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„Gas und Ölheizungen werden eher früher als später verschwinden“

Das Thema Heizen beschäftigt aktuell ganz Österreich. Die Verunsicherung ist groß. Welche Methode ist die beste? Welche die nachhaltigste? Und wie sollen wir das alles bezahlen? Aus diesem Grund hat der KURIER letzte Woche zu einem Round Table geladen, um über das Heizen mit Holz zu diskutieren. Das Gespräch führten Stefan Gubi, Geschäftsführer von Windhager, Georg Lehner, Leiter der Produktionsplanung bei Berglandmilch, Margrit De Colle, Geschäftsführerin von Vom Hügel und Christian Rakos, Geschäftsführer von proPellets. Moderiert wurde die Diskussion von Sandra Baierl, Ressortleiterin Karriere, Immobilien und Mobilität.

KURIER: Womit sollen wir heizen? Das ist die große Frage. Wie sehen Sie die derzeitige Lage?

Christian Rakos: Dieses Jahr war für die Pelletwirtschaft eine außergewöhnliche Herausforderung. Am gesamten europäischen Markt kam es als Folge des Krieges zu einer Verknappung. Kunden wollten getrieben von der Unsicherheit schon früher ihre Ware haben. Es kam zu Hamsterkäufen und Lieferverzögerungen sowie Preissteigerungen. Ich denke trotzdem, dass es in unsicheren Zeiten gut ist, auf einen heimischen Energieträger zu setzen. Wir in Österreich sind internationale Vorreiter bei der modernen, effizienten und sauberen Nutzung von Holz. Das ist eine große Chance. Und was die Pelletversorgung betrifft, ist die Situation bereits wieder völlig entspannt und die Preise sinken wieder. Pellets sind auch heuer wesentlich günstiger als Öl und Gas.

In unsicheren Zeiten ist es gut, auf einen heimischen Energieträger zu setzen.

Christian Rakos, Geschäftsführer proPellets

Margrit De Colle: Mich hat die Situation als Unternehmerin finanziell getroffen. Meine Hauptheizung geht über Pellets und da sind die Preise heuer stark angestiegen.

Stefan Gubi: Tatsache ist doch, dass fossile Wärmeerzeuger früher oder später aus den heimischen Häusern und Wohnungen immer mehr verschwinden werden. Gas- oder Ölheizungen haben in Österreich keine Zukunft. Wichtig ist jetzt, dass wir, die Industrie der Kessel- und Wärmepumpenhersteller, klar kommunizieren, welche Vorteile ein Heizungstausch hat. Die Leute wollen wissen, wie die Versorgungslage bei Pellets aussieht oder dass holzbasierende Biomasse eine erneuerbare Energieform ist. Ich bin genauso auch Konsument und möchte mich anhand von fundierten Informationen und nicht anhand von populistischen Aussagen von Seiten der Politik für ein Produkt entscheiden. Gefährliches Halbwissen verunsichert die Menschen. Mir geht es um mehr Verantwortung in den politischen Aussagen und hier sehe ich gleichermaßen die EU als auch die heimischen Politiker gefordert.

Georg Lehner: Auch die verarbeitende Industrie war verunsichert, weil die Botschaften nicht ganz klar waren, auf welche Energieträge man nun setzen sollte. Wir bei Berglandmilch sind einen ersten Schritt Richtung Biomasse gegangen und heizen zu einem großen Teil mit Hackschnitzel. Denn unabhängig von den unmittelbaren Auswirkungen geht es auch um die mittelbaren Konsequenzen. Man darf hier beispielsweise nicht die Lebensmittelsicherheit außer acht lassen. Also letztlich geht es darum, Sicherheiten zu schaffen.

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Die Menschen wollen auf neue Heizformen umsteigen. Aber wo kann man sich informieren, welche Methode zukunftsträchtig ist?

Stefan Gubi: Ganz einfach. Am besten man fragt direkt beim Hersteller nach. Bei der Firma Windhager arbeiten dutzende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Außendienst beziehungsweise im Vertrieb. Die kennen die Anliegen und Bedürfnisse der Konsumentinnen und Konsumenten. Das ist unschlagbares Know-how und ein essenzieller Wissensvorsprung.

Beachten Konsumenten bei der Heizform bereits den Aspekt der Regionalität?

Christian Rakos: Ja, davon bin ich überzeugt. Wenn man schaut, wo es überall Pellethersteller gibt, zeigt sich, dass kein Österreicher weiter als 50 Kilometer von der nächsten Pelletfabrik entfernt ist. Das Problem heuer war, trotz des gut aufgestellten regionalen Angebots, dass wir in einen europäischen Markt eingebunden sind. Das verärgert natürlich Kunden, die sich fragen, wenn wir genug Holz aus Österreich haben, warum steigt dann der Preis? Aber wir haben offene Grenzen und wenn unsere Nachbarn zu wenig Pellets haben und Pellets teilweise gehortet werden, steigt auch bei uns der Preis.

War die Beschaffung des Brennmaterials in Ihren Unternehmen heuer ein Thema?

