Chronik/Wien

Spitalsärzte: Kompromiss gefunden, Einigung fix

Nach monatelangem Ringen um die Umsetzung der neuen Arbeitszeitrichtlinien für Spitalsärzte im Wiener Krankenanstaltenverbund (KAV) haben Stadt Wien, Gewerkschaft, KAV und Ärztekammer nun doch noch zu einer Lösung gefunden. Nachdem die Kurie das aktuellste Paket gestern, Mittwoch, angenommen hat, wurden am Donnerstag auch die letzten Vorbehalte der Kammer ausgeräumt und ein Kompromiss gefunden.

Das bestätigten der APA am Donnerstag sowohl die Ärztekammer als auch die Stadt Wien. Kritikpunkt der Kammer war vor allem die Überstundenregelung für Sonn- und Feiertage. Hier sah das Paket vor, dass Überstunden nur noch im Verhältnis 1:1,5 statt wie bisher im Verhältnis 1:2 entlohnt werden. Dafür sollten Normalarbeitsstunden besser bezahlt werden. Hier hat man sich nun auf weiterhin doppelte Entlohnung geeinigt - allerdings sind die Überstunden nun kontingentiert.

Lohnverzicht

Nachgegeben hat die Stadt in puncto Lohnverzicht: Um eine bessere Honorierung der Nachtdienste zu ermöglichen, verzichten die Ärzte des KAV 2016 und 2017 auf die jährlichen Lohnerhöhungen bzw. Indexanpassungen, die Gemeindebedienstete erhalten. Die Kammer hatte hier Bedenken geäußert und sich ab einer Anpassung von über 2,5 Prozent eine Auszahlung der Differenz gewünscht. Diesem Wunsch kommt die Stadt nach: Erhalten die Bediensteten der Stadt Wien im Jahr 2017 einen Abschluss über 2,5 Prozent, erhalten auch die Ärzte die Differenz ausgezahlt.

Freude über Einigung auf beiden Seiten

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Sowohl Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely (SPÖ) als auch der Präsident der Wiener Ärztekammer Thomas Szekeres zeigten sich am Donnerstag zufrieden über die gefundene Lösung für die Spitäler des KAV. "Die Ärztekammer trägt nun die größte Veränderung, die es im Wiener Spitalswesen je gegeben hat, aktiv mit", freute sich die Stadträtin.

Zu beiden offenen Fragen habe man nun eine gute Lösung gefunden, meinte Wehsely. Der wesentliche Punkt sei aber, dass nun auch in den Fragen der großen Strukturreformen wie etwa der Zentralen Notaufnahmen zur Entlastung der Spitalsambulanzen in der Nacht Konsens herrsche. Szekeres betonte hingegen auch das "beeindruckende" Ergebnis der gestrigen Kuriensitzung: 93 Prozent der Mitglieder der Kurie der angestellten Ärzte hatten sich für die Annahme des aktuellsten Pakets ausgesprochen.

"Jetzt hat auch das letzte Bundesland eine Lösung"


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"Die Arbeit geht natürlich weiter", betonte der Kammerpräsident. Er gehe davon aus, dass man gemeinsam das System weiter verbessern könne. Aber es handle sich um einen wichtigen Schritt: "Jetzt hat auch das letzte Bundesland eine Lösung", so Szekeres. "Natürlich haben wir nicht alles bekommen, was wir wollten - aber so ist das in Verhandlungen", meinte er. "Die Stadträtin hat gesagt 'Der Patient hat gewonnen.', das finde ich schön und dem möchte ich mich anschließen", schlug der Wiener Ärztechef zum Ende nun doch durchaus versöhnliche Töne an.

Zufriedenheit ist auch der Tenor der Gewerkschaft: "Wir haben stets gesagt, dass ein Streik nicht nötig sein wird. Der Dialog am Verhandlungstisch ist der optimale Weg zur Lösung von Konflikten, der Weg auf die Straße muss das letzte Mittel bleiben", erklärte der Vorsitzende der Gewerkschaft der Gemeindebediensteten (GdG), Christian Meidlinger. Man sei mit dem Ergebnis "sehr zufrieden". Das Gesamtpaket bringe nun wesentliche Verbesserungen für die Ärzte des KAV. Letztendlich habe sich "die Qualität der neuen Vereinbarungen durchgesetzt und die Vernunft gesiegt", so Meidlinger. Nun erwarte man sich auch, dass alle Parteien ihre Zusagen einhalten.

