Chronik/Wien

Zivildiener der Polizei bringt die Drogen

Regelmäßig kann man im Eingangsbereich des Wiener Landesgerichts einen jungen Mann beobachten, der sich mit einem Einkaufswagerl brav in die Warteschlange einordnet. Er ist Zivildiener bei der Polizei und hat die Aufgabe, beschlagnahmte Wertsachen in die Depositenstelle zu überstellen. Am Donnerstag hatte er zum Beispiel Drogen in seinem Trolley, wie er auf Anfrage eines APA -Reporters freimütig bekannte.

Beruhigend klingt das nicht. Überhaupt, wenn man sich erinnert, dass just in diesem Depositenlager ein inzwischen verurteilter Justizbeamter kiloweise sichergestelltes Kokain abgezweigt und an Dealer verkauft hat.

Die Kontrolle in der Verwahrstelle wurde verbessert, auch mit dem Transport gehe man "sensibel" um, wie Polizeisprecherin Manuela Vockner dem KURIER erklärte: "In der Regel werden die Depositen von zwei Polizeibeamten im Blaulichtfahrzeug transportiert, in Ausnahmefällen können aber auch Zivildiener herangezogen werden." Bewacht werden diese nicht, überwacht schon. Denn: "Jedes kleinste Ohrringerl" werde in einem Sicherstellungsprotokoll vermerkt und bei Übernahme im "Landl" bestätigt, so dass nichts abhanden kommen könne.

Der Zivildiener mit dem Einkaufswagerl ist zurzeit einer von Dutzenden Wartenden, die in einer Schlange bis auf die Straße vor dem Gerichtsgebäude stehen. Das Präsidium hat nämlich verschärfte Sicherheitsvorkehrungen angeordnet, so dass auch täglich ein- und ausgehende Anwälte, Dolmetscher sowie Gerichtsberichterstatter näher inspiziert werden.

Taschenspiegel

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Die Liste der als Sicherheitsrisiko eingestuften Gegenstände, die den Besuchern vom Sicherheitspersonal abgenommen (und beim Hinausgehen wieder ausgehändigt) werden, wird ständig länger: Nagelfeilen, Deodorants, Feuerzeuge und Taschenspiegel. "Gegenstände aus Glas könnten als Stichwaffe verwendet werden", sagt Gerichtssprecher Christian Gneist.

Das Prozedere dauert - und führt dazu, dass Angeklagte oder Schöffen zu spät zur Verhandlung kommen. Der Marathonprozess gegen 30 Rapid-Fans beginnt zum Beispiel jeden Tag mit erheblicher Verspätung.