Chronik/Wien

Skurriler Prozess: Wenn der Auftragskiller dem Park-Sheriff beichtet

Der Prozess um ein spektakuläres Mordkomplott ist am Dienstag am Wiener Straflandesgericht gestartet. Angeklagt ist ein 54-jähriger Immobilienunternehmer, der aus gekränkter Ehre den Mord an seinem ehemaligen Schwiegersohn in Auftrag gegeben haben soll. Dieser hatte nämlich ein außereheliches Verhältnis ausgerechnet mit seiner Schwägerin, mit der er auch noch ein Kind gezeugt hatte.

Die Vorwürfe der Staatsanwältin hören sich an wie das Drehbuch zu einem Kriminalfilm. Angefangen haben die Ermittlungen am 20. November 2018, als um 3.00 Uhr in der Hippgasse in Ottakring ein Mann mit schwersten Kopfverletzungen am Gehsteig liegend gefunden wurde. Da er nicht ansprechbar war und in künstlichen Tiefschlaf versetzt werden musste, begann die Polizei mit Ermittlungen in seinem direkten Umfeld. Seine Lebensgefährtin erklärte, dass der Mann große Angst vor seinem Ex-Schwiegervater hat. Die Furcht war so groß, dass er nie ohne Messer das Haus verließ.

Arrangierte Ehe für blinde Kinder

Als die Ermittler die Familie des Immobilienunternehmers unter die Lupe nahmen, erfuhren sie, dass der Geschäftsmann drei erwachsene Kinder hat, die allesamt blind sind. Für seinen Sohn und seine älteste Tochter hatte der gebürtige Türke daher zwei Ehen arrangiert, um seine Kinder versorgt zu wissen. Als die Schwiegertochter 2012 schwanger wurde, keimte laut Anklage in dem 54-Jährigen der Verdacht auf, das Kind könnte nicht von seinem Sohn, sondern vom Schwiegersohn stammen. Ein DNA-Test brachte Gewissheit. "Mehr Ehrverletzung ist nicht denkbar", sagte die Staatsanwältin in ihrem Eröffnungsplädoyer. Der 54-Jährige hingegen betonte, dass ihn das Verhältnis der Schwiegerkinder nicht gestört habe.

Der 54-Jährige soll jedenfalls daraufhin beschlossen haben, seinen Ex-Schwiegersohn töten zu lassen.Er habe zunächst einen Geschäftspartner (29) und, weil sich dieser geweigert haben soll, dann einen Bekannten (44) auf den Mann angesetzt haben. Die beiden nahmen am Dienstag neben dem 54-Jährigen auf der Anklagebank Platz. Der 44-Jährige wollte die Tat ebenfalls nicht selbst ausführen und heuerte laut Anklage daher über eine Bekannte namens Aleksandra in Serbien einen Killer an.

Diesem Mann wurden 15.000 Euro für die Erledigung des Auftrags angeboten sowie ein Zettel mit Namen und Adresse des Opfers überreicht. Die Tat sollte entweder wie ein Unfall aussehen oder der Mann musste tatsächlich spurlos verschwinden.

Schwiegersohn trotzdem niedergeschlagen

Doch dann passierte etwas, womit der mutmaßliche Auftraggeber nicht gerechnet hat. Der angeheuerte Killer - ein Serbe, der in seiner Heimat angeblich bei der Staatssicherheit gearbeitet hat - fuhr nach Wien und ging dort zu einem Kontrolleur der Parkraumüberwachung und erklärte diesem, er sei in Serbien mit einem Mord beauftragt worden, erläuterte die Staatsanwältin. Als der Serbe dann schlussendlich den alarmierten Ermittlern den Zettel mit Namen und Adresse des späteren Opfers überreichte, konnten die Beamten eins und eins zusammenzählen. Der 54-Jährige und seine mutmaßlichen Komplizen wurden festgenommen. In dem 44-jährigen Bekannten des Unternehmers erkannte der Serbe auch seinen direkten Auftraggeber wieder. Auf der Rückseite des Zettels mit den Informationen zum Mordauftrag fanden die Ermittler eine Rechnung, die auf den 54-jährigen Immobilienunternehmers ausgestellt war.

Neben dem Serben wird der 54-jährige Hauptangeklagte auch von einem Zellengenossen der Justizanstalt Josefstadt belastet. Die beiden kamen ins Gespräch, weil beide Männer den 29-jährigen Drittangeklagten kannten. Da soll der 54-Jährige erzählt haben, dass der 29-Jährige eigentlich mit dem Mord beauftragt wurde. Als Gegenleistung soll ihm der Unternehmer ein Grundstück versprochen haben, was der 29-Jährige laut Anklagebehörde auch überschrieben bekommen hat.

Der Kronzeuge aus Serbien soll am zweiten Verhandlungstag am Mittwoch als Zeuge vor Gericht aussagen. Der Mann befindet sich mittlerweile im Zeugenschutzprogramm. Die Frau namens Aleksandra, die in Serbien vermittelt haben soll, ist bis heute nicht auffindbar. Der oder die Täter, die den Ex-Schwiegersohn schlussendlich niedergeschlagen haben, wurden bis heute nicht gefasst. Einen Tag nach dem Attentat hätte ein Gerichtsverfahren stattfinden sollen, wo es um die Sorgerechtszahlungen des Kindes ging.

Das Opfer erlitt übrigens ein Schädel-Hirn-Trauma, einen Schädel-Berstungsbruch sowie mehrere Rissquetschwunden. "Es ist ein medizinisches Wunder, dass er überlebt hat", sagte die Staatsanwältin.