- ARBEITSZEIT:

Die Wochenarbeitszeit beträgt aufgrund einer EU-Richtlinie nur noch 48 Stunden. Schon im Jänner einigte man sich auf "moderne und zeitgemäßere" Arbeitszeitmodelle. Diese werden vor allem auch durch eine interne Umschichtung der Dienste in den Krankenhäusern erreicht. Bisher begann der Nachtdienst bereits um 13.00 Uhr, künftig wird die Tagesarbeitszeit von 7.00 Uhr bis 19.00 Uhr gehen. Erst dann beginnen die Nachtstunden. Damit sollen vor allem in den Nachmittagsstunden mehr Patienten versorgt und die Nachtdienste reduziert werden. Durch die Zentrale Notaufnahme werden die Spitalsambulanzen in der Nacht zusätzlich entlastet. Den viel diskutierten 25-Stunden-Dienst, der in manchen Abteilungen notwendig ist, wird es weiterhin geben. Eine gemeinsame Monitoring-Gruppe betreut die konkrete Umsetzung in den Spitälern, die Mitarbeiter werden in diesen Prozess eingebunden.

- GEHALT:

Grundsätzlich wurde Geld von den Zulagen in die Grundgehälter verlagert: Da bisher ein großer Verdienst der Ärzte aus Zulagen für Nachtdienste und Überstunden stammte, die nun dank 48-Stunden-Woche nicht mehr in diesem Ausmaß möglich sind, verhindert diese Maßnahme einen Gehaltsverlust der Ärzte. Die Grundgehälter werden daher angehoben, die Gehaltskurve deutlich abgeflacht. Beispielsweise verdienen Turnusärzte seit 1. Juli 2015 3.400 Euro bis 4.000 Euro brutto monatlich, was einer Steigerung von 25 bis 29 Prozent entspricht. Fachärzte verdienen künftig zwischen rund 5.200 Euro und 7.900 Euro - diese Anpassung wird in zwei Schritten durchgeführt: Die erste Etappe im Ausmaß von 70 Prozent wird mit 1. Juli 2015 durchgeführt, die zweite dann am 1. Jänner 2017. Das neue Gehaltsschema wurde bereits im März im Landtag beschlossen.

Das neue Gehaltsschema für Primarärzte und Ärztliche Direktoren wird bis Ende 2015 erarbeitet, fix ist jetzt allerdings schon eine mit 1. Juli 2015 rückwirkende Zahlung von 1.200 Euro, 14 mal jährlich.

- ZULAGEN:

Nachtdienste werden ab Anfang 2016 mit 135 Euro und ab 1. Juli 2016 mit 160 Euro statt derzeit mit 75 Euro abgegolten. Dafür entfallen für die KAV-Ärzte 2016 und 2017 die Indexanpasssungen für Gemeindebedienstete - wobei im Falle eines Abschlusses von über 2,5 Prozent immerhin die Differenz ausbezahlt wird. An Sonn- und Feiertagen gibt es - neben den schon bestehenden Zulagen - noch einmal 7,25 Euro zusätzlich pro erbrachter Arbeitsstunde in der Normalarbeitszeit. Extra-Geld gibt es künftig außerdem für Fachärzte der Psychiatrie, sie erhalten ab kommendem Jahr 500 Euro pro Monat 14 Mal im Jahr, sowie für Mediziner an einer zentralen Notaufnahme.

- PERSONAL:

Im Zuge der Strukturmaßnahmen war ursprünglich auch die Reduktion von 382 Ärztestellen bis 2018 überlegt worden. Nun wird man nach dem Prinzip "Umschichtung vor Reduktion" vorgehen. Ist also ein Mediziner nach Einführung des neuen Dienstzeitenmodells zu viel, soll er in einem anderen Bereich unterkommen.

- EXTRAS:

Turnusärzte erhalten künftig fünf Tage Prüfungsurlaub, Fachärzte 6,5 Tage für Fortbildung.

- OPT OUT:

In der Übergangsphase mussten manche Ärzte dennoch mehr als 48 Stunden in der Woche arbeiten. Sie konnten sich freiwillig für ein sogenanntes Opt-out entscheiden, das ihnen ermöglichte, die vorgeschriebene Höchststundenanzahl zu überschreiten. Für all jene, die zwischen 1. Jänner und 1. Juli mehr als 48 Stunden pro Woche gearbeitet haben, gibt es pro Mehrstunde 33 Euro.

- KOSTEN:

Das Paket lässt sich die Stadt einiges kosten. 47 Millionen Euro kommen aus den Dienstumschichtungen, 19,9 Millionen Euro schießt die Stadt extra zu, um die Reformen zu finanzieren - ohne den zuletzt gefundenen Kompromiss. Dieser macht die Sache für die Stadt noch ein bisschen teurer. Kolportiert wird dafür ein niedriger einstelliger Millionenbetrag.