Chronik/Wien

Wiens störanfällige U-Bahnen

Und täglich grüßt die Betriebsstörung: Die U4 stand am Mittwochmorgen um 7 Uhr wieder einmal still und konnte erst eine Stunde später wieder den regulären Betrieb aufnehmen. Der Auslöser war ein schadhaftes Fahrzeug – eine Begründung, die die Fahrgäste der Wiener Linien in letzter Zeit besonders oft durch die Lautsprecher in den Zügen hören.

Der KURIER hat die Zahlen der letzten Jahre zu diesem Störungsgrund verglichen. Um valide Daten zu garantieren, wurde der Zeitraum nach der U4-Teilsperre – also vom 5. September bis zum Jahresende 2016 – mit dem des Vorjahres verglichen. Das Ergebnis verblüfft.

Pannen vervierfacht

Während im Vergleichszeitraum 2015 auf der Linie U4 nur sieben schadhafte Fahrzeuge für Störungen sorgten, waren es im Jahr darauf 45 Fälle. Das entspricht einer Versechsfachung. Auf sämtlichen U-Bahn-Linien zusammen wurden fast viermal mehr Störungen wegen schadhafter Fahrzeuge verzeichnet.

Keine offiziellen Zahlen

Der Grund für die Probleme? Die Wiener Linien verraten ihn nicht. Auf KURIER-Anfrage wurde bereits vor Wochen erklärt, dass die Zahlen, die aus dem Echtzeitdaten-Service der Wiener Linien über die Homepage f59.at herausgelesen werden, nicht stimmen. Man würde selbst eine Statistik anfertigen, um das zu beweisen. Die Erhebung sollte zwei Wochen dauern. Nun, nach dreiwöchiger Wartezeit und mehrfacher erneuter Anfragen, wurden immer noch keine Statistiken präsentiert.

Eine naheliegende Erklärung des Problems wären zum Beispiel Einsparungen bei den Wartungen oder veraltete Garnituren. Der zuständige Betriebsrat der Wiener Linien war dazu nicht zu erreichen. Vorsitzender Michael Bauer beschwichtigte aber, dass es keine Probleme mit der Wartung gäbe: "Wir haben derzeit sogar Personalaufnahmen bei der Wartung. Ich kann mir nur vorstellen, dass bei Überfahrungen von Personen (Anm. Selbstmorde auf den U-Bahn-Gleisen) dann eben nicht Suizid durchgegeben wird, sondern den Fahrgästen gesagt wird, es liegt an einem schadhaften Fahrzeug."

Solche Vorfälle liefen in der Vergangenheit eigentlich unter "Polizei - oder Rettungseinsatz".

Kritik an Offenheit

Die Fahrgastzufriedenheit bei den Wiener Linien war in den letzten Jahren immer konstant hoch. Erst die Kommentare unter den Störungsmeldungen in den Sozialen Netzwerken lässt sinkende Sympathie vermuten.

Der Betriebsrat ist über den offenen Umgang mit den Störungsmeldungen nicht sehr erfreut. "Wir sind dafür, es noch einmal zu überdenken, alles zu posten. Aber die Geschäftsführung will es weiterführen", meint Betriebsrat Bauer.

Weniger zufriedene Fahrgäste könnten für die Wiener Verkehrsbetriebe ernsthafte Konsequenzen haben. Für hohe Standards in Sachen Pünktlichkeit, Sauberkeit und Sicherheit kassieren die Wiener Linien nämlich einen sogenannten "Qualitätszuschlag " der Stadt Wien. Die Summe entspricht vier Prozent des Umsatzes, im Jahr 2016 waren das rund 32 Millionen Euro.

55 Millionen Euro sind für 2017 jedenfalls für die Anschaffung neuer Fahrzeuge im gesamten Wiener Öffi-Netz veranschlagt. Davon werden unter anderem zwei neue U-Bahn-Züge angeschafft. Dass das Problem aber nicht nur an veraltetem Material wie den Silberpfeilen liegt, zeigte ein Fall der sich Ende 2016 ereignete. Eine neue sogenannte "V"-Garnitur der U4, – diese sollen die Silberpfeile nach und nach ersetzen – stand plötzlich mit einer offenen Tür zwischen den Stationen Schwedenplatz und Landstraße (der KURIER berichtete). Die Wiener Linien sprachen damals von einem "absoluten Ausnahmefall".