Lasst uns offen über Finanzen sprechen
Eltern vererben ihren Kindern nicht nur ihre Gene, sondern auch der Umgang mit Geld wird an den Nachwuchs weitergegeben. Viele Studien belegen, dass Eltern in Geld- und Finanzthemen eine wichtige Vorbildrolle für den Nachwuchs einnehmen. Trotzdem wird das Thema Finanzerziehung nach wie vor von vielen Eltern beiseitegeschoben. Weisheiten wie „Über Geld spricht man nicht“ oder „Geld verdirbt den Charakter“ tradieren unsinnige Vorurteile und sind für den weiteren Lebensweg der Kinder keine Hilfe. Viel wichtiger ist, den richtigen Umgang mit Geld und den eigenen Finanzen schon früh zu lernen. Hier sechs Tipps der nationalen Finanzbildungsstrategie, wie man Kindern und Jugendlichen ein vernünftiges Finanzleben beibringen kann.
1. Es braucht eine nachhaltige Einstellung zu den eigenen Finanzen
Es ist harte Arbeit, ausreichend Geld zu verdienen, um eine Familie über die Runden zu bringen. Umso wichtiger ist ein nachhaltiger und durchdachter Um-gang mit den eigenen Finanzen. Bevor Eltern Finanzwissen an ihre Kinder vermitteln, sollten sie ihr eigenes Verhalten auf den Prüfstand stellen. Wie gut ist mein Umgang mit Geld? Gibt es Ausgaben oder Fixkosten, die ich optimieren oder kürzen kann? Bin ich und die Familie ausreichend finanziell abgesichert, wenn eine unerwartete Zahlung fällig ist? Wie gut ist mein Sparverhalten? Das sind nur einige Fragen, die man sich stellen sollte, um ein besseres Verständnis für den eigenen Umgang mit Geld zu bekommen. Familien- und Schuldnerberatungsstellen bieten hier wichtige Services an, um den Umgang mit den Finanzen zu unterstützen.
2. Familien sollten offen über das Thema Geld und den Umgang damit sprechen
Viele Eltern tun sich schwer, offen mit Kindern über Geld und dessen Umgang zu sprechen. Geld hat man – oder auch nicht. Aber darüber spricht keiner. Doch von Vorteil ist eine solche Haltung gegenüber den Kindern nicht. Der Nachwuchs muss altersgerecht lernen, dass der Alltag Geld kostet und dass ein durchdachter Umgang mit Geld essenziell ist. Eine gute Möglichkeit ist hier, die Kinder schon frühzeitig auch beim Einkauf einzubeziehen, damit sie lernen, dass die Dinge des täglichen Lebens auch kosten und welche Überlegungen man vor einem Kauf treffen sollte – z. B. kann ich mir das leisten, brauche ich all diese Dinge oder ist etwas dabei, auf das ich verzichten kann?
3. Je früher man mit dem Nachwuchs über Geld spricht, umso besser
Bei der Finanzerziehung gibt es kein „zu früh“. Bereits Kinder ab dem Alter von zwei bis drei Jahren sind dazu fähig, zumindest grob zu erfassen, was Geld ist, wofür man es braucht und was man damit macht. Schon in der Sandkiste lernen Kinder instinktiv das Tauschprinzip. Geld als Tauschwert zu sehen, ist zwar etwas komplexer, aber Kinder sind meist schlauer, als man es selbst vermutet.
4. Das Sparverhalten bei Kindern und Jugendlichen fördern
Die schöne Puppe, das neue Auto oder das tolle Kleid – schon im Kindergartenalter entwickeln Kinder Wünsche und wollen oft das haben, was andere haben. Es ist wichtig als Elternteil so früh wie möglich zu vermitteln, dass man für eine größere Anschaffung sparen muss und sich hier regelmäßig Geld auf die Seite legen sollte. Das kann auch mit kleinen Beträgen, wie etwa ein paar Euro starten.
Bei Jugendlichen kann man dann schon detaillierter über das Thema sprechen und die unterschiedlichen Möglichkeiten des Sparens und der Veranlagung ansprechen. Hier ist es besonders wichtig, auch ein Verständnis für die Risiken einiger Finanzprodukte zu vermitteln. Es ist noch kaum wer über Nacht durch ein Spar- oder Investitionsprodukt zum Millionär geworden und das sollte klar kommuniziert werden, um eine gesunde und langfristige Perspektive zum Sparen und Investieren zu erzielen.
