Chronik/Wien

"Großdemo" der Votivkirche-Aktivisten

Zu einer "Großdemo" rufen die Flüchtlinge aus der Wiener Votivkirche am Samstag auf. Gefordert wird unter anderem auch der Zugang zum Arbeitsmarkt für Asylwerber. Der Demozug startet um 14 Uhr beim Westbahnhof und wird dann zum Innenministerium ziehen; anschließend marschieren die Teilnehmer zum Parlament und schließlich zur Votivkirche, wo es eine Abschlusskundgebung gibt.

Dem am Dienstag bekannt gewordenen Evaluierungsbericht des Innenministeriums zur Räumung des Camps im Sigmund-Freud-Park Ende letzten Jahres (siehe Artikelende) können die Flüchtlinge nichts abgewinnen. Laut dem Bericht ist die Räumung "verhältnismäßig" gewesen und korrekt vollzogen worden. "Es ist nicht ok, nichts ist ok", sagte dazu ein Betroffener. Laut Angaben der Flüchtlinge sind außerdem derzeit drei Personen aus ihrem Kreis in Schubhaft.

Weiterhin befinden sich knapp 50 Personen in der Kirche, teilweise in Hungerstreik und diesen werde man auch nicht aufgeben, sagte Mir Jahangir. "Die Situation ist nicht neu", niemand zeige jedoch Verantwortlichkeit, kritisierte der Flüchtling. Er pocht weiterhin auf den Dialog mit der Politik und lädt Vertreter aller politischen Richtungen ein.

Kritik an Caritas

Kritik der Aktivisten kam erneut an der Caritas. Diese würde Namen von einer Liste streichen, auf der jene Flüchtlinge und Unterstützer verzeichnet sind, die Zugang zur Kirche erhalten. "Gleichzeitig dürfen Nazis stundenlang in der Kirche bleiben", kritisierte Demo-Organisator Tilman Ruster mit Verweis auf den Auftritt der rechtsgerichteten Gruppe "Die Identitären Wiens" am Sonntag in der Votivkirche.

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Die Erzdiözese Wien weist das entschieden zurück: Diese Liste sei gemeinsam mit den Betroffenen erstellt und nicht verändert worden, sagte Sprecher Michael Prüller. Weiters sei eine Regelung getroffen worden, wonach sich fünf Unterstützer in der Kirche befinden dürfen. Die Caritas sorgt sich unterdessen um die Gesundheit der Flüchtlinge. Der Gesundheitszustand habe sich zum Teil "drastisch verschlechtert", denn einige der Hungerstreikenden dürften "viel zu wenig trinken", sagte Caritas Wien-Sprecher Klaus Schwertner. Allein in den vergangenen 48 Stunden habe es rund ein Dutzend Rettungseinsätze wegen medizinischer Notfälle gegeben.

Weiterführende Links

Fragen und Antworten zum Protestcamp in der Votivkirche

Identitäre Bewegung (Wikipedia)

"Unverhältnismäßig": So lautet der Befund von NGOs zur Räumung des Flüchtlings-Camps durch die Polizei im Sigmund-Freud-Park kurz vor dem Jahreswechsel. Jetzt liegt eine offizielle Einschätzung vor. Das Innenministerium evaluierte den Einsatz der Wiener Kollegen. Robert Strondl, Leiter der „Einsatzabteilung“ im Innenministerium: „Die rechtliche Begründung (Anm. ein Verstoß gegen die Campierverordung) war plausibel, schlüssig und nachvollziehbar.“ Die Grundsätze „der Deeskalation und Verhältnismäßigkeit“ seien gewahrt worden.

Rückblende: Am 24. November marschierten Flüchtlinge von Traiskirchen nach Wien, um auf ihre Anliegen aufmerksam zu machen. Eine kleine Zelt-Siedlung im Freud-Park blieb fortan dort stehen. Vier Tage nach dem Heiligen Abend fand die Polizeiaktion statt: Uniformierte und MA 48-Mitarbeiter räumten das Areal – unter Zuhilfenahme von Baggern.

Die Zelte seien am Tag der Demo legal, danach aber illegal gewesen, betonte die Polizei. Überdies sei die MA 48, die den Baggereinsatz veranlasst habe, von Beginn an informiert gewesen. Die Evaluierungsgruppe regt nun an, auf Länderebene bei solchen Einsätzen den Menschenrechtsbeirat zu verständigen.