centre in Nairobi oder der Stadtteil Töölönlahti in Helsinki eine für die Gesellschaft zentrale Rolle spielen. Als neutrale, nicht-kommerzielle, positiv und kulturell besetzte Orte sind sie unverzichtbar. Die Menschen nehmen sie überall begeistert an als Orte für einen weltoffenen Austausch.