Margrit De Colle: Die war nicht schwierig. Wir haben ein regionales Netzwerk und vertrauenswürdige Partner. Aber ich finde, Nachhaltigkeit sollte noch vor Regionalität stehen. Denn regional heißt nicht automatisch nachhaltig.

Georg Lehner: Wir sehen bei den Lebensmitteln schon seit Jahrzehnten, dass Regionalität wichtig ist. Aber nur zu sagen, das kommt aus Österreich, funktioniert nicht. Das muss einen klaren Mehrwert haben und eine eindeutige Botschaft. Zum Beispiel indem wir die Qualität hervorheben. Ein weiterer Aspekt ist mir bei der Diskussion auch noch wichtig: Wir müssen ehrlich sein und den Menschen sagen, dass wir Energien einsparen müssen. Zehn bis 15 Prozent sind hier möglich. Und hierzu muss sich der Konsument beraten lassen. Denn Heizen ist auch ein sehr individuelles Thema und von vielen Faktoren abhängig.

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Woher kommen die Pellets, die in Österreich verbrannt werden und wie gut sind die Qualitätskontrollen?

Christian Rakos: Es gibt eine Qualitätszertifizierung für Pellets, die genau regelt, dass Pellets nur aus reinen Holzspänen hergestellt werden dürfen und welche Eigenschaften diese im Hinblick auf Festigkeit und Energieinhalt haben müssen. Dadurch gibt es heute eine einheitlich hohe Pelletqualität. Das gilt sowohl für die in Österreich produzierte Ware als auch für den geringen Anteil, den wir aus Deutschland, Tschechien und Rumänien importieren.

Stefan Gubi: Aber nicht nur die Pellets werden regional gekauft. Auch die Kessel werden zu 70 bis 80 Prozent hier in Österreich hergestellt. Und diese entsprechen ebenso den höchsten Standards, was die Emissionswerte betrifft. Leider tauchen aber immer wieder Mythen auf, wie beispielsweise dass Urwälder abgeholzt und zu Pellets verarbeitet werden. Das stimmt einfach nicht. Es führt aber wiederum zu Verunsicherung. Auch hier kann ich wieder nur darauf plädieren, vorsichtig im Umgang mit Informationen zu sein und lieber zwei Mal nachzufragen.

Die meisten Heizungskessel und Pellets stammen aus Österreich selbst.

Stefan Gubi, Geschäftsführer Windhager

Christian Rakos: Es gibt ein einziges Unternehmen, das in Rumänien Pellets produziert und nach Österreich exportiert. Diese Pellets werden ausschließlich aus Sägespänen hergestellt und das Unternehmen führt extrem strikte Kontrollen durch, um mit Sicherheit auszuschließen, dass Holz aus Naturschutzgebieten kommt.

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Herr Lehner, Sie haben bestimmt auch viele Auflagen zu erfüllen. Ist das alles noch zu schaffen oder artet das teilweise in eine absurde Richtung aus?

Georg Lehner: Es ist technologisch sehr vieles nachweisbar und mit modernen Holzanlagen lässt sich jeder Grenzwert bei Feinstaub oder anderer Emissionen erfüllen. Denn wir haben die besten und hochwertigsten Lebensmittel, aber auch die besten Kesselbauer. Da können wir stolz darauf sein, dass wir in Österreich hier Marktführer sind.

Frau De Colle, überlegen Sie sich alternative Heizmethoden für die Zukunft?

Margrit De Colle: Solar- und Photovoltaikanlagen sind zukunftsweisend. Aber Holz passt zu mir und der Region. Als Unternehmerin arbeite ich mit Pflanzen und heize auch damit. Das passt sehr gut und dabei bleibe ich.

Der Einsatz von Bioenergie hat 2021 einen Rekordwert erreicht. Haben wir allerdings genug, wenn die Nachfrage nach Holz weiterhin anhält?

Christian Rakos: Langfristig geht es darum, die Energie effizient zu nutzen. Wenn wir unsere Häuser dämmen, können wir den Wärmebedarf mit erneuerbarer Energie problemlos zu 100 Prozent decken.

Stefan Gubi: Richtig. Es ist genug da. Aber die Effizienz ist das Thema. Wir haben die letzten Jahre einfach nicht darauf geachtet, Energie zu sparen. Wir müssen uns bewusst werden, dass es auch mit weniger geht und wir dennoch ein schönes Leben haben. Und das beginnt bereits bei der Erziehung. Am Ende entscheidet jeder Einzelne, was gemeinsam möglich ist, damit sich nachhaltig etwas ändert.

Margrit De Colle: Es geht vor allem darum, was sinnvoll ist, wo und wann ich Energie verbrauche.

Die Politik muss die richtigen Signale setzen. Wir können nicht alles auf den Konsumenten abladen.

Georg Lehner, Berglandmilch

Georg Lehner: Ich möchte allerdings abschließend auch sagen, dass wir nicht alles auf den Konsumenten abladen können. Die Politik muss die richtigen Signale setzen und dem ganzen einen Wert geben mit ehrlicher Bepreisung und sinnvollen Taten.

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