5. Schon ab der Volksschule macht Taschengeld für den Nachwuchs Sinn
Die Erfahrung zeigt, dass bereits ab dem Volksschulalter, also ab etwa sechs Jahren, ein regelmäßiges Taschengeld für Kinder sinnvoll ist. So können bereits Volksschulkinder frei über eine bestimmte Summe verfügen und kleinere Käufe tätigen. Die Experten der Oesterreichischen Nationalbank empfehlen das Taschengeld wöchentlich an einem bestimmten Tag auszuzahlen.
Die Höhe sollte an die finanziellen Möglichkeiten der Eltern angepasst sein, gewisse Richtwerte aber auch nicht übersteigen. Extra-Geld sollte es aber für die Verpflegung wie die tägliche Schuljause geben. Taschengeld ist insgesamt eine gute Möglichkeit, dass sich Kinder frühzeitig mit ihrem Budget – also ihren Einnahmen und Ausgaben auseinandersetzen. Eltern sollten Fehler im Umgang mit dem Taschengeld tolerieren und ihre Kinder im Umgang damit zu unterstützen. Nur so lernen die Kinder auch für die Zukunft.
6. Kindern bei alltäglichen Verwaltungsaufgaben rund um die eigenen Finanzen helfen
Eine Rechnung überweisen, ein Jugendkonto eröffnen, einen Lehrvertrag, den ersten Mietvertrag abschließen oder den ersten Lohnzettel erhalten – all das sind Situationen mit denen Jugendliche früher oder später konfrontiert sind. Junge Menschen können in solchen Situationen schnell überfordert sein oder sich im bürokratischen Dschungel verirren. Deshalb müssen sie durch ihre Eltern vorbereitet werden. Zum Beispiel das gemeinsame Ausfüllen der Arbeitnehmerveranlagung oder das Erklären der einzelnen Positionen auf dem Lohnzettel kann jungen Menschen helfen, sich besser in den neuen Situationen zurecht zu finden.
„Geld bedeutet für mich Unabhängigkeit“: Amira, 14, spricht über Geld und Finanzbildung
Hast du eigenes Geld, über das du selbst verfügen darfst?
Amira: Ja und Nein! Wenn ich Geld brauche, steht es mir immer zur Verfügung (von meinen Eltern).
Welche Bedeutung hat Geld für dich?
Geld bedeutet für mich und meine Familie Lebenserhaltung und Unabhängigkeit.
Fühlst du dich in Gelddingen ausreichend informiert?
Nicht unbedingt.
Bereitet die Schule die Jugendlichen für das Berufsleben und die Verwaltung von Geld richtig vor?
Leider nicht. Oft muss man sich online informieren.
Wie sollten Jugendliche an das Thema Geld herangeführt werden?
Ganz klar – in der Schule werden Kinder und Jugendliche unabhängig von ihrem familiären Hintergrund erreicht und erhalten korrekte sowie objektive Informationen zum Thema.
„Geldthemen spielerisch vermitteln“: Sophie, 17, ist gut informiert und hat auch konkrete Pläne für die Zukunft
Glaubst du, dass du ausreichend in Gelddingen informiert bist?
Sophie: Da ich in eine HAK gehe und täglich etwas über Themen rund um Finanzen bzw. Wirtschaft lerne, finde ich, dass ich gut über Geldthemen und Finanzkreisläufe informiert bin.
Ist Finanzbildung in der Schule ein Thema?
Meine Schule ist spezialisiert auf Wirtschaft/Finanzen, somit ist dieses Thema in unserer Schule sehr präsent, jedoch wird in anderen Schulen, egal ob Oberstufe oder Unterstufe, kaum über Finanzen gesprochen, da Fachlehrer entweder selbst zu wenig darüber wissen oder sie es nicht als ihre Aufgabe ansehen.
Warum glaubst du, sollten Schüler den Umgang mit Geld lernen?
Jugendliche müssen lernen mit der Summe Geld, die ihnen zur Verfügung steht, wie Taschengeld etc., auszukommen. Wenn sie im Berufsleben und auf eigenen Beinen stehen, müssen sie ebenfalls mit dem Geld auskommen, das sie verdienen. Wer dies nicht schon in jungen Jahren lernt, wird es auch im Erwachsenenalter nicht können.
Hast du ein Ziel, das du mit deinem Ersparten irgendwann erreichen willst?
Mein Ziel ist es, mir von meinem Ersparten später ein schönes Auto zu kaufen.
Warum ist es wichtig, Geld für die Zukunft zur Seite zu legen?
Man kann nicht voraussagen, ob man in ein paar Jahren eine größere Investition tätigen möchte oder ob man Geld für schlechtere Zeiten braucht.
Wie sollten Geldthemen jungen Menschen vermittelt werden?
Persönlich finde ich, sollte man jungen Menschen Geldthemen spielerisch vermitteln, durch eine App mit lustigen Lerntools oder durch kurze Videos, sodass etwas für jeden dabei